ÖVP-U-Ausschuss: Blümels Akten als „Blackbox“ für Hofburg

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss befragt derzeit den Leiter der Gruppe Recht in der Präsidentschaftskanzlei von Alexander Van der Bellen, Georg Frölichsthal. Ihn hat die ÖVP geladen, da er sich angeblich skeptisch bezüglich der Exekution im Finanzministerium wegen nicht erfolgter Aktenlieferungen an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss geäußert hatte.

Die Opposition sah die Ladung in Sachen Erkenntnisgewinn skeptisch, die FPÖ äußerte die Ansicht, dass die Auskunftsperson von der ÖVP wohl als „Entlastungszeuge“ für Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) geladen wurde. Nur der erste Teil der Befragung verlief medienöffentlich. Nach gut eineinhalb Stunden wurde die Sitzung in einen vertraulichen Teil überführt – wie in solchen Fällen üblich in einen abhörsicheren Raum und ohne Anwesenheit der Medien.

„Riesige weiße Landkarte vor uns“

Gleich eingangs zu den Aktenlieferungen befragt, beschrieb Frölichsthal die Aktenlieferung als „Blackbox“. Er gab an, inhaltlich für die Umsetzung des Antrags des VfGH zuständig gewesen zu sein. Doch habe man nicht gewusst, was bei der ersten Lieferung bzw. bei den Nachlieferungen geliefert wurde. „Das war ein bisschen eine Blackbox“, so Frölichsthal.

Georg Frölichsthal im ÖVP Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Es war „eine riesige weiße Landkarte vor uns“, schließlich habe es diesen Fall noch nie zuvor gegeben. „Das war ein einmaliger Vorgang, wir mussten unsere Fantasie spielen lassen“, so Frölichsthal. Ab Ende April habe man sich vorbereitet, denn man habe von den Vorgängen gewusst und man habe sich darauf vorbereiten müssen, dass der Bundespräsident irgendwann handeln werde müssen. Gefragt nach Einflussnahmen auf die Präsidentschaftskanzlei, gab er ein, diesbezüglich „überhaupt keine Wahrnehmungen“ zu haben.

Oftmaliger Verweis auf vertrauliche Sitzung

Die SPÖ legte bei ihrer Befragung ein von Fraktionschef Kai Jan Krainer verfasstes Dokument vor, das in unterschiedlichen Geheimhaltungsstufen vorliegt. Und sogleich zeigte sich, wie die Befragung verlaufen werde. Der Beamte bestätigte den Eingang des Schreibens in der Präsidentschaftskanzlei, über die interne Bearbeitung werde er nur in vertraulicher Sitzung berichten, gab er an. Auch ging es um die Frage, ob die Auskunftsperson Kontakt mit dem Ministerium gehabt habe. Er habe keinen Kontakt gehabt, der nicht veraktet wurde.

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer ortete im Verlauf der Befragung „Geheimniskrämerei“, denn die Auskunftsperson berief sich wiederholt auf als vertraulich klassifizierte Akten – die Präsidentschaftskanzlei habe den Großteil als „vertraulich“ eingestuft und das auch begründet. Daraus ergab sich der Hinweis der Auskunftsperson, dass er Fragen nur in vertraulicher Sitzung beantworten werde („Ich bin an die Klassifizierung gebunden“).

„Habe dann etwas hoffentlich Sinnvolles daraus zu machen“

Gefragt nach einer Kontaktaufnahme zwischen Nationalpräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und ihm sagte die Auskunftsperson, dass es nie Kontakt gegeben habe. Es ging um eine E-Mail an den Beamten, in der auf ein Gespräch von Sobotka und dem Bundespräsidenten von 7. Juli Bezug genommen wird. Er sei bei solchen Gesprächen nicht dabei, „ich bekomme die Dinge dann übersandt und ich habe dann etwas hoffentlich Sinnvolles daraus zu machen“, sagte Frölichsthal, der sich als „Möbelstück“ in der Präsidentschaftskanzlei bezeichnete (er ist sein 1999 ebendort tätig). Interventionen seien ihm keine bekannt, wie er auf Frage der Grünen sagte.

Die ÖVP verwies auf den Umstand, dass die Verfahren gegen Blümel und den Leiter der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, zur Aktenlieferung mangels Anfangsverdachts eingestellt wurde. (Peschorn war nie Beschuldigter, die WKStA legte die Anzeige zurück). Generell würden Anzeigen vor allem seitens SPÖ und NEOS als „politisches Kampfinstrument eingesetzt“, sagte Fraktionsvorsitzender Andreas Hanger eingangs, als er auf die Einstellung diverser Verfahren gegen ÖVP-Vertreter verwies.

„Extrem ungewöhnlich“

Peter Weidinger (ÖVP) stellte dann in der Sitzung die Fragen, er sprach die Auskunftsperson auf Non-Papers an – drei solcher Papiere habe man in seinen Unterlagen gefunden. Da habe er vom Büroleiter etwas bekommen mit der Aufforderung, er solle sich das anschauen, so die Auskunftsperson. Das habe er getan, einen Auftrag habe er nicht bekommen. Es habe ihn nicht gewundert, denn beim Verfahren sei alles seltsam gewesen, gab er sinngemäß an. Generell habe man bewusst versucht, den Kreis eng zu halten, „denn die ganze Bundesexekution war sehr heikel und extrem ungewöhnlich“.

Peschorn kommt am Nachmittag

Nach Frölichsthal wird Peschon Rede und Antwort stehen. Die Opposition erhofft sich vom ehemaligen Innenminister im Kabinett Bierlein Erkenntnisse zu diversen Ermittlungen, etwa im „Ibiza“-Verfahren und zu Vorgängen im Finanzministerium. Peschorn war auch Vermittler des Finanzministeriums, was Aktenlieferungen an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss angeht.

Peschorn sei eine „interessante Auskunftsperson“, sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer (SPÖ) eingangs, der Chef der Finanzprokuratur sei während der „Schredder-Affäre“ Innenminister gewesen, auch sei damals die „SoKo Tape“ zusammengesetzt worden, Peschorn werde man Fragen zu dieser „ÖVP-Ermittlertruppe“ stellen. Auch Fragen zur Inseratenaffäre werde man stellen, auch solle Peschorn zu stockenden Aktenlieferungen in den U-Ausschuss Stellung nehmen.

Der Fokus der Grünen bei der Befragung Peschorns werde auf das Vertragsverhältnis von Bernhard P. bei der ABBAG (Abbaubeteiligungsgesellschaft des Bundes) liegen, Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli verwies auf eine sehr hohe Gage für P. – dessen Tätigkeiten dafür wolle man zusammen mit Peschorn erörtern. P. habe auch andere Jobs gehabt, etwa im Kabinett des Finanzministeriums oder in ÖBAG und COFAG. Der Finanzprokuratur seien diese Vertragsverhältnisse „sauer aufgestoßen“, dazu werde man Peschorn auch befragen.

Die FPÖ wolle Peschorn zum „Beinschab-Tool“ befragen, so Mandatar Christian Ries eingangs, man wolle erörtern, welcher Schaden der Republik und dem Steuerzahler entstanden ist. Auch Postenbesetzungen innerhalb der ÖBAG würden zum Thema gemacht. Peschorn sei der Prototyp eines „integren Beamten“, weswegen man sich auch Auskünfte erwarte.