RH: Aufsichtsratsbestellungen des Bundes „unzureichend“

„Unzureichend“ ist die Bestellung von Aufsichtsräten durch den Bund, wie der Rechnungshof heute erklärt hat. „In den drei überprüften Ministerien gab es keine objektiven, transparenten, definierten und nachvollziehbaren Prozesse für die Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten für Aufsichtsratsfunktionen“, heißt es in einem heute veröffentlichten Prüfbericht. Auch erfolge die Dokumentation der Entscheidungen nicht oder ungenügend.

Geprüft wurden 166 Aufsichtsratsbestellungen in 20 Unternehmen des Bundes im Wirtschafts-, Finanz- und Verkehrsministerium (später: Klimaministerium) zwischen 2016 und September 2020. „Welche persönlichen und fachlichen Anforderungen Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte erfüllen sollen, wurde in den meisten Fällen vorab nicht festgelegt“, stellte der Rechnungshof fest.

Ausnahmen stellten eine Bestellung im Finanzministerium (BRZ GmbH) und elf Bestellungen im nunmehrigen Klimaschutzministerium (ASFINAG, ÖBB-Holding AG) dar, bei denen mit der Unterstützung externer Beratungsunternehmen die Auswahl anhand eines Kompetenzprofils dokumentiert war.

Schlechte Dokumentation

Warum bestimmte Kandidatinnen und Kandidaten gewählt wurden, war im Wirtschaftsministerium nie, in den anderen beiden Ministerien nur in einem Viertel der Fälle in den Akten dokumentiert. Der Bestellvorgang wurde grundsätzlich erst in den Akten erfasst, wenn die Entscheidung schon gefallen war. „Wie die Auswahl erfolgte, war für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar.“

Viele Aufsichtsräte waren Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der Ministerien. Daraus entstehende Interessenkonflikte wurden aber nicht geprüft. So gab es Konstellationen, wo eine Person im Ministerium für das Unternehmen zuständig war, in dessen Aufsichtsrat sie saß. Oder ein Sektionschef und die an ihn weisungsgebundene Abteilungsleitung saßen gemeinsam in einem Aufsichtsrat.

Was der RH empfiehlt

Der Rechnungshof empfiehlt die Schaffung eines öffentlichen Registers, in dem Kompetenzen und Entscheidungsgründe für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder eingetragen werden. Das könnte die Transparenz erhöhen und würde die Empfehlung der Europäischen Kommission zur Offenlegung der Kompetenzen für börsennotierte Gesellschaften umsetzen.

Auch wäre für Personen, die die Auswahl und Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern im Rahmen ihrer Funktion beeinflussen können, eine Cooling-off-Phase bei der Übernahme einer Geschäftsleitungsfunktion in der betreffenden Gesellschaft einzuführen.

Kritik an Neugestaltung der ÖBAG

Kritik gibt es vom Rechnungshof auch an der Neugestaltung und Besetzung der ÖBAG, die die Beteiligungen des Bundes verwaltet. Beim Umbau von einer GmbH (ÖBIB) in eine AG (ÖBAG) hätten sich gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsmöglichkeiten des Finanzministeriums bei staatlichen Tochtergesellschaften verringert. Der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der ÖBAG musste das Präsidium des ÖBAG-Aufsichtsrats zustimmen.

Daher erhielt die Bestellung des Aufsichtsrats der ÖBAG eine besondere Bedeutung. Die für Beteiligungen des Finanzministeriums zuständige Fachabteilung sei aber in die Rekrutierung und Auswahl der sechs Aufsichtsräte der ÖBAG nicht eingebunden worden. Die Mitglieder der Fachabteilung hätten keine Informationen zur Entscheidungsfindung gehabt.

Interessenkonflikt nicht geprüft

Dieser Aufsichtsrat habe dann aber den Alleinvorstand der ÖBAG, Thomas Schmid, bestellt. Hierbei sei wiederum nicht der potenzielle Interessenkonflikt geprüft worden, dass Schmid als Kabinettschef und Generalsekretär des Ministeriums auf den Auswahlprozess von Aufsichtsratsmitgliedern Einfluss nehmen konnte, die kurz nach ihrer Wahl Schmid zum Alleinvorstand machten.

Auch bei der Bestellung von zwei Aufsichtsräten beim Stromversorger Verbund, der unmittelbar zum Finanzministerium gehört und von der ÖGAB nur per Managementvertrag verwaltet wird, gab es nur Gespräche mit Kabinettsbediensteten ohne Einbindung der für Beteiligungen zuständigen Fachabteilung, vermerkt der RH.

In einem Punkt gibt es Lob: Alle 20 Unternehmen erfüllten Ende 2019 die gesetzliche Vorgabe von 30 Prozent Frauen im Aufsichtsrat, fast die Hälfte die etwas höhere Bundesvorgabe einer Frauenquote von 35 Prozent. „Der Rechnungshof wertet die frauenfördernde Tendenz in allen drei Ministerien positiv“, schreibt der Rechnungshof.