Weitere Zuspitzung in Krieg und Wirtschaft

Gestern hat es in der Ukraine weiter schwere Kämpfe gegeben, vielerorts wandelten sie sich zu einem Stellungskrieg. Um die belagerte Stadt Charkiw gab es heftige Kämpfe, und im Umkreis der Stadt Riwne im Nordwesten der Ukraine beschoss das russische Militär nicht näher bezeichnete Militäranlagen mit Raketen. Rund um Kiew kam es ebenfalls immer wieder zu Gefechten. Zu der rund 100 Kilometer von Charkiw entfernten Stadt Isjum gab es keine Verbindung mehr.

Die humanitäre Lage spitzte sich entsprechend weiter zu. Es waren erneut Fluchtwege aus belagerten Städten geplant, laut der ukrainischen Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk hätten sieben von neun geplanten Korridoren funktioniert. Die Situation in belagerten Städten wie Mariupol wird für die Zivilbevölkerung dennoch immer schwieriger.

Die Hilfe kommt zudem nur spärlich an: Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erschwerte das hohe Sicherheitsrisiko die Unterstützung der Zivilbevölkerung. Zudem fehle es an Geld: Bisher erhielt die WHO erst 9,6 Millionen der 57,5 Millionen Dollar, die die Organisation für die kommenden drei Monate in der Ukraine nach eigenen Angaben braucht.

Erstmals offizieller Vorwurf von Kriegsverbrechen

Die USA warfen russischen Truppen erstmals offiziell Kriegsverbrechen vor. „Heute kann ich bekanntgeben, dass die US-Regierung auf Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen zu der Einschätzung gelangt ist, dass Mitglieder der russischen Streitkräfte in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen haben“, so US-Außenminister Antony Blinken. Man habe zahlreiche glaubwürdige Berichte über gezielte Angriffe auf Zivilisten sowie über andere Gräueltaten erhalten. Bei vielen Angriffszielen sei eindeutig zu erkennen gewesen, dass sie von Zivilisten genutzt würden, so Blinken.

Auch EU-Ratschef Charles Michel warf Russland vor, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen. „Mit dem Fortschreiten des Kriegs beobachten wir, dass Russland zunehmend die Zivilbevölkerung angreift und Krankenhäuser, Schulen und Unterkünfte ins Visier nimmt“, schrieb der Belgier in seinem Einladungsschreiben für den anstehenden EU-Gipfel in Brüssel. „Diese Kriegsverbrechen müssen sofort aufhören.“

Auch für die russische Seite gab es offenbar schwere Verluste. Laut einem Vertreter des US-Verteidigungsministeriums ist die Kampfkraft der russischen Truppen unter 90 Prozent ihres Potenzials zu Beginn der Invasion gesunken.

Gas nur noch für Rubel

Moskau reagierte auf die Sanktionen mit einem für Fachleute überraschenden Schritt: Künftig sollen „unfreundliche Staaten“ ihre Gaslieferungen aus Russland in Rubel bezahlen. So soll die russische Währung durch erhöhte Nachfrage stabilisiert werden. Die westlichen Abnehmer reagierten zunächst irritiert. Laut Moskauer Wirtschaftsministerium stieg die Inflation im Land auf den höchsten Stand seit November 2015.

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