Finanzamt-Logo an der Wand
ORF.at/Michael Baldauf
Selbstanzeige und offene Fragen

Vorarlberg und die Causa Wirtschaftsbund

In Vorarlberg sorgt derzeit die Prüfung des ÖVP-Wirtschaftsbunds durch das Finanzamt für reichlich Gesprächsstoff. Im Fokus der Causa steht das Wirtschaftsbund-Monatsmagazin „Vorarlberger Wirtschaft“ bzw. dessen offenbar satte Einnahmen aus Inseraten. Während der Wirtschaftsbund eine in diesem Zusammenhang eingebrachte Selbstanzeige als Vorsichtsmaßnahme bezeichnet, ortet die Opposition eine zumindest fragwürdige Parteienfinanzierung. Dazu kommen Inserenten, die gegenüber der ZIB2 nahelegen, dass ihre Werbeeinschaltungen nicht immer ganz freiwillig gewesen seien.

Etliche Unternehmen hätten der ZIB2-Recherche zufolge ihre regelmäßigen Inseratenschaltungen immer knapp unter der Meldegrenze für das Parteiengesetz bestätigt. Ein Teil der Gelder sei an die Landespartei überwiesen worden. 2014 waren es laut ZIB2 400.000 Euro, 2019 dann 500.000 Euro, wobei der dazugehörige Rechenschaftsbericht noch immer vom Rechnungshof geprüft werde.

„Meine Ansicht war immer die, dass das absolut nichts mit Werbung zu tun hat, sondern dass das reine Parteienfinanzierung ist“, stellt hier ein ehemaliger stellvertretender Innungsmeister in den Raum, der gegenüber der ZIB2 noch anfügte: Dass man als Innung in der Wirtschaftsbund-Zeitung Werbung schalten sollte, sei ihm seit rund 20 Jahren „immer im Magen gelegen“.

Wirtschaftsbund Vorarlberg zeigt sich selbst an

Der Vorarlberger Wirtschaftsbund – eine Teilorganisation der Landes-ÖVP – hat sich am Montag im Zuge einer Steuerprüfung selbst angezeigt. Es geht um die Frage, ob Einnahmen aus Inseraten einer Wirtschaftsbund-Zeitschrift korrekt versteuert worden sind.

Gegenüber den ORF Vorarlberg präzisierte der Tischler Michael Stadler am Mittwoch, dass im Gegenzug für ein Inserat die Tischler in das Parlament der Wirtschaftskammer eingezogen seien. Die Innung sei zu Einschaltungen „massiv drangsaliert“ worden, einmal habe der Direktor des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Jürgen Kessler, ihn auch angerufen, nachdem die Innung statt einer ganzen Anzeigenseite nur eine halbe schalten wollte – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Finanzamt am Zug

Für Geld, das an die ÖVP-Landespartei überwiesen wurde, hat der Wirtschaftsbund als Teilorganisation der ÖVP zuletzt – wie bisher üblich – keine Mehrwertsteuer abgeführt. Bei verkauften Inseraten wurde ein Steuersatz von fünf Prozent angewendet. Beides wird nun vom Finanzamt infrage gestellt und überprüft – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Ob und welche Konsequenzen die Vorgangsweise hat, bleibt indes weiter völlig offen. Dem Wirtschaftsbund drohen im schlimmsten Fall Nachzahlungen an das Finanzamt in Höhe von einigen hunderttausend Euro. Bei der Finanzamtsprüfung geht es im Wesentlichen um die Prozentsätze, die der Wirtschaftsbund bei der Steuerübermittlung verwendet hat.

„Neu aufgetaucht“

Der Wirtschaftsbund hat in der Causa Selbstanzeige eingebracht, das sei aber eine „Vorsichtsmaßnahme“, sagte Wirtschaftsbund-Chef Hans Peter Metzler gegenüber den „Vorarlberger Nachrichten“. Keineswegs handle es sich um ein Schuldeingeständnis, man habe sich auf Anraten des Steuerberaters dazu entschieden, hieß es. Es solle geklärt werden, ob „innerparteiliche Zuwendungen“ steuerpflichtig sind. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Landeshauptmann Markus Wallner, Obmann der Vorarlberger Volkspartei, sagte am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz zur APA, dass die offenen Fragen schnellstmöglich geklärt gehören. Den Vorwurf krimineller Machenschaften wies Wallner zurück. Käme das Finanzamt zur Erkenntnis, dass zu wenig Geld abgeführt worden sei, „dann nur, weil man es nicht besser gewusst hat“, so der Landeshauptmann. Sollten interne Zahlungen als steuerpflichtig bewertet werden – „das ist ganz neu aufgetaucht“ – so wären auch alle anderen Parteien betroffen, stellte Wallner fest. In der Vergangenheit sei das anders gehandhabt worden.

Ruf nach personellen Konsequenzen

ÖVP-Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz sagte gegenüber dem ORF Vorarlberg, dass es sich beim Wirtschaftsbund im Prinzip um eine eigenständige Firma handle, deren Angelegenheiten mit der Landespartei als ebenfalls eigener Firma nichts zu tun hätten. Die Landespartei werde die Ergebnisse der Prüfung abwarten.

Die Oppositionsparteien – FPÖ, SPÖ und NEOS – hatten angesichts der Finanzamtsprüfung bereits am Montag Alarm geschlagen. Sollte sich der Vorwurf einer fraglichen Parteienfinanzierung bewahrheiten, seien personelle Konsequenzen auf oberster Ebene notwendig, so der Tenor – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Wirtschaftsbund bestätigt laufende Betriebsprüfung

Der Vorarlberger Wirtschaftsbund, eine Teilorganisation der Landes-ÖVP, bestätigt gegenüber dem ORF Vorarlberg eine laufende Betriebsprüfung. Das Finanzamt für Großbetriebe soll die Geldflüsse rund um den Wirtschaftsbund untersuchen – nach einer Selbstanzeige, bestätigte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).

Nach Ansicht des Politologen Peter Filzmaier dürfte die Causa das Image der Landes-ÖVP in Mitleidenschaft ziehen. „Es geht um die Frage der Unvereinbarkeit, wenn ein Wirtschaftsbund-Direktor beispielsweise bei einer Firma, die für die Inseratenbeschaffung beauftragt wurde, mitverdient“, sagte Filzmaier. Es gehe auch um die Unvereinbarkeit, wenn möglicherweise Unternehmen im Landesumfeld dort inserieren – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Kritik auch auf Bundesebene

Auf Bundesseite verlangte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer, dass sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) aus den Erhebungen heraushalten müsse. Immerhin handle es sich beim Wirtschaftsbund um den ehemaligen Arbeitgeber Brunners. Der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker forderte gleich, dass anstelle Brunners der Leiter der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, „interimistisch die Leitung des Finanzressorts als Minister bis zu den unausweichlichen Neuwahlen übernehmen“ sollte, „um so eine unabhängige Aufarbeitung des schwarzen Steuerskandals zu gewährleisten“.

Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft, stellte fest, dass es Inseratenpraktiken wie in Vorarlberg auch etwa in Kärnten und im Burgenland gebe. „Der ÖVP-Wirtschaftsbund betrachtet die Wirtschaftskammer ganz offensichtlich als Selbstbedienungsladen“, sagte Jungwirth.