ÖVP-U-Ausschuss: Brandstetter will sich nicht entschlagen

Heute steht der ÖVP-U-Ausschuss im Zeichen von Ex-Ministern: Neben Ex-Innenminister Eckart Ratz wird heute auch Ex-ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter von den Abgeordneten befragt. Letzterer wolle sich heute nicht entschlagen, wie er in seinem Eingangsstatement sagte. „Es ist nichts, was mich belasten könnte.“

Brandstetter, der nach seiner Politkarriere auf Vorschlag der ÖVP-FPÖ-Regierung in den Verfassungsgerichtshof (VfGH) wechselte, geriet nach der Veröffentlichung von Chats mit dem suspendierten Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek unter Druck.

Wolfgang Brandstetter beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 31.03.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer

Gegen Brandstetter wird wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt, weil er Pilnacek angestiftet haben soll, eine Hausdurchsuchung zu verraten. Als VfGH-Mitglied trat er zurück – es wird vermutet, dass er zudem VfGH-Interna an Pilnacek weitergab. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Brandstetter verweist auf Vorgängerin

Brandstetter zeigte sich jedenfalls „froh“ darüber, die Vorwürfe nun im ÖVP-U-Ausschuss aufklären zu dürfen. Insbesondere der Verdacht, er hätte sich für parteipolitische Postenbesetzungen eingesetzt, habe ihn sehr hart getroffen. Er verwies zwar auf die Personalkommissionen, die Bewerberinnen und Bewerber aufgrund ihrer Kompetenz reihen, aber sagte gleichzeitig, dass man sich nicht immer an die Reihung halten könne.

Das hätte auch seine Vorgängerin, Ex-Justizministerin Maria Berger (SPÖ), in einem „Kurier“-Interview bestätigt. Dort sagte Berger: „Ich habe nicht immer den Erstgereihten genommen, konnte das aber gut begründen.“ Allerdings fügte sie hinzu: „Jemandem einen Posten zu versprechen, das geht nicht.“

Brandstetter hatte sich bei der Besetzung der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien für die damals Drittgereihte Eva Marek entschieden. In seinen Augen sei sie die fachlich Beste gewesen – auch wenn die Personalkommission die heutige Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Ilse-Maria Vrabl-Sanda, erstgereiht hatte. Die WKStA habe Vrabl-Sanda gebraucht, so Brandstetter. Er stehe zu seiner Entscheidung.

Privathandy bei Sicherstellung nicht bei Brandstetter

Bezüglich der mutmaßlich verratenen Hausdurchsuchung bei Immobilieninvestor Michael Tojner sagte Brandstetter, dass er das genaue Datum der Zwangsmaßnahme nicht kannte. Er hatte die Information aus den Medien erfahren, so der frühere Justizminister. „Wenn die heute kommen, ganz ruhig bleiben. Rechtsmittel gegen diese Hausdurchsuchung machen durchaus Sinn“, schrieb Brandstetter an Tojner kurz vor der Hausdurchsuchung.

Ausführlich schilderte Brandstetter seine Wahrnehmungen zur Sicherstellung der WKStA im VfGH. Das sei an einem Freitag gewesen, er habe alle elektronischen Geräte abgegeben. Nur sein Privathandy hatte er nicht dabei, „weil am VfGH gerade auch die Session stattfand“, so der frühere Höchstrichter. Anschließend habe er das Handy „unverändert“ abgegeben, weil er nichts zu verbergen habe.

„Bis 70 mache ich das nicht“

Gefragt nach den bekanntgewordenen Sideletters verwies Brandstetter darauf, dass die Absprache zwischen den Koalitionspartnern schon Sinn habe. Auf seine Zeit im Höchstgericht sieht er gespalten zurück. Er habe das Befangenheitsproblem unterschätzt. Als früherer Minister konnte er an keinen Beratungen teilnehmen, die Gesetze betrafen, die unter seiner Amtszeit beschlossen wurden.

Dass es keine Cooling-off-Phase für einfache Mitglieder gibt, sei falsch, so der Ex-Justizminister. „Das war ein Fehler“, es habe immer wieder Schwierigkeiten gegeben. Mit VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter habe er darüber auch gesprochen und gesagt, „bis 70 mache ich das nicht“ – mit 70 Jahren verlassen Mitglieder den VfGH.

ÖVP: Fakten aus erster Hand

Vor der Befragung machten die Fraktionen deutlich, was sie sich heute erwarten. Die ÖVP wollte unter anderem Hintergründe zu den diversen Bestellungen und Fakten aus erster Hand, sagte Corinna Scharzenberger (ÖVP). Die FPÖ wolle heute das „System Pilnacek“ hinterfragen, kündigte Fraktionsführer Christian Hafenecker an.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sagte, man wolle von Brandstetter mehr zu Einflussnahmen auf Ermittlungen wissen und über die eigene Ernennung zum Verfassungsrichter, die relativ rasch erfolgte und nur zwei Monate nach seiner Regierungsbeteiligung.

Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen, will ebenfalls Brandstetters schnelle Ernennung zum Verfassungsrichter hinterfragen, aber auch zum Themenbereich Postenbesetzungen. Der Ausschuss biete die Möglichkeit, Schlupflöcher aufzuspüren und abzudichten, so Tomaselli – so ein Schlupfloch sei das „System Pilnacek“ gewesen.