Rekruten des österreichischen Bundesheeres
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Nach Verzögerung

Bundesheerspitze erhält neue Struktur

Nach einer längeren Verzögerung hat die Regierung die neue Bundesheerreform beschlossen. Der Beschluss erfolgte am 8. April auf dem „Zirkulationsweg“, wie es im Protokoll auf der Homepage des Bundeskanzleramtes heißt. Der mächtige Posten des Generalstabschefs wurde bereits ausgeschrieben.

Kern der Reform ist eine Verschlankung der Führungsstruktur und die Trennung von Verwaltung und militärischer Führung. Aus bisher fünf Sektionen in der Zentralstelle werden künftig drei Direktionen, auch der Personalstand im Ministerium schrumpft. In dem Ministerratsvortrag spart Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nicht mit großen Versprechen: „Langfristig wird die Verwaltung damit schlanker, schneller und agiler und die Truppe gestärkt.“

Zuletzt hatte es Kritik an der geplanten Reform gegeben. Der frühere Verteidigungsminister und nunmehrige Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Thomas Starlinger, stieß sich daran, dass bei der neuen Struktur die strategischen, operativen und taktischen Ebenen verschmolzen werden. Für eine solche militärische Struktur gebe es international keine Vorbilder.

Verteidigungsministerin Claudia Tanner
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Mit der Reform will Verteidigungsministerin Tanner eine „schlankere“ Bundesheerstruktur

Verteidigungsministerium: Starlinger trägt Reform mit

Durch die vielen verschiedenen Direktorate, die den drei Generaldirektionen unterstehen, „verkomplizieren“ sich außerdem die Arbeitsbeziehungen, sagte Starlinger. Das sei ihm schon von anderen Kommandanten und „einigen Direktoren“ bestätigt worden. Dass die Direktorate auf drei Standorte aufgeteilt werden, nämlich Wien, Graz und Salzburg, gefährde „eine praktikable Einsatzführung im höchsten Ausmaß“, kritisierte Starlinger.

Tanner zeigte sich jedenfalls über den Beschluss der ÖVP-Grünen-Regierung erfreut. Das Verteidigungsministerium verwies zudem darauf, dass Starlinger in die Reform eingebunden wurde und sich nun zu dieser bekenne. Es sei eine „Resolution“ des Generalstabes zur Reform unterzeichnet worden, in der sich alle Generäle, darunter auch der Adjutant des Bundespräsidenten, zur Umsetzung bekannten. „Weiters hat Generalmajor Thomas Starlinger bereits im März seine Zustimmung zur Umsetzung abgegeben.“

Generalstabschef mit Doppelfunktion

Konkret sieht die Reform folgendermaßen aus: Der Generalstabschef bekommt eine Doppelfunktion: Er ist als Person Teil des Ministeriums und gleichzeitig Generaldirektor für Landesverteidigung. Das Ministerium besteht künftig aus dem Kabinett inklusive Generalsekretär, darunter folgen zwei zivile Generaldirektionen: eine für Personalführung und Budget zuständige Präsidialdirektion und eine für Recht, Diplomatie und Kommunikation zuständige Direktion für Verteidigungspolitik.

Darüber hinaus wird eine Direktion Revision und Disziplinar- und Beschwerdewesen gebildet. Die Umstellung auf Direktionen wird von den Zuständigen im Ressort als Anpassung an internationale Standards bezeichnet.

Generaldirektion acht weitere Direktionen unterstellt

Die vom Generalstabschef geführte Generaldirektion für Landesverteidigung ist Teil des Ministeriums und des Bundesheeres zugleich. Ihr werden in Form von acht weiteren Direktionen alle Fachbereiche der Truppe unterstellt, zudem ist ihr die Direktion Fähigkeiten- und Grundsatzplanung zugeordnet.

Aus dem Kommando Streitkräfte wird die Direktion Einsatz, die Luftkomponenten werden in der Direktion Luftstreitkräfte zusammengeführt, in der Direktion Ausbildung werden alle Ausbildungskomponenten gebündelt, das Kommando Streitkräftebasis wird zur Logistikdirektion, es folgen noch die Direktion Beschaffung, IKT und Cyber, Infrastruktur und militärisches Gesundheitswesen. Alle Führungspositionen werden dabei neu ausgeschrieben.

Geschäftseinteilung tritt im Mai in Kraft

Die Struktur der Streitkräfte auf der Ebene Militärkommanden, Brigaden und Heereslogistik bleibt grundsätzlich unverändert. Alle bisher dem Kommando Streitkräfte bzw. Kommando Streitkräftebasis zugeordneten Organisationselemente, aber auch die Akademien, das Amt für Rüstung und Beschaffung, das Amt für Rüstung und Wehrtechnik sowie das Militärische Immobilienmanagement werden der Generaldirektion für Landesverteidigung zugeordnet.

Der ehemalige Verteidigungsminister Thomas Starlinger
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Heute ist der frühere Verteidigungsminister Starlinger Van der Bellens Berater

Dem Chef des Generalstabes unmittelbar zugeordnet bleiben das Heeresnachrichtenamt und das Abwehramt. Die neue Geschäftseinteilung wurde bereits mit 1. Juli 2021 eingenommen und tritt wohl mit 1. Mai dieses Jahres in Kraft.

Starlinger oder Striedinger?

Wer die Leitung der Generaldirektion übernehmen soll, ist freilich noch nicht fix. Laut einem „Standard“-Bericht vor einigen Wochen soll Rudolf Striedinger, Tanners einstiger Generalstabschef, ein Auge auf den mächtigen Posten geworfen haben. Derzeit leitet er die Gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination (GECKO). Früher war der Generalmajor Abwehramtschef. Aber auch Van der Bellens Adjudant Starlinger soll Interesse am Job haben, berichtete das Medium.

Vor wenigen Wochen wurde der Posten des Generalstabschefs ausgeschrieben, weil Robert Brieger als Leiter des Militärausschusses der EU nach Brüssel wechselt. Bis 20. April können sich Kandidaten für die Nachfolge bewerben. Voraussetzungen (unter anderem): besondere Kenntnisse in Sicherheits-, Verteidigungs- und Militärpolitik, national wie international.

Kritik von der FPÖ

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch forderte in einer Aussendung am Sonntag eine rasche Evaluierung der Reform und zeigte sich sehr kritisch, was diese betrifft. „Eine Zentralstellenreform, die eine Fusionierung der militärischen strategischen Ebene mit der Führungsebene hin zu Direktionen zum Ziel hat, zerstört die künftige Einsatzführungsfähigkeit des österreichischen Bundesheers“, sagte Bösch.

„Es drängt sich nun der Verdacht auf, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung deshalb an das Bundesministerium für Inneres angeglichen werden soll, um endlich die alte ÖVP-Idee eines einzigen Sicherheitsministeriums verwirklichen zu können.“ Die Welt ist seit dem 24. Februar eine andere geworden. „Was das Bundesheer jetzt braucht, sind Kommandanten und keine Direktoren“, so Bösch.