Ukrainische Flüchtlinge
AP/Sergei Grits
Flüchtlinge

Mehr Geld für Quartiere, höherer Zuverdienst

Flüchtlinge aus der Ukraine sollen mehr dazuverdienen dürfen. Statt 110 Euro werde es in Richtung der Geringfügigkeitsgrenze von 485 Euro gehen, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Mittwochabend nach einer rund fünfstündigen Konferenz mit den Flüchtlingslandesräten. Allerdings könnte Kärnten den Beschluss noch blockieren. Weiteres Ergebnis ist, dass die Unterstützung für privat Untergebrachte angehoben wird.

Konkret soll es ein Plus von 60 Euro im Monat geben. Im Einzelnen sieht es so aus, dass es 15 Euro mehr für Wohnen gibt und 45 Euro mehr an Verpflegungsgeld. Die Summe wächst in diesem Bereich somit von 365 auf 425 Euro. Diese Erhöhung gilt für alle Gruppen in der Grundversorgung, also auch für Asylwerber, wie Wiens Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Besprechung ausführte. Dieser Vereinbarung stimmten auch alle Teilnehmer zu.

Die Erhöhung der Zuverdienstgrenze, um nicht aus der Grundversorgung zu fallen, ist hingegen nur für jene vorgesehen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Wie die steirische Landesrätin Doris Kampus (SPÖ) betonte, seien viele der nach Österreich Gekommenen arbeitswillig. Da man in der Krise wohl einen langen Atem brauche, müsse diesen Personen auch etwas geboten werden.

Kärnten will „rechtskonformer Lösung“ zustimmen

Die Kärntner wollen das jedoch auch anderen Personen in der Grundversorgung als jenen aus der Ukraine zugestehen. Deshalb stimmten sie nach Informationen der APA dagegen und könnten somit die gesamte Ausweitung blockieren. Die Angelegenheit geht nun in den Koordinationsausschuss.

„Kärnten wird jedenfalls einer Entscheidung zustimmen, die gesetzeskonform ist und den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt“, hieß es am Donnerstag auf APA-Anfrage. Auch andere Länder hätten Unterstützung für den Kärntner Antrag signalisiert. In Kärnten will man auch nichts davon wissen, dass Kärnten allein einen Beschluss blockieren könne: „Länderkonferenzen, egal welche, haben nur Empfehlungs- und keinen Beschlusscharakter.“ Der Innenminister könne „jederzeit im Rahmen seiner Kompetenzen handeln“.

Arbeitsgruppe soll eingerichtet werden

Insgesamt wurde von Bund- und Ländervertretern das Konsensuale in der Sitzung hervorgestrichen. So wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die klären soll, wie man die Kosten für besonders vulnerable Gruppen abdecken will. Hier geht es etwa um Waisenkinder, Pflegebedürftige und Schwerkranke, wie die aktuelle Vorsitzende der Flüchtlingslandesräte, Daniela Winkler (SPÖ) aus dem Burgenland, sagte.

Bisher wurden laut Karner bereits 40.000 Personen erfasst, etwa 7.000 seien bereits mit Vertriebenenpässen ausgestattet worden, womit sie für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Doch das Problem könnte sich noch vergrößern. Hacker schätzte, dass 200.000 bis 250.000 Menschen aus der Ukraine in Österreich Schutz suchen könnten. Das werde eine gewaltige Aufgabe sein, auch was die Ausbildung der Kinder und die Integration in den Arbeitsmarkt betrifft. Daher werde nun auch ein transparentes Realkostenmodell entwickelt.

Karner bestreitet Uneinigkeit der Länder

Uneinigkeit unter den Ländern trotz ungleicher Lastenaufteilung wurde von Karner bestritten. Schon am Vormittag hatte der Minister vor dem Ministerrat gesagt, dass an Privatquartieren rund 40.000 Plätze angeboten worden seien. Es würden auch alle Plätze benötigt werden, da noch mehr Menschen aus der Ukraine erwartet werden. Insofern sei er auch froh, dass noch nicht alle Plätze belegt seien, auch wenn er die Ungeduld manch Hilfsbereiter verstehe.

Was in Moldawien angekommene Flüchtlinge angeht, ist Österreich bekanntlich bereit, 2.000 von ihnen aufzunehmen. 300 von ihnen sind bereits hier angekommen. Laufend würden weitere Flüchtlinge nach Österreich gebracht. Polen, dem man ebenfalls ein Angebot zur Aufnahme gemacht hat, prüft noch. Karner geht aber davon aus, dass Flüchtlinge aus dem bisher am meisten betroffenen Land nach einer entsprechenden Vereinbarung per Zug nach Österreich kommen werden.

Kritik von AMS-Chef Kopf

Arbeitsmarktservice-Chef Johannes Kopf befürchtete unterdessen auf Twitter eine mögliche „Inaktivitätsfalle“. Er halte den „bestimmt gut gemeinten Vorschlag für nicht ausreichend durchdacht“. Die Bundesländer sähen derzeit in der Grundversorgung bei privatem Wohnen beispielsweise für eine Mutter mit zwei Kindern 715 Euro pro Monat vor. Künftig soll ein Zuverdienst von bis zu 485 Euro möglich sein. Man könne also mit einem geringfügigen Job auf 1.200 Euro pro Monat kommen – doch verdiene man nur einen Euro mehr, als die Zuverdienstgrenze erlaubt, verliere man die Grundversorgung, so Kopf.

Eine Arbeitsaufnahme über der Geringfügigkeitsgrenze lohne sich also – verkürzt auf den Monat gerechnet – erst ab einen Nettoeinkommen von 1.201 Euro, rechnete Kopf vor. Und ein solches würden wohl viele der Frauen nicht erreichen können, da sie wegen der Kinderbetreuung nur Teilzeit arbeiten können. Er schlage deshalb eine Teilanrechnung des Verdienstes vor, meinte Kopf. Details dazu wären zu verhandeln. „Nicht nur aufgrund der aktuellen Arbeitskräftenachfrage, auch frauenpolitisch halte ich den aktuellen Vorschlag für nicht gut“, meinte Kopf.