Siegfried Wolf im ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Wenige Antworten trotz vieler Fragen an Wolf

Die mit Spannung erwartete Befragung des heimischen Investors Siegfried Wolf hat weniger Antworten geliefert als von einigen wohl erhofft. Wegen laufender Ermittlungen wollte Wolf nichts zu der Steuercausa sagen. Auch beim Themenkomplex ÖBAG schwieg er. Selbst die Zulässigkeit von Fragen zu Spenden wurde zwischenzeitlich angezweifelt. Hingegen kritisierte der Unternehmer ausführlich die Berichterstattung.

In seiner einführenden Stellungnahme erklärte Wolf, dass er sich einem „Tsunami“ an Falschinformationen über seine Person ausgesetzt sehe. Infos aus seinem Steuerakt und Details seiner Kommunikation seien aus dem Zusammenhang gerissen, es werde ein Bild gezeichnet, „das in keinster Weise“ der Realität entspreche.

Er habe immer mit allen Parteien und verschiedenen Regierungen zusammengearbeitet und sei in der Steiermark, in Niederösterreich und in Wien für seine Verdienste ausgezeichnet worden. Er sei auch Mitglied der SPÖ Wien gewesen – auch deshalb sagte er einmal in Richtung Kai Jan Krainer (SPÖ) „in Freundschaft“, wie er auf Nachfrage ausführte.

Wolfgang Sobotka (ÖVP)
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Den Vorsitz führte bis ca. 13 Uhr wieder Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Er sei aber kein Politiker und habe sich niemals instrumentalisieren lassen, so Wolf, der sich im Laufe der Befragung mehrfach über eine unfaire Behandlung seiner Person beklagte, gerade durch die Medien. Er sei sich seiner Person nicht mehr sicher, „und eine ganze Republik schaut zu“. Er frage sich, wo der Staatssicherheitsdienst für den Schutz von Personen und Eigentum sei, wenn er, Wolf, digital beschimpft und seine Hauswände beschmiert werden.

Keine Antworten zu ÖBAG

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wollte in seiner Erstbefragung dann wissen, ob Wolf wisse, dass die Aufsichtsratsposten der ÖBAG nach parteipolitischen Aspekten besetzt werden sollten – hier verwies Wolf auf eine entsprechende Passage seiner Stellungnahme, wonach er sich bei der Möglichkeit einer Strafverfolgung wegen falscher Zeugenaussage entschlagen werde. Der Entschlagung wurde stattgegeben, wegen einer bereits erfolgten Zeugenaussage Wolfs.

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl
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Verfahrensrichter Pöschl fragte Wolf nach der ÖBAG – und bekam auch keine Antwort

Pöschl folgerte, dass Wolf sich bei sämtlichen Fragen zur ÖBAG entschlagen werde – so geschah es dann auch. Wolf verwies, wenn, dann auf eine Passage aus seiner Stellungnahme, wonach er Aufsichtsratschef der ÖBAG-Vorgängerorganisation ÖIAG war, und in diesem Zusammenhang „jede Menge Kontakte“ mit Politikern und auch mit dem späteren ÖBAG-Chef Thomas Schmid hatte, davor Generalsekretär im Finanzministerium.

Er habe den damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) zu einer möglichen Strukturierung der ÖBAG beraten, habe aber wohl schon zu viele Mandate gehabt, um selber ein ÖBAG-Mandat zu erhalten, schlussfolgerte Wolf. Aus der ÖIAG sei er vom ehemaligen Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) „rausgeschmissen“ worden, weil er „nicht steuerbar“ war, erklärte Wolf später. Die ÖBAG sei ein vernünftiges Beteiligungsvehikel.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Stephanie Krisper fragte nach einer russischen Auszeichnung für Wolf

Auf die Frage von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper nach Wolfs russischer Auszeichnung, dem Orden der Freundschaft, entgegnete Wolf, dass Russland kein Untersuchungsgegenstand sei – und wenn Krisper, wie sie selbst sagte, „eh“ wisse, dass er diese Auszeichnung habe, „warum fragen Sie dann?“ Damit es Thema werde, entgegnete Krisper. Krispers Frage nach einem Chat zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Löger über einen „späteren Switch“ in der ÖBAG und einem nachfolgenden Treffen mit Wolf wollte er auch nicht beantworten.

Melchior als Golfcaddy kennengelernt

SPÖ-Fraktionsführer Krainer wollte dann wissen, ob Wolf Wahrnehmungen habe, dass es Ermittlungen oder ein Strafverfahren gegen ihn wegen des Transports von Gold über eine Grenze gibt – Wolf entschlug sich. Auch die Frage nach einem Chat mit Schmid („ich kämpfe auch für euch mit allen Mitteln“) wollte Wolf wegen laufender Ermittlungen nicht beantworten.

Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) und Kai Jan Krainer (SPÖ)
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Krainer und Wolf werden offenbar keine Freunde mehr, zeigte sich im Ausschuss

Den späteren ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior habe er als Golfcaddy in Ferialtätigkeit im Golfclub Fontana in Niederösterreich kennengelernt, so Wolf auf eine entsprechende Frage Krainers. Er könne sich nicht erinnern, was er mit Melchior bei einem späteren Mittagessen in ebendiesem Golfclub besprochen haben könnte, antwortete Wolf merkbar enerviert. Womöglich habe er Melchior auch mehrfach getroffen, fügte Wolf hinzu, er könne sich aber nicht erinnern. Er selbst habe aber niemals einer Partei etwas gespendet.

Großes Treffen in St. Petersburg

Die Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli fragte nach einem Treffen in St. Petersburg mit dem damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling – dabei sei es um die größte Wirtschaftsveranstaltung nach Davos gegangen, führte Wolf nach einer Entschlagung, der nicht stattgegeben wurde, aus. Er sei nicht pausenlos bei Schelling gewesen, aber er meine sich erinnern zu können, dass dieser zumindest den russischen Finanzminister getroffen habe, wahrscheinlich auch andere Minister.

Susanne Fürst (FPÖ)
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Susanne Fürst von der FPÖ wollte wissen, ob Wolf tatsächlich einst Mitglied der SPÖ war – er bejahte

Er könne sich aber nicht an alle erinnern, er sei öfter eingeladen, er sei ja auch Arbeitergeber Tausender in Russland. Womöglich sei auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka „drüben“ gewesen. Er selbst sei aber nur „gelernter Werkzeugmacher“, er kenne sich bei juristischen Spitzfindigkeiten nicht aus, so Wolf auf die Frage, ob er bei den vier Besuchen von Kurz (als Minister und Bundeskanzler, Anm.) in Russland involviert oder informiert war.

Hitzige Stimmung

Wolf monierte, es werde ihm unterstellt, dass er für Kurz nur tätig wurde, um persönliche Begünstigungen etwa bei Steuern oder einem weiteren Aufsichtsratsmandat zu erhalten. Seinem Antrag auf Entschlagung gab der Verfahrensrichter statt. Bei vielen Fragen konnte sich Wolf auch nicht erinnern, etwa ob er beim Besuch von Wladimir Putin in Österreich im Juni 2018 dabei war.

Siegfried Wolf im ÖVP Untersuchungsausschuss
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Wolf war streckenweise merkbar genervt und ließ das die Abgeordneten auch spüren

Im Laufe der Befragung wurde Wolf merkbar grantiger, stellte seinerseits (nicht vorgesehene) Fragen an die Abgeordneten und sah sich als erfolgreicher Wirtschaftstreibender grundsätzlich falsch behandelt bzw. „besudelt“ und provoziert. Die Stimmung heizte sich zwischenzeitlich so weit auf, dass Norbert Hofer, der mittlerweile den Vorsitz übernommen hatte, zur allgemeinen Mäßigung aufrief.

Millionennachlass in Steuercausa Wolf

Im Raum steht, dass Schmid als damaliger Generalsekretär im Finanzministerium Wolf einen großzügigen Nachlass von Steuerschulden ermöglicht haben soll: Wolfs Steuernachzahlung wurde von elf Millionen auf sieben Millionen reduziert. Eine, mittlerweile suspendierte, Finanzbeamtin soll den Steuerschuldnachlass trotz anderslautender Empfehlung abgenickt haben. Ihr soll für ihr Engagement ein besserer Posten in Aussicht gestellt worden sein.

Siegfried Wolf im ÖVP Untersuchungsausschuss
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Wolf kam nach mehrfacher Ladung in den Ausschuss

Wolf selbst soll laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Ministerium für eine Senkung seiner Steuerschuld lobbyiert haben, Schmid gewährte ihm zudem einen weiteren – mittlerweile aufgehobenen – Nachlass auf die für die Steuerschuld fälligen Zinsen. Gegen den Investor wird wegen Bestechung ermittelt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Wolf selbst wollte dazu nicht Stellung nehmen, er sagte nur, dass er Vertrauen in den Rechtsstaat habe.

„Fragwürdige“ Dinge in Steuercausa

Gemäß bisherigen Aussagen von mit der Steuersache Wolf beschäftigten Personen im Ministerium und im zuständigen Finanzamt war das Engagement vor allem von Schmid als Generalsekretär in der Sache ungewöhnlich. Der zuständige Sektionschef im Ministerium, Gunter Mayr, sagte im März im Ausschuss aus, dass einige Dinge in der Causa „unüblich“ und „fragwürdig“ abgelaufen seien.

Laut seiner Einschätzung war der gewährte Steuernachlass von drei Millionen nicht gerechtfertigt, wegen des von Schmid bewilligten Nachlasses auf die rund 630.000 Euro Zinsen – dem Mayr auch hätte zustimmen müssen – reichte Mayr schließlich eine Anzeige ein. In Erinnerung war Mayr laut seinen Aussagen auch, dass Schmid einmal bemerkt habe, dass Wolf „in Russland“ nützlich sein könnte.

Zahlreiche Aufsichtsratsmandate

Der ehemalige Magna-Manager Wolf und mehrfache Aufsichtsrat, darunter beim ÖBAG-Vorgänger ÖIAG, der STRABAG, einer Firma des Oligarchen Oleg Deripaska sowie der Sberbank, kaufte im Juni 2021 die Lkw-Fabrik von MAN in Steyr. Sein Aufsichtsratsmandat bei Deripaskas Firma Russian Machines hat Wolf laut eigenen Angaben nicht mehr, bei der Sberbank habe die noch nicht abgehaltene Hauptversammlung und die damit nicht erfolgte Entlastung seinen finalen Rückzug bisher verhindert, so Wolf im Ausschuss auf Nachfrage. Insgesamt hat Wolf zehn Aufsichtsratsmandate, wobei zwei Sitze als Aufsichtsratsvorsitzender als je zwei Mandate gelten.