Fachleute kritisieren schlechte Datenlage zu „Long Covid“

Weil die Hausärztinnen und Hausärzte ihre Diagnosen nicht in den elektronischen Gesundheitsakt (ELGA) eintragen müssen und die epidemiologischen Datenbanken nicht miteinander verknüpft werden können, sind in Österreich die Folgen von „Long Covid“ kaum abschätzbar, sagten Wiener Fachleute heute bei einer Onlinepressekonferenz.

Sie fordern zudem Erleichterungen für die Betroffenen beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt und bei der Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit.

Drittel arbeitsunfähig

Ein Drittel der Menschen, die mit einer Covid-19-Erkrankung auf einer Intensivstation lagen, sind laut internationalen Daten dauerhaft wegen „Long Covid“ arbeitsunfähig, berichtete Wolfgang Panhölzl von der Arbeiterkammer (AK) Wien. Ebenso ein Drittel der Betroffenen könne ein Jahr nach der Infektion zumindest teilweise Tätigkeiten in der Arbeit oder im Privaten nicht allein bewältigen.

„Datenbanken nicht miteinander verknüpft“

„In Österreich wäre es nicht möglich, solche Dinge zu eruieren, weil die entsprechenden Datenbanken nicht miteinander verknüpft sind“, sagte er: „Deshalb wiederhole ich die lange gestellte Forderung, dass man die Sozialversicherungs- und Krankenanstaltsdaten mit dem Epidemiologischen Meldesystem verknüpft.“ Die vernetzte Datenlandschaft solle für Forschungszwecke „natürlich nach den Richtlinien des Datenschutzes“ zur Verfügung stehen, meinte Panhölzl.

Bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) gab es in den vergangenen zwölf Monaten 46.000 Krankenstände wegen „Long Covid“, sagte ÖGK-Obmann Andreas Huss. Bei 133 Patientinnen und Patienten dauern sie schon länger als ein halbes Jahr, zehn Menschen seien aktuell mehr als ein Jahr aufgrund von „Long Covid“ im Krankenstand. Wie viele Patienten deswegen ambulant behandelt werden, sei nicht bekannt. „Die schlechte Datensituation in Österreich erschwert uns das Arbeiten“, so Huss.

„In Österreich herrscht Aufholbedarf“

Im Gegensatz zu den Spitalsärzten seien die niedergelassenen Mediziner hierzulande nicht verpflichtet, Diagnosen in ELGA einzutragen, so Huss: „In Deutschland müssen die niedergelassenen Ärzte Long Covid nach dem internationalen Codierungssystem melden, in Österreich herrscht hier Aufholbedarf“. Die ÖGK habe einen Fragebogen zum „Long Covid“-Symptom-Screening entwickelt, der derzeit österreichweit an die Patienten verteilt wird. Damit wolle man besser erfassen, wie viele Menschen betroffen sind und unter welchen Symptomen sie leiden.

Die Fachleute forderten auch einen „Rechtsanspruch auf Wiedereingliederungszeit“, um Betroffenen nach längeren Fehlzeiten den Wiedereinstieg am Arbeitsplatz und in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Außerdem sollten Covid-19-Erkrankungen rückwirkend, unbürokratisch und unabhängig von der Sparte als Berufskrankheiten anerkannt werden, wenn die Menschen am Arbeitsplatz den Kontakt mit Erkrankten oder kontaminiertem Material nicht vermeiden konnten, sagte Panhölzl.