Richter: Trump hat sich nach Wahl wohl strafbar gemacht

Der damalige US-Präsident Donald Trump hat sich nach Einschätzung eines Bundesrichters vermutlich strafbar gemacht, als er die Bestätigung des Wahlsiegs seines Kontrahenten Joe Biden durch den Kongress verhindern wollte. Richter David Carter im kalifornischen Santa Ana verfügte, dass Trump-Berater John Eastman 101 E-Mails an den Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhängerinnen und -Anhänger übergeben muss.

„Auf Grundlage der Beweise hält es das Gericht für eher wahrscheinlich, dass Präsident Trump auf unredliche Weise versucht hat, die gemeinsame Sitzung des Kongresses am 6. Jänner 2021 zu behindern“, hieß es gestern in einer Entscheidung von Richter Carter. Damit könnte der Straftatbestand der Behinderung oder der versuchten Behinderung eines amtlichen Verfahrens erfüllt sein.

Trump hatte seinen Vizepräsidenten Mike Pence dazu aufgefordert, bei der gemeinsamen Sitzung des Kongresses am 6. Jänner 2021 die offizielle Bestätigung von Bidens Wahlsiegs zu verhindern. Pence, der die Sitzung leitete, lehnte das ab. Nach einer anstachelnden Rede Trumps stürmten dessen Anhängerinnen und Anhänger daraufhin den Kongress. Bei der Attacke starben fünf Menschen, Dutzende wurden verletzt.

Richter: Trump wusste, dass Plan „rechtswidrig“ war

„Präsident Trump und Dr. Eastman rechtfertigten den Plan mit dem Vorwurf des Wahlbetrugs – aber Präsident Trump wusste wahrscheinlich, dass diese Rechtfertigung unbegründet und daher der gesamte Plan rechtswidrig war“, hieß es nun in Carters Entscheidung. „Die Unrechtmäßigkeit des Plans war offensichtlich.“

Jeder Amerikaner wisse, dass in einer Demokratie Politiker gewählt und nicht eingesetzt würden. „Präsident Trump hat wissentlich versucht, dieses grundlegende Prinzip zu untergraben.“ Wäre der Plan aufgegangen, „hätte er den friedlichen Machtwechsel dauerhaft beendet“.

Weder Trump noch Eastman müssen sich bisher strafrechtlich für den Sturm auf den Kongress verantworten. Carter machte deutlich, in seinem Fall gehe es nur um einen Streit über die Herausgabe von E-Mails. „Es handelt sich nicht um eine strafrechtliche Verfolgung.“

Carter forderte aber, dass die Vorgänge am 6. Jänner 2021 aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. Ansonsten befürchte das Gericht, „dass sich der 6. Jänner wiederholt“.