Schülerin in einer Klasse
APA/Harald Schneider
CoV und Krieg

Herausforderungen für Schulen

Die Zahl der ukrainischen Kinder und Jugendlichen, die in Österreich die Schule besuchen, nimmt täglich zu. Mittlerweile sitzen bereits 1.500 aus der Ukraine geflüchtete Schüler und Schülerinnen in den heimischen Klassen. Sie sollen so schnell wie möglich integriert werden. Doch weiterhin prägen Personalausfälle wegen Covid-19 den Schulalltag.

Die Pandemie ist nicht zu Ende, die Fallzahlen bleiben hierzulande auf einem hohen Niveau – und betreffen sowohl die Spitäler als auch die Schulen. Laut der Lehrergewerkschaft sorgen die Neuinfektionen für so viele coronavirusbedingte Personalausfälle wie nie zuvor. Lehrer- und Direktorenvertreter sprachen von einer angespannten Situation. „Bei uns fehlt die Hälfte des Lehrpersonals“, sagte eine Lehrerin in Kärnten gegenüber ORF.at. In der „Presse“ hielt eine Direktorin fest, dass Kinder – in seltenen Fällen – auch früher nach Hause geschickt werden.

Diese Woche wurden rund 19.600 Infektionen bei den Screenings registriert – in der Vorwoche waren es knapp 19.000. Österreichweit sind neun Schulen (Vorwoche: acht) komplett sowie zusätzlich 1.198 Klassen (Vorwoche: 856) ganz oder teilweise gesperrt. Seit den Semesterferien werden auch trotz des gleichen Testintervalls immer weniger PCR-Tests durchgeführt, was an der deutlichen Zunahme der ganz oder teilweise geschlossenen Klassen liegen dürfte.

Das Bildungsministerium betonte diese Woche zwar, dass sich die Schulen in einer schwierigen Situation befinden, aber man habe dafür auch vorgesorgt. Es gebe einen Pool aus 1.200 Lehramtsstudierenden, die bei Bedarf von den Schulen angefordert werden können. Es seien auch bereits Studentinnen und Studenten an den Schulen im Einsatz. Außerdem könnten Personalausfälle durch Supplierstunden und im Falle kleiner Standorte durch einen Umstieg auf Fernunterricht kompensiert werden.

Integration durch Deutschförderklassen

In dieser Situation müssen aber Hunderte aus der Ukraine geflohene Kinder integriert werden – insbesondere Pflichtschulen sind dabei extrem gefordert, wie man bereits aus den vergangenen Jahren weiß. Das Ministerium empfiehlt, an Schulen, an denen es möglich ist, eigene Deutschförderklassen, damit die Kinder so rasch wie möglich dem Regelunterricht folgen können.

Ankunft geflüchteter Menschen aus der Ukraine am Hauptbahnhof in Wien
APA/Tobias Steinmaurer
Viele Kinder, die nach Österreich kommen, werden in den nächsten Wochen ihren ersten Tag an heimischen Schulen absolvieren

Immerhin handle es sich um eine große Gruppe von Quereinsteigern, die mitten unterm Schuljahr dazukomme und noch dazu spezifische Angebote brauche, so die Begründung des Ministeriums. Anders als andere Kinder in Deutschförderklassen seien ukrainische Schülerinnen und Schüler durchwegs alphabetisiert und würden vielfach Englisch sprechen. Die pädagogischen Konzepte werden gerade vorbereitet.

Die SPÖ warnte bereits vor einem Kollaps das Schulsystems. Denn die Integration von aus der Ukraine geflüchteten Kindern werde die Personalsituation weiter verschärfen, warnte Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler. Auch brauche es zusätzliche Schulpsychologen und -psychologinnen.

Lehrer mit Ukrainischkenntnissen gesucht

In Tirol ist man derselben Meinung wie Vorderwinkler: „Wenn man sieht, dass Kinder wirklich schwer traumatisiert sind, dann hilft da auch unsere Schulpsychologie“, so Bildungsdirektor Paul Gappmaier. Zudem sei man auf der Suche nach Personal, das Ukrainisch spricht. Auf Russisch sprechende Lehrer würde man nur dann zurückgreifen, wenn es keine Alternative gebe, sagte der Landesschuldirektor – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Ukrainische Kinder in Schulen

Jeden Tag kommen aus der Ukraine geflüchtete Menschen nach Österreich – auch viele Kinder, die bis vor Kurzem in ihrer Heimat in die Schule gegangen sind. Sie will man rasch in den heimischen Schulen aufnehmen und so auch ein wenig Normalität schaffen.

In Wien werden für die ukrainischen Schüler und Schülerinnen mit Montag drei zusätzliche „Neu in Wien“-Klassen an Volksschulen und fünf an AHS-Standorten eröffnet, hieß es aus der Bildungsdirektion. Das Deutschlernen wird dabei vorerst allerdings nicht im Zentrum stehen. Nach den Erlebnissen der Kinder in den vergangenen Wochen sei es zunächst wichtig, diese ins System zu holen und ihnen Normalität zu geben.

Erst später werde es darum gehen zu schauen, wo die Kinder wissensmäßig stehen, so ein Sprecher der Bildungsdirektion. Zur Unterstützung der Schülerinnen und Schüler sollen auch ukrainische Lehrerinnen und Lehrer mit guten Deutschkenntnissen neu aufgenommen werden, aktuell geht es um acht Anstellungen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Polaschek sieht „große Hilfsbereitschaft“

An den Schulen sei die Unterstützung durch Schulleitungen, Lehrpersonal und Mitschüler für die ukrainischen Geflüchteten jedenfalls groß, so ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek nach dem Besuch einer Volksschule und einer AHS in Klosterneuburg in Niederösterreich. „Es ist schön zu sehen, wie groß die Hilfsbereitschaft in Österreich ist.“ An dem Gymnasium, das der Minister besuchte, wurde etwa ein System eingerichtet, bei dem Mitschüler als Buddys den ukrainischen Jugendlichen das Ankommen erleichtern sollen – mehr dazu in noe.ORF.at.

Um die Geflüchteten auf dem Weg ins österreichische Schulsystem möglichst unkompliziert zu unterstützen, wurden laut Ressort an den Bildungsdirektionen eigene Anlaufstellen eingerichtet. Außerdem werden derzeit die wichtigsten Informationen zum österreichischen Bildungssystem aufbereitet und in Ukrainisch und Englisch übersetzt, damit die Familien die richtigen Anknüpfungspunkte im System finden.

Behörden stoßen an Grenzen

Freilich sind nicht nur die Schulen von den Herausforderungen betroffen. Auch Kindergärten und Behörden, die etwa ankommende Flüchtlinge registrieren müssen, werden in den kommenden Tagen und Wochen mit dem Coronavirus und der Integration von Personen aus der Ukraine konfrontiert sein. Seit Kriegsbeginn sind 164.000 Menschen aus der Ukraine nach Österreich eingereist. Mehr als 80 Prozent reisten weiter, rund 30.000 werden also bleiben, registriert wurden bisher 9.000.

Vor allem bei der Registrierung hat sich ein Stau gebildet, wie Zahlen aus dem Innenministerium zeigen. Die Registrierung ist notwendig, um später einen Vertriebenenausweis zu bekommen und damit Zugang zum Arbeitsmarkt zu haben. Für die medizinische Versorgung, Verköstigung und Unterbringung sei die Registrierung nicht notwendig, betonte das Ministerium. Auch für die Grundversorgung, die ein Taschengeld von 215 Euro für Erwachsene und 100 Euro für Kinder bietet, sei die polizeiliche Registrierung nicht notwendig.

Praktisch funktioniert es so, dass die Flüchtlinge in den Ankunftszentren – von Hilfsorganisationen unterstützt – einen Antrag für die Aufnahme in die Grundversorgung stellen, einen Schlafplatz bekommen, die medizinische Versorgung und den etwaigen Bedarf an Schulplätzen klären. Derzeit gibt es 40 Registrierungsstellen. Die Stadt Wien, wo die meisten Flüchtlinge ankommen, baut gerade die Zahl der Notschlafplätze aus. Prognosen gehen von 200.000 Menschen aus, die in den nächsten Wochen in Österreich bleiben werden.