Marktbesucher mit Masken in Philadelphia, USA
AP/Matt Rourke
CoV-Fälle nehmen zu

BA.2 zwingt Teile der USA zum Gegensteuern

Die Omikron-Subvariante BA.2 führt momentan zu einer Trendumkehr in den USA. Die Fallzahlen steigen wieder, je nach Region teils deutlich. Nach einigen Universitäten reagierte zuletzt auch die 1,6 Mio. Einwohner zählende Stadt Philadelphia, die kommende Woche zur Maskenpflicht in Innenräumen zurückkehrt. Für den neuen Krisenmanager im Weißen Haus, Ashish Jha, könnte das zur ersten großen Herausforderung werden. Er rief zur Vorsicht auf.

„Es war wunderbar, dieses Gefühl von Normalität zu spüren“, so die Gesundheitsbeauftragte der Stadt Philadelphia, Cherly Bettigole. Die Stadt beendete die Maskenpflicht am 2. März – eineinhalb Monate später kündigte die Stadt nun die Rückkehr zur Maske in Innenräumen an.

Die Zahl der Fälle sei innerhalb von zehn Tagen um fünfzig Prozent gestiegen, so Bettigole, das sei die Grenze, ab der Masken wieder vorgesehen sind. Man wisse, „dass auf jede frühere Infektionswelle eine Welle von Krankenhauseinweisungen und dann eine Welle von Todesfällen folgte“, so Bettigole. Wenn man jetzt nicht reagiere, „wird es für viele unserer Einwohner zu spät sein“.

Anstieg auch in Washington und New York

Auch in anderen Städten steigen die Zahlen: Die „New York Times“ berichtete etwa von einer Verdoppelung der Fälle in der Hauptstadt Washington und eine Steigerung um sechzig Prozent in New York seit der letzten März-Woche. Auf die höheren Fallzahlen reagierten auch einige Universitäten im Nordosten des Landes und führten die Maskenpflicht wieder ein.

Hinweisschild zur Maskenpflicht in in Philadelphia, USA
AP/Matt Rourke
Die Maskenpflicht ist in Philadelphia nun wieder Thema

In absoluten Zahlen ist das Niveau in den USA aus österreichischer Sicht aber immer noch extrem niedrig: Philadelphia, etwas kleiner als Wien, meldete durchschnittlich rund 140 Fälle pro Tag – in Wien wurden zuletzt deutlich über 2.000 Fälle pro Tag bestätigt, allerdings wird in Österreich auch deutlich mehr getestet.

New York tritt bei Lockerungen auf die Bremse

In New York bremst man dennoch bei den Lockerungen: Bürgermeister Eric Adams stoppte geplante Öffnungsschritte und wird nun etwa bei der Maskenpflicht für Zwei- bis Vierjährige in Kindergärten und Vorschulen bleiben. Viele Regeln wurden aber bereits davor abgeschafft, etwa ein 2-G-Nachweis in Restaurants.

Bei einer – virtuellen – Pressekonferenz wurde der Demokrat am Montag gefragt, ob er nun auch den Weg Philadelphias einschlagen und etwa die Maskenpflicht in Innenräumen zurückbringen werde. Er wolle sich auf sein medizinisches Beratungspersonal verlassen, so Adams. Laut Nachrichtenagentur AP verzeichnet New York derzeit dreimal so viele Fälle wie noch Anfang März. Die in New York eingesetzten Testkits für zu Hause fließen in diese Zahlen nicht ein.

Bidens neuer CoV-„Zar“ mahnt zu Vorsicht

Der Anstieg der Fallzahlen schlägt auch in der US-Bundespolitik auf und stellt ein neues Gesicht im Weißen Haus auf die Probe: Jha, der neue CoV-Krisenmanager von US-Präsident Joe Biden, hatte am Montag seinen ersten offiziellen Tag im Amt. Der Experte, praktizierender Internist und Akademiker, aber ohne nennenswerte politische Erfahrung, absolvierte mehrere Fernsehauftritte – bei denen freilich die steigenden Zahlen großes Thema waren.

Der Berater von US-Präsidenten Joe Biden, Ashish Jha
AP/Elise Amendola
Jha trat erst am Montag seinen Dienst an – für ihn könnte die Omikron-Subvariante zur Bewährungsprobe werden

Bidens CoV-„Zar“, wie die hochrangige Beamtenstelle in den USA bezeichnet wird, sagte, dass man die Situation „sehr sorgfältig beobachten“ müsse, schrieb die „New York Times“. „Natürlich gefällt mir das nie, wenn die Infektionszahlen steigen – ich denke, wir müssen vorsichtig sein“, so Jha in der Fernsehsendung „Today“.

Jha: Kein Grund für „übermäßige“ Sorge, Experten warnen

Gleichzeitig sagte er aber auch, dass es momentan keinen Grund gebe, „übermäßig besorgt zu sein“. Wie auch in Europa mit den neueren CoV-Varianten üblich, verwies Jha in erster Linie auf die Spitalszahlen, die bundesweit auf niedrigem Niveau sind.

Doch der Anstieg im Nordosten der USA zeigt sich dennoch in den Zahlen, was einige Fachleute beunruhigt. „Es ist definitiv etwas im Anmarsch“, so William Hanage, Epidemiologe in Harvard, gegenüber der „New York Times“. Doch „könnte es sich um eine kleine Welle im Vergleich zu früheren Wellen handeln“. Spitalszahlen und Todesfälle sind zwar niedrig, hinken den Fällen in der Regel aber um Wochen hinterher. „Es könnte also zu früh sein, um einen Anstieg zu erkennen“, so Jennifer Nuzzo, Epidemiologin an der Brown University, gegenüber dem Blatt.

Seuchenbehörde sieht landesweit niedriges Risiko

Die US-Seuchenbehörde CDC errechnet aus den neuen Fällen und der Belastung der Spitäler das Risiko bis hinunter zur Bezirksebene. Für den Großteil des Landes zeigt diese Karte Grün. Nur in knapp weniger als fünf Prozent der Countys in den USA herrscht momentan mittleres bzw. hohes Risiko. „Im Moment zeigt sich ein Aufwärtstrend, aber keine wesentlichen Veränderungen in Bezug auf das, was wir tun sollten“, so Jha im Sender CNN in Bezug auf die CDC-Einschätzung. „Und ich denke, dass die CDC-Politik in diesem Punkt richtig liegt.“

Marktbesucher mit Masken in Philadelphia, USA
APA/AFP/Daniel Slim
In Philadelphia gelten bald strengere Regeln, obwohl die Seuchenbehörde nicht explizit dazu rät

Das könnte auch als Kommentar in Richtung Philadelphias gesehen werden: In dem Bezirk, in dem die Stadt liegt, schätzt die CDC das Risiko als niedrig ein – Impfungen und Tests werden empfohlen, das Tragen von Masken jedoch nicht. Doch die Gesundheitsexpertin in Philadelphia sieht lokale Maßnahmen durchaus gerechtfertigt. „Es ist durchaus sinnvoll, in Philadelphia vorsichtiger zu sein als vielleicht in einem wohlhabenden Vorort“, so Bettigole. Auch die CDC würde auf die Wichtigkeit von lokalen Sonderfällen verweisen, so die Expertin.

In der Hand der CDC liegt auch eine weitere Entscheidung, die wohl in den nächsten Tagen getroffen wird, so Jha. Dann entscheidet sich nämlich, wie mit Masken in Flugzeugen und anderen öffentlichen Verkehrsmittel umgegangen wird. Bis 18. April gilt eine Maskenpflicht, eine Verlängerung „ist absolut auf dem Tisch“, so Jha im Fernsehen.

„Pandemie noch nicht vorbei“

Die Omikron-Subvariante hat unterdessen auch direkte Auswirkungen auf Politikerinnen und Politiker, die sich mit der Pandemie befassen. So wurde etwa der New Yorker Bürgermeister Adams positiv getestet, und auch Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, infizierte sich unlängst, so die „New York Times“. Auch ein Galadinner mit zahlreichen hochrangigen Beamten des Gridiron-Clubs, einer prestigereichen Journalismusvereinigung, entwickelte sich zum „Superspreader“-Ereignis.

„Das erinnert uns daran, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist“, so Jha im US-Fernsehen. „Wir werden immer noch Fälle sehen, in denen sich das Virus ausbreitet. Und wir müssen weiterhin wachsam sein. Wir müssen weiterhin vorsichtig sein.“