Kleine Einheit auf Quads will russischen Konvoi gestoppt haben

Nur wenige Tage nach Beginn des Einmarsches in die Ukraine hat Russland einen enormen Militärkonvoi in Gang gesetzt. Satellitenbilder zeigten die kilometerlange Schlange, die sich von Norden her auf den Weg Richtung Kiew machte.

Das Schlimmste für die ukrainische Hauptstadt wurde befürchtet. Doch der Konvoi kam nicht und nicht voran, bald hatte er gar Versorgungsprobleme. Wieso, war unklar. Nun meldete sich im britischen „Guardian“ ein ukrainischer Kommandant zu Wort, der die Antwort dafür haben will: Seine kleine Luftaufklärungseinheit mit Namen „Aeroroswidka“ soll den riesigen Konvoi in David-gegen-Goliath-Manier mit zahlreichen kleinen nächtlichen Hinterhalten sabotiert haben, so der Kommandant Jaroslaw Hontschar.

Das Team bestehe aus nur 30 ukrainischen Spezialkräften und Drohnenoperatoren, die vor acht Jahren als Gruppe freiwilliger IT-Spezialisten und Bastler begonnen hätten, Drohnen zu entwickeln. „Aeroroswidka“ sei wegen der Exportkontrollen gezwungen gewesen, mit Crowdfunding und persönlichen Kontakten an die nötigen Komponenten wie Wärmebildkameras zu gelangen. So kämen sie etwa via eBay an die Bauteile.

Satellitenbild zeigt Konvoi nördlich von Ivankiv
APA/AFP/2022 Maxar Technologies

Auf Quads gegen Panzer

Die Anschläge auf das russische Militärequipment seien zum Teil auf Quads durchgeführt worden. Laut Hontschar fuhren die ukrainischen Kämpfer etwa vor der Stadt Iwankiw des Nachts auf Quads an die russischen Armeefahrzeuge heran und warfen per Drohne 1,5-kg-Bomben ab. „Diese eine kleine Einheit zerstörte in der Nacht zwei oder drei Fahrzeuge an der Spitze dieses Konvois, und danach steckte er fest. Sie blieben noch zwei Nächte dort und zerstörten weitere Fahrzeuge“, sagte Hontschar.

Die russische Armee habe in der Folge versucht, den Konvoi in kleinere Einheiten zu teilen. Daraufhin habe „Aeroroswidka“ ein Versorgungsdepot zerstört. „Die erste Einheit der Kolonne steckte dann ohne Heizung, Öl, Bomben und Gas fest. Und das alles geschah aufgrund der Arbeit von 30 Personen“, sagte Hontschar. Es sei auch „Aeroroswidka“ gewesen, die am ersten Kriegstag geholfen habe, den Flughafen Hostomel nordwestlich von Kiew zu schützen. Mit Hilfe ihrer Drohnen habe man dort etwa 200 russische Fallschirmjäger beschossen.

Ausstattung im Eigenbau

Hontschar ist laut „Guardian“ ein ehemaliger Soldat, der als IT-Marketingberater arbeitete. Er kehrte zur Armee zurück und baute die Einheit mit auf. Ein Adjutant sei Unternehmensberater gewesen, der sich nun auf die Mittelbeschaffung für die Einheit spezialisierte. Anfangs habe die Einheit kommerzielle Überwachungsdrohnen verwendet, inzwischen habe das Team aus Ingenieuren, Softwaredesignern und Drohnenspezialisten aber eigene Designs entworfen und gebaut, darunter Überwachungsdrohnen und Fluggeräte, die kleine Bomben und Panzerabwehrgranaten abwerfen können.

Zudem hätten sie mittels Starlink-Satellitendaten ein Sensorennetzwerk entlang der Frontlinien geschaffen und so eine digitale Karte erstellt. Damit könnten sie nun die ukrainischen Artillerieeinheiten mit Livedaten der Armeebewegungen versorgen, hieß es.

Hontschar glaubt, mittels der effektiven, kleinen Einheit einen großen Beitrag im elektronischen Kampf gegen Russland zu leisten. „Wir sind wie ein Bienenschwarm“, sagte er. „Eine Biene ist nichts, aber wenn Sie plötzlich mit tausend Bienen konfrontiert sind, sind sie eine große Kraft. Wir sind wie Bienen, aber wir arbeiten nachts.“