Heute geht der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss in eine neue Befragungsrunde, geladen sind erneut prominente Namen, dieses Mal aus der Justiz. Zunächst wird Justizministerin Alma Zadic (Grüne) die Fragen der Abgeordneten beantworten, danach wird die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Ilse-Maria Vrabl-Sanda, erwartet.
Das Thema wird dasselbe sein wie schon im „Ibiza“-U-Ausschuss, allerdings um etliche Vorkommnisse erweitert: die schweren Verwerfungen im Justizressort. Dabei spielen der suspendierte Justizsektionschef Christian Pilnacek und der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, eine zentrale Rolle. Zwischen ihnen und der WKStA hatten sich seit den Ermittlungen rund um das „Ibiza-Video“ Spannungen entwickelt, die sogar in gegenseitigen Anzeigen mündeten.

Pilnacek wurde zudem eine politische Nähe zu von der WKStA Beschuldigten vorgeworfen. So schrieb er etwa nach Aufnahme von Ermittlungen gegen den damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP): „Wer vorbereitet (sic!) Gernot auf seine Vernehmung?“ Eine Hausdurchsuchung bezeichnete Pilnacek in den Chats als „Putsch“.
Zadic betonte wiederholt, die Justiz arbeite unabhängig und habe dabei die Rückendeckung des Ministeriums. Die Abgeordneten dürften aber von ihr wissen wollen, warum manche Maßnahmen im Ressort erst spät kamen und wieso etwa Fuchs noch im Amt ist. Auch die Postenbesetzungen und der Ermittlungsstand bei diversen Causen könnten Thema werden.
WKStA entzog Aufträge
Auch WKStA-Leiterin Vrabl-Sanada selbst wird wohl zu den neuesten Entwicklungen in der Justiz befragt werden. Sie hatte als Reaktion auf die Chats von Pilnacek der zur Aufklärung der Causa „Ibiza“ eingerichteten „SoKo Tape“ den Ermittlungsauftrag entzogen, da sie deren Leitung für befangen hält. Pilnacek wollte laut den Chats etwa einen Korruptionsstaatsanwalt im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht observieren lassen. Diese Observation, die letztlich nicht durchgeführt wurde, wäre der „SoKo Tape“ zugefallen.

Die WKStA wandte sich über den Dienststellenausschuss wegen Grenzüberschreitungen in einem offenen Brief an Zadic. Vrabl-Sanda wiederum entzog der „SoKo Tape“ sämtliche Ermittlungsaufträge im „Ibiza“-Verfahren. In einem Schreiben an die SoKo-Leitung beklagte sich Vrabl-Sanda über die „systematische Torpedierung des Ermittlungsverfahren“ und wiederholte Versuche, „die zuständigen Oberstaatsanwält*innen durch die unrichtigen Unterstellungen dienstrechtlich oder auch strafrechtlich relevanter Handlungen persönlich zu diffamieren“.
Als nächster Schritt folgte die Forderung, auch die Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher aus allen „Ibiza“-Ermittlungen auszuschließen. Aicher hatte scharfe Kritik an Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit den Ermittlungen in der Inseratenaffäre u.a. gegen Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geübt. Später wurde bekannt, dass sie sich bezüglich des damaligen Statements von der Rechtsanwaltskanzlei Ainedter beraten hatte lassen, die einen Beschuldigten in der Inseratenaffäre vertritt.
Brandstetter und Ratz folgen
Für Gesprächsstoff im Ausschuss ist also gesorgt. Am Donnerstag ist dann Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter geladen. Er war nach der Veröffentlichung der Pilnaceks-Chats unter Druck geraten und zog sich als Konsequenz als Verfassungsrichter zurück. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Er soll Pilnacek angestiftet haben, eine Hausdurchsuchung zu verraten, was Brandstetter bestreitet.
Danach wird noch ein weiterer Ex-Minister befragt: Der frühere Präsident des Obersten Gerichtshofs, Eckart Ratz, leitete kurzzeitig das Innenministerium „und hat sich durch seine Teilnahme an Medienterminen der ÖVP zum Themenbereich der Ermittlungen gegen Altkanzler (Sebastian, Anm.) Kurz Wahrnehmungen zum genannten Beweisthema erworben“, heißt es im Ladungsverlangen der Opposition.