Istanbul-Gespräche: Waffenstillstand für Ukraine Maximalziel

Rund viereinhalb Wochen nach der russischen Invasion in die Ukraine starten Moskau und Kiew in Istanbul eine neue Verhandlungsrunde. Die Delegationen aus Russland und der Ukraine kommen heute ab 9.30 MESZ in Istanbul zusammen, wie das türkische Präsidialbüro gestern Abend mitteilte. Die Ukraine will bei den Gesprächen zumindest humanitäre Fragen klären, Maximalziel sei ein Waffenstillstand.

Diese Linien seien von Präsident Wolodymyr Selenskyj vorgegeben worden, sagte Außenminister Dmytro Kuleba. Vor Beginn der Gespräche wolle sich die türkische Seite jeweils mit den Delegationen treffen, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Er betonte nach einer Kabinettssitzung in Ankara erneut, er hoffe auf einen baldigen Waffenstillstand. Erdogan erklärte, er halte telefonischen Kontakt zu Selenski und zu Kremlchef Wladimir Putin, es gehe in eine „positive Richtung“.

„Irpin ist befreit“

Trotz der russischen Ankündigung, sich auf den Osten der Ukraine zu konzentrieren, meldet der Gouverneur der nordwestukrainischen Region Riwne am Abend einen russischen Raketenangriff auf ein Öldepot. Weitere Kämpfe gibt es auch rund um Kiew. Die nahe der ukrainischen Hauptstadt seit Wochen umkämpfte Stadt Irpen ist nach Angaben des dortigen Bürgermeisters wieder komplett in ukrainischer Hand. Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Das gilt auch für die bei Sumy gelegene Ortschaft Trostjanez. Auch diese sei, in diesem Fall US-Angaben zufolge, wohl wieder von ukrainischen Truppen zurückerobert worden.

Weiter schwer umkämpft bleibt die Hafenstadt Mariupol. „Etwa 5.000 Todesopfer wurden beerdigt“, sagte dazu heute die ukrainische Verantwortliche für Flüchtlingskorridore, Tetjana Lomakina. Allerdings würden seit ungefähr zehn Tagen wegen der anhaltenden Bombardements durch die russischen Truppen in Mariupol keine Bestattungen mehr vorgenommen, weswegen die Zahl der Toten bereits auf rund 10.000 geschätzt werde.

Von auf den Straßen liegenden Leichen berichtete zuletzt auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Dazu kommt die Warnung vor einer humanitären Katastrophe. Die in der Stadt eingeschlossenen Menschen hätten unter anderem „seit Wochen keinen Zugang zu Wasser und Nahrung“, sagte der Notfallkoordinator für Ärzte ohne Grenzen.

Ukraine beziffert Kriegsschäden mit über 500 Milliarden

Der russische Angriffskrieg hat nach Angaben des ukrainischen Wirtschaftsministeriums bisher Schäden von 564,9 Milliarden Dollar (514 Mrd. Euro) verursacht. 8.000 Kilometer Straßen und zehn Millionen Quadratmeter Wohnfläche seien beschädigt oder zerstört. Eingerechnet würden unter anderem Schäden an der Infrastruktur, Verluste bei der Wirtschaftsleistung und andere Faktoren, sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko. Die Ukraine weist Bericht über Vergiftung zurück

Für Aufsehen sorgt indes ein Bericht vom „Wall Street Journal“ („WSJ“), wonach der russische Oligarch Roman Abramowitsch und mindestens zwei Abgesandte der ukrainischen Seite nach Friedensverhandlungen zwischen Moskau und Kiew Anfang März Vergiftungserscheinungen gezeigt haben. Abramowitsch reist der Zeitung zufolge derzeit zwischen Russland und der Ukraine hin und her und versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Sowohl von ukrainischer, als auch von US-Seite gab es in Folge ein Dementi – mehr dazu im Liveticker vom 33. Tag des Ukraine-Krieges.