Die Superyacht „Eclipse“ in Marmaris.
Reuters/Yoruk Isik
Luxusjachten

Oligarchen suchen sichere Gewässer

Wegen Sanktionen gegen russische Oligarchen haben die Behörden in der EU bisher mehrere Luxusjachten im Wert von Hunderten Millionen Euro festgesetzt. Oligarchen versuchen daher, ihre Schiffe in Länder ohne Strafmaßnahmen zu bringen – und das vielfach mit Erfolg. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski rief indes dazu auf, derartige Beschlagnahmungen voranzutreiben. Dabei geht es auch um eine Jacht, die Wladimir Putin selbst zugeordnet wird.

Selenski forderte am Dienstag in einer Rede vor dem italienischen Parlament die Festsetzung des Schiffes „Scheherazade“, das derzeit im Hafen des toskanischen Ortes Carrara ankert. Die Jacht soll rund 700 Millionen Dollar (544 Mio. Euro) wert sein, sie gilt als eine der größten der Welt. Wem sie gehört, war bisher unklar. Offizieller Besitzer ist eine Offshore-Firma auf den Marshallinseln. Spekuliert wurde, dass der Eigentümer aus Russland oder dem Nahen Osten stammten könnte.

Italien: Oligarchenjachten im Visier

Nun hat allerdings die Antikorruptionsstiftung rund um den inhaftierten Oppositionellen Alexei Nawalny eine Recherche veröffentlicht, der zufolge sich die Crew des Schiffes vorrangig aus Russen und Russinnen zusammensetzt – und unter ihnen sollen sich mehrere Mitglieder des Schutzdienstes FSO befinden, dessen Hauptaufgabe die Sicherheit des russischen Präsidenten und der russischen Regierung ist. Man habe auch mit einem Crewmitglied gesprochen, dieses habe bestätigt, dass die Jacht Putin gehöre.

Selenski forderte vor diesem Hintergrund die Festsetzung des Schiffes. Italien dürfe kein Rückzugsort für Mörder sein. „Legen Sie all ihre Immobilien, Konten und Jachten still – von der ‚Scheherazade‘ bis zu den kleinsten Schiffen“, so Selenski. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte allerdings eine Quelle aus der italienischen Polizei, laut der die Behörden nicht glauben, dass die Jacht mit sechs Decks und zwei Helikopterlandeplätzen jemandem aus Putins Umfeld gehöre. Man prüfe derzeit, wer der Besitzer sei.

Yacht Scheherazade
APA/AFP/Federico Scoppa
Die „Scheherazade“ liegt derzeit teilweise eingehüllt im Hafen von Carrara

Abramowitsch-Schiffe erreichen Türkei

Klarer sind die Eigentumsverhältnisse bei den Schiffen des Oligarchen, Milliardärs und scheidenden FC-Chelsea-Besitzers Roman Abramowitsch. Er steht in der EU, den USA und Großbritannien auf der Sanktionsliste, zwei seiner Jachten wurden jüngst aber in ein sanktionsfreies Gebiet gebracht – nämlich in die Türkei.

Die 162 Meter lange „Eclipse“ ankert derzeit vor dem Badeort Marmaris, im Hafen von Bodrum befindet sich bereits seit Sonntag mit der „Solaris“ eine weitere Jacht Abramowitschs. Bei deren Landung hatte es eine Protestaktion gegeben: Aktivisten auf einem Schlauchboot mit einer Ukraine-Flagge und einem „No War“-Slogan hatten versucht, die Zufahrt der Solaris zu blockieren – aber ohne Erfolg.

Aktivisten blockieren Abramowitsch-Jacht

In der Türkei haben ukrainische Matrosen versucht, eine Luxusjacht des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch zu blockieren.

Vor ihrer Ankunft in der Türkei hatten Abramowitschs Schiffe laut Daten von Marine Traffic im montenegrinischen Nobelhafen Tivat bzw. in Philipsburg auf der Karibik-Insel Sint Marteen geankert. Offenbar wurden die Gewässer der EU umfahren, um eine mögliche Beschlagnahmung zu vermeiden. Es gab keine Hinweise darauf, dass sich Abramowitsch an Bord eines der Schiffe befand. Er war in der vergangenen Woche in seinem Privatjet von Istanbul nach Moskau geflogen.

Superyacht „Solaris“ in Bordum.
Reuters/Yoruk Isik
Die „Solaris“ in türkischen Gewässern

Dubai und Malediven als Destinationen

Abramowitsch ist nicht der einzige Oligarch, dessen Superjachten sich in derzeit sicheren Gewässern befinden. Vor allem vor Dubai und den Malediven wurden zuletzt mehrere Schiffe registriert, die russischen Oligarchen zugeordnet werden. Auch die Jacht „Clio“ des Oligarchen Oleg Deripaska befindet sich derzeit offenbar auf dem Weg Richtung Malediven.

Ein weiteres Schiff Deripaskas namens „Elden“ dürfte sich bereits in Russland befinden. Deripaska steht derzeit zwar nicht auf der Sanktionsliste der EU, allerdings verhängten die EU und die USA Strafmaßnahmen gegen ihn. Der bisher größte TUI-Einzelaktionär, Alexej Mordaschow, kann indes nur eine seiner Jachten in Sicherheit wähnen: Die „Nord“ befindet sich derzeit vor Singapur. Die ihm zugerechnete Jacht „Lady M“ war bereits vergangene Woche in Italien festgesetzt worden.

Gibraltar meldet erste Festsetzung

Auch andere Oligarchen haben nicht schnell genug reagiert, vor allem in Italien, Frankreich und Spanien nahmen die Behörden bereits mehrere Jachten in Beschlag. Am Montag meldete erstmals auch das britische Gibraltar die Festsetzung einer Jacht. Es soll sich um die „Axioma“ handeln, die dem Oligarchen Dmitri Pumpjanski zugerechnet wird. Er wurde mit der Herstellung von Stahlrohren für Erdöl- und Erdgasinfrastruktur reich.

Superyacht „Axioma“ in Gibraltar.
Reuters/Jon Nazca
Auch die „Axioma“ wurde Berichten zufolge festgesetzt

Vergangene Woche gab außerdem Spanien bekannt, dass man eine Jacht „eines der wichtigsten russischen Oligarchen mit einem geschätzten Wert von 140 Millionen Dollar (128 Mio. Euro)“ in Barcelona festgesetzt habe. Es soll sich um die „Valerie“ von Sergej Tschemesow, dem Chef des russischen Rüstungskonzerns Rostec, handeln. In Frankreich wurden laut einer Bilanz des Finanzministeriums bisher zwei Schiffe im Wert von 150 Millionen Euro beschlagnahmt.