Gasspeicher der OMV
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OMV

Gasverträge mit Russland bleiben aufrecht

80 Prozent des in Österreich gebrauchten Erdgases kommen aus Russland. Die Gaslieferverträge haben jahrzehntelange Tradition und wurden erst vor einem Jahr bis 2040 verlängert. Sie bleiben aufrecht, auch wenn sich der heimische Öl- und Gaskonzern OMV operativ aus Russland zurückzieht. „Für Österreich sind die Alternativen wirklich begrenzt“, sagte OMV-Chef Alfred Stern am Samstag im Ö1-Mittagsjournal mit Blick auf den kommenden Winter.

„Wir können nicht morgen aus Öl und Gas aussteigen. Das würde zu einem Zusammenbruch unseres Lebens führen“, sagte Stern. „Wir haben über 50 Jahre davon profitiert – das ist das günstigste Gas, das wir bekommen können.“ Ein Ausstieg aus dem Vertrag wird derzeit nicht geprüft. Die OMV importiert das Gas vom russischen Konzern Gasprom.

Die Lieferverträge würden bis 2040 laufen. „Das ist natürlich ein bestehender Vertrag“, hielt der OMV-Chef fest. „So was kann man rechtlich prüfen – zurzeit sind wir aber damit beschäftigt, die Versorgungssicherheit sicherzustellen.“ Die Lieferverträge mit Russland seien „wichtig für die Versorgungssicherheit“. Damit verdiene die OMV auch nicht viel Geld.

„Im Nachhinein gesehen ein Fehler“

Anders verhalte es sich mit den anderen Aktivitäten der OMV in Russland, sagte Stern und zählte ein sibirisches Gasfeld und die umstrittene, mittlerweile auf Eis gelegte Gaspipeline „Nord Stream 2“ auf, bei denen die OMV ein Darlehen gegeben habe. „Da muss man im Rückblick sagen, dass wir das Risiko unterschätzt haben.“ Die Investitionen, die dort gemacht wurden, „mussten wir jetzt wertberichtigen“, so der Konzernchef. Dadurch seien 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro Wertberichtigung notwendig geworden.

Der neue OMV-Chef Stern geht, was die Russland-Geschäfte des heimischen Öl- und Gaskonzerns betrifft, deutlich auf Distanz zu seinem Vorgänger Rainer Seele. „Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wir haben das Risiko unterschätzt, das sich mit Russland ergibt.“ Und so sei es vielen in Europa ergangen. Damit sei „im Nachhinein gesehen natürlich ein Fehler geschehen“.

„Nicht so einfach zu ersetzen“

Die EU will die russischen Gasimporte innerhalb eines Jahres um zwei Drittel reduzieren, bis 2027 will man zur Gänze ohne russisches Öl und Gas auskommen. „Mir sind die konkreten Pläne nicht bekannt – die Mengen, die aus Russland nach Europa kommen, sind nicht so einfach zu ersetzen“, sagte Stern dazu. Konkrete Vorschläge, um diesen Plan umzusetzen, will die Kommission früheren Angaben zufolge bis Ende Mai vorlegen. Für Vorgaben zu Gasspeichern soll es bereits bis Ende März Konkretes geben.

LNG-Terminal in Frankreich
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Flüssiggasterminal in Frankreich

Ein Diversifizieren mache auch „massive Investitionen notwendig“, etwa in Gasterminals. Dabei sei zu überlegen, inwiefern sich das noch auszahle. Generell gebe es die Möglichkeit, Flüssiggas zu importieren – beispielsweise aus den USA –, „oder Kohle, Öl, oder auch Nuklearstrom länger zu verwenden“, nannte der OMV-Chef derzeit mögliche Alternativen zum Erdgas.

„Österreich hat keinen direkten Zugang zu Flüssiggasterminals“, gab Stern zu bedenken. „Es gibt zurzeit nur begrenzt Möglichkeiten, Flüssiggas nach Österreich zu bringen.“ Alternativen, „um hier die Flüsse des Gases umzudrehen“, seien mittel- und langfristig zu sehen, nicht kurzfristig.

Energie weiter teuer

Die Energiepreise sieht Stern weiter auf hohem Niveau: „Der Druck in den Gasmarkt wird weiterhin sehr hoch sein, auch wegen der angespannten Situation.“ Diverse Ankündigungen führten „immer wieder zu Ausschlägen“. Im Hinblick auf die hohen Spritpreise sagte er: „Nicht nur Öl macht den Preis.“ Die Treibstoffkosten setzten sich aus Rohstoffkosten, Verarbeitungskosten in der Raffinerie und Abgaben zusammen.

Spritpreise werden geprüft

Der Preisprüfung durch die mittlerweile von der Politik eingeschaltete Wettbewerbskommission, die ein beratendes Organ der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ist, sieht Stern „zuversichtlich“ entgegen. „Es wird rauskommen, dass die jetzige Kostenexplosion die Preise treibt.“

OMV-Chef Alfred Stern
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Für OMV-Chef Alfred Stern ist der Fokus auf Russland „im Nachhinein ein Fehler“

Zuletzt sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne): „Wir werden uns nun ganz genau anschauen, ob es hier zu verbotenen Preisabsprachen oder Kartellbildungen gekommen ist.“ Hintergrund sind die zuletzt stark gestiegenen Preise an den Tankstellen, die nicht durch die in deutlich geringerem Ausmaß gestiegenen Rohölpreise erklärbar erscheinen.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger unterstützt das Vorgehen: „Wir müssen alles tun, um Menschen, die das Auto brauchen, zu unterstützen. Niemand darf ungerechtfertigt Kapital aus der Krise schlagen. Das muss sichergestellt sein. Sinkende Rohölpreise müssen rasch an den Zapfsäulen sichtbar sein.“

NEOS: „Bewusst vollkommen falsche Strategie“

„Die Manager der OMV und vor allem die staatlichen Eigentümervertreter sind in den vergangenen Jahren ganz bewusst eine vollkommen falsche Strategie eingegangen, sie haben uns diese extrem hohe Abhängigkeit vom russischen Gas sowie die Milliarden-Abschreibungen eingebrockt“, sagte NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer am Samstag.

Deutsche Gasversorgung für Winter noch nicht sicher

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck bemühte sich unterdessen in Katar um zusätzliche Gaslieferungen. Für den kommenden Winter sieht er die Gasversorgung noch nicht komplett gesichert, sagte er vor der Reise im Deutschlandfunk. „Das heißt, wenn wir zum nächsten Winter noch nicht mehr Gas bekommen und die Lieferverbindungen aus Russland würden gekappt werden oder abreißen, hätten wir nicht genug Gas, um alle Häuser warm und alle Industrie laufen zu lassen.“

Zu einer einseitigen Abhängigkeit von einem Lieferanten wie Russland sagte er: „Das war einfach dämlich.“ Habeck zufolge kann Deutschland zur Deckung des Energiebedarfs auch künftig nicht nur mit Demokratien zusammenarbeiten. „Viele OPEC-Staaten sind problematisch“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe).

„Aber zwischen einem nicht demokratischen Staat, bei dem die Situation der Menschenrechte problematisch ist, und einem autoritären Staat, der einen aggressiven, völkerrechtswidrigen Krieg vor unserer Tür führt, gibt es noch mal einen Unterschied. Wir können nicht alle Länder von Lieferungen ausschließen“, so Habeck.