Egal ob in Politik, in den verschiedenen Sektoren der Wirtschaft oder als Privatperson: Der nun veröffentlichte dritte Teil des IPCC-Berichts enthält detaillierte Hinweise, wie der Klimawandel doch noch gebremst werden kann. Einig sind sich die Fachleute, dass dafür kaum noch Zeit bleibt: Will man die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter eindämmen, müsse man jetzt handeln, heißt es.
Konkret bedeutet das: Bis 2025 muss der Höhepunkt der weltweiten Emissionen erreicht sein, bis 2030 der Ausstoß der Treibhausgase um 43 Prozent gesenkt werden. Auch der Methanausstoß muss dafür um etwa ein Drittel reduziert werden.
Wandel auf dem Energiesektor muss kommen
Eine der wohl größten Aufgabe wird es sein, den Energiesektor neu aufzustellen. Die Forscherinnen und Forscher lassen keinen Zweifel daran, dass ein grundlegender Wandel erforderlich ist. Das bedeutet vor allem einen Wechsel von fossilen Brennstoffen, deren Verbrauch drastisch reduziert werden soll, auf emissionsarme Energiequellen. Das schließt auch einen Wechsel auf alternative Energieträger ein.

Der IPCC-Bericht weist darauf hin, dass die Preise für erneuerbare Energie deutlich gesunken sind. Dennoch ist der Anteil klimafreundlicher Energiequellen immer noch recht klein. Im Ukraine-Krieg ist das Thema erneut aufgekommen, wegen der Abhängigkeit von Russland – weswegen Umweltorganisationen wie der WWF das „Zeitalter der fossilen Energie“ für beendet erklären. Das würde aber auch einen Abschied von Kohlekraftwerken einschließen, die angesichts des Krieges jetzt wieder vergleichsweise hoch im Kurs steht.
Städte mit viel Potenzial
Viel Potenzial für Veränderung gibt es aber auch in Städten. Urbane Gebiete sollen aus Sicht der Fachleute ihren Verkehr auf Strom umstellen und dafür emissionsarme Energiequellen nutzen. Parks und Freiflächen, Feuchtgebiete und urbane Landwirtschaft können CO2 aufnehmen und speichern und zudem das Risiko für Hochwasser und innerstädtische Hitzeinseln verringern.
Auch eine grundlegende Änderung der Infrastruktur könnte zu einer deutlichen Verringerung von Emissionen führen. So heißt es in dem IPCC-Bericht, dass man Arbeitsplätze und Wohnungen zusammenlegen könne, um „eine kompakte Stadtform“ zu erreichen. Außerdem solle man nicht nur den öffentlichen Verkehr verdichten, sondern auch gezielt nicht motorisierten Verkehr – sprich: etwa zu Fuß gehen und Rad fahren – fördern.
Gebäudeemissionen im Visier
Doch nicht nur bei der Infrastruktur, auch beim Bau gibt es viel Einsparungspotenzial, heißt es laut IPCC. Ziel bei Neubauten und Nachrüstungen soll es sein, Emissionen zu minimieren. Dabei können Form und Funktionalität eine Rolle spielen, um Gebäude an die sich ändernden Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner anzupassen. Leerstehende Häuser sollen umgenutzt werden. Vor allem in Entwicklungsländern gibt es laut Bericht viele Möglichkeiten, Emissionen einzusparen.
Seit 1990 haben die Emissionen ausgehend von Wohnhäusern um rund 50 Prozent zugenommen, heißt es weiter. Größere Pro-Kopf-Wohnflächen, das Bevölkerungswachstum und die stark gestiegene Stromnutzung sollen für diese Zunahme gesorgt haben. Effizienzsteigerungen konnten nur einen Teil davon ausgleichen.
Elektrisch betriebene Fahrzeuge als die Zukunft
Beim Verkehr herrscht große Einigkeit darüber, dass Elektrofahrzeuge viel zur Einsparung von Emissionen beitragen können. Auf dem Boden haben sie laut IPCC-Bericht sogar das größte Einsparungspotenzial – wenn sie mit Strom mit entsprechend niedrigen Emissionen fahren. Auch Biokraftstoffe könnten zumindest kurz- und mittelfristig eine Rolle spielen.

Diese spielen auch in der Luft- und Schifffahrt eine wesentliche Rolle. „Nachhaltige Biokraftstoffe, emissionsarmer Wasserstoff und Derivate“ könnten zur Besserung beitragen, heißt es. Gleichzeitig wird jedoch darauf verwiesen, dass es Verbesserungen bei den Produktionsverfahren geben müsse – und eine entsprechende Senkung der Kosten.
Industrie als Herausforderung
Auch in der Industrie wird ein Umdenken nötig sein. Im IPCC-Bericht werden Netto-null-Emissionen als „herausfordernd, aber möglich“ bezeichnet. In diesem Sektor sollen Materialien effizienter genutzt werden, etwa über die Wiederverwendung und das Recycling von Produkten sowie die Minimierung von Abfällen. Es brauche neue Produktionsverfahren, emissionsarme oder -freie Elektrizität, den Einsatz von Wasserstoff und eine CO2-Speicherung. Viele Produktionsprozesse mit deutlich geringerer bzw. ganz ohne Emission von Treibhausgasen seien bereits in Pilotphasen, manche von ihnen kurz davor, kommerziell eingesetzt zu werden. Diese könnten die Herstellung zwar verteuern, aber dafür nicht vernachlässigbare Auswirkungen auf die Emissionen haben, heißt es.

Auch im Hinblick auf die Land- und Forstwirtschaft heißt es in dem Bericht, dass große Einsparungen möglich sind. Vor allem die „Erhaltung, verbesserte Bewirtschaftung und Wiederherstellung von Wäldern und anderen Ökosystemen (Feuchtgebiete an der Küste, Torfgebiete, Savannen und Grasland)“ leisten dabei den größten Anteil. Die Verringerung der Abholzung in tropischen Regionen soll den größten Effekt haben.
Die große Frage nach der Umsetzung
Das Einsparungspotenzial wird im IPCC-Bericht sehr deutlich angeführt – und auch die Frage, welche Maßnahmen konkret nötig sind. So wird etwa auch die nicht unumstrittene Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre (Negativemissionen), etwa mit Hilfe technischer Lösungen, erwähnt, um das Ziel zu erreichen. Aber auch die „einfache“ Einsparung von Energie, an der sich Jeder und Jede beteiligen kann, ist Thema.
Klar ist, dass es für diese Änderung zahlreiche politische Entscheidungen brauchen wird – und freilich auch Geld in die Hand genommen werden muss. Doch die Auswirkungen auf die Bruttoinlandsprodukte (BIP) sind laut IPCC minimal. Selbst wenn sämtliche Lösungsansätze in dem Bericht umgesetzt würden, rechnen die Experten nur mit einem Unterschied von wenigen Prozent – bei einer gleichzeitig erwarteten Verdoppelung der Bruttoinlandsprodukte bis zum Jahr 2050.
Braucht Systemwandel, keine Korrektur
Mit Anpassungen, Korrekturen und dem Drehen an einzelnen Stellschrauben lässt sich gegen die Erderwärmung nicht ankommen, sagte der Klimaforscher Georg Kaser gegenüber der APA. Es werde immer klarer, dass es einen „Systemwandel“ braucht.
Es sei schön, dass die Experten nach Durchsicht der verfügbaren Daten „Es geht!“ zu dem Ziel sagen, die Erderwärmung auch noch unter einem Plus von 1,5 Grad Celsius zu halten. Es scheitere „im Prinzip aber am politischen Willen und sozusagen am kulturellen Begreifen“, so der frühere Dekan der Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck. Er sehe weiter große Barrieren in vielen Institutionen gegenüber notwendigen Veränderungen.
Experte sieht auch Österreich in der Pflicht
Klar sei auch die Botschaft, dass der große Umfang an benötigter erneuerbarer Energie zum Umschwenken nicht so bald bereitstehen wird und es daher „auch stark um die Reduktion des Energiekonsums geht“. Hier sei erwähnenswert, dass der Bericht stark darauf verweist, dass die finanziellen Mittel für echte Systemveränderungen zwar ausreichend da wären, bisher aber nicht in diese Richtung fließen.
Stark in der Pflicht sieht der Experte hier reiche Industrieländer wie Österreich, die einerseits viel zur aktuellen Situation beitragen und andererseits über relativ hohe Pro-Kopf-Einkommen verfügen. Man müsse auch darauf achten, dass die Veränderung sozial gerecht ablaufe. Das zu begreifen, seien Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft einmal mehr gefordert.