Frau steht in ihrer Wohnung und blickt auf ihr Smartphone
Getty Images/Willie B. Thomas
Sechs Prozent

Richtwertmieten steigen wieder

Grundsätzlich ist bei den Wohnkosten derzeit kein Ende der Fahnenstange in Sicht. Nun steigen mit Freitag, 1. April, auch wieder die beschränkten Richtwertmieten – um fast sechs Prozent. Der Sprung fällt heuer besonders deutlich aus, weil die gesetzlich vorgesehene Erhöhung wegen der Pandemie im Vorjahr ausgesetzt wurde. Ein weiteres Einfrieren ist nicht geplant.

Die Richtwertmiete legt den Betrag fest, der bei einem bestimmten Segment der Wohnungen maximal für einen Quadratmeter verlangt werden darf. Betroffen sind Mietverträge für Altbauwohnungen unter 130 Quadratmetern, die ab 1. März 1994 abgeschlossen wurden und die dem Mietrechtsgesetz unterliegen. Auch ein Teil der Wiener Gemeindewohnungen orientiert sich an der Richtwertmiete. Verglichen mit dem allgemeinen Preisgeschehen auf dem Markt kann der Richtwert für günstige Mieten sorgen, in der Praxis kommen in der Regel noch Zuschläge für Ausstattung und Lage zum Mietzins hinzu.

Auf dem privaten Wohnungsmarkt sind laut Schätzungen des Experten Michael Klien vom Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) etwa 240.000 Wohnungen von Richtwertmieten reguliert, bei rund 50.000 weiteren kommt der Kategoriemietzins zur Anwendung, der vor 1994 geschlossene Mietverträge abdeckt. Auf eine wesentlich höhere Zahl an Betroffenen kommt man, wenn man Gemeindewohnungen und gemeinnützige Wohnungen einrechnet. Die Gemeinden können sich nach den Richtwertmieten richten, müssen aber nicht.

Altbauten in Ottakring
ORF.at/Roland Winkler
Vor allem Wien ist wegen der hohen Altbaudichte betroffen

Jedenfalls müssen die Richtwertmieten per Gesetz bei einer Inflation von über drei Prozent alle zwei Jahre automatisch entsprechend angepasst werden, auch aufgrund der parallel wachsenden Kosten für die oft schwierige Erhaltung der Altbauten. Allerdings hatte die Regierung diese Erhöhung im Vorjahr eingefroren, um angesichts der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen „weitere finanzielle Belastungen für Familien zu verhindern“. Dabei wurde explizit festgeschrieben, dass die Erhöhung im April 2022 nachgeholt werden soll. Zudem soll es auch im April 2023 zu einer Anpassung kommen, danach wieder 2025.

Wien besonders betroffen

Durch dieses Aussetzen fällt die heurige Erhöhung besonders deutlich aus. Laut dem Donnerstag veröffentlichten Bundesgesetzblatt zur Änderung der Richtwertmieten beträgt der Anstieg 5,85 Prozent. Dabei hängt es vom Bundesland ab, wie hoch die Erhöhungen sind.

In Wien wird der Richtwert pro Quadratmeter von bisher 5,81 Euro auf 6,15 Euro steigen. Am höchsten ist der Richtwert in Vorarlberg. Hier springt er von 8,92 Euro pro Quadratmeter auf 9,44 Euro. Wien ist aber aufgrund des Faktors Stadt und der hohen Dichte an Altbauten besonders betroffen. Der Kategoriemietzins (bei Altbaumietverträgen, die vor 1994 abgeschlossen wurden) steigt laut Berechnungen der Arbeiterkammer (AK) um 5,47 Prozent.

Grafik zu Mietpreiserhöhungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AK

Wirksam kann eine Erhöhung bei laufenden Verträgen nur werden, wenn darin eine Wertsicherungsklausel enthalten ist, ansonsten gilt sie nur für Neuverträge. Für vor 1994 abgeschlossene Verträge gelten die Kategoriemieten. Bei Altverträgen können die Mieten bei Vorliegen einer Wertsicherungsklausel ab dem darauffolgenden Monat, also ab Mai, angehoben werden, allerdings gibt es Formerfordernisse für die Vermieter.

„Dok 1: Wohnen wird Luxus: Wer kann sich das noch leisten?“

Wohnen hat sich über die letzten Jahre für viele Menschen zu einem nervenaufreibenden Thema entwickelt. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Mietwohnungen in Österreich hat sich seit 2005 mehr als verdoppelt, obwohl Löhne und Gehälter vergleichsweise kaum angestiegen sind. Während zahlreiche Personen mühselig nach finanzierbarem Wohnraum suchen, stehen teure Wohnungen und Häuser leer. Das führt unweigerlich zur Frage: Ist Wohnen ein Luxus geworden? Um dieser Frage nachzugehen, reist Lisa Gadenstätter durch Österreich und trifft sich mit verschiedensten Akteurinnen und Akteure rund um das Thema.

SPÖ, FPÖ und Sozialpartner für weiteren Stopp

SPÖ, FPÖ, Gewerkschaft und Wirtschaftskammer hatten zuletzt gefordert, die Mieterhöhung um ein weiteres Jahr auszusetzen. Das hätte allerdings aufgrund der aktuell sehr hohen Inflation dazu geführt, dass im April 2023 dann ein Sprung von zehn Prozent oder mehr angestanden wäre.

Trotzdem erneuerte die SPÖ am Donnerstag ihre Forderung nach einem Teuerungsstopp, und zwar für alle Mietverträge. Die Partei warnte vor einem Anstieg der Mieten für etwa eine Million Haushalte im Umfang von jährlich 140 Mio. Euro. Viele Menschen seien schon jetzt durch die hohen Energie- und Lebenserhaltungskosten stark belastet.

Kritik an den Mietpreisen von SPÖ

Die SPÖ hat am Donnerstag angesichts der Erhöhung der Richtwertmieten weitgreifende Änderungen beim Mietrecht gefordert.

Die Erhöhungen sollten ausgesetzt werden, bis es ein neues Mietrecht gebe. Die SPÖ verwies auf ihre Pläne für ein Universalmietrecht, das einheitlich für alle mit Gewinn vermietbaren Mietwohnungen gelten soll, die älter als 20 Jahre sind – mit klar geregelten Zu- und Abschlägen. Zudem will die SPÖ die Abschaffung von befristeten Mietverhältnissen, außer bei Eigenbedarf.

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) kritisierte die SPÖ für ihren Vorstoß und verwies darauf, dass die Partei noch im Vorjahr gemeinsam mit ÖVP und Grünen dafür gestimmt hatte, dass es ab 2023 wieder Erhöhungen geben soll. Der ÖHGB verwies darauf, dass es Planungssicherheit für Mieter und Vermieter brauche.