Der britische Premierminister Boris Johnson
Reuters/Tom Nicholson
„Partygate“

Johnson muss Strafe zahlen

Die Polizei will Bußgelder wegen Verstößen gegen die Coronavirus-Bestimmungen gegen den britischen Premierminister Boris Johnson und seinen Finanzminister Rishi Sunak verhängen. Das gab ein Londoner Regierungssprecher am Dienstag bekannt, woraufhin die Opposition umgehend den Rücktritt Johnsons forderte.

Zuvor hatte die Londoner Polizei mehr als 50 Strafzahlungen wegen der Affäre angeordnet. Man bemühe sich, die immer noch laufenden Ermittlungen schnellstmöglich voranzutreiben, hieß es am Dienstag in einem Statement der Metropolitan Police. Weitere Bescheide könnten folgen. Ende März waren bereits 20 Strafbescheide verhängt worden, seitdem kamen rund 30 weitere hinzu. In den meisten Fällen soll es sich um Geldstrafen von 50 Pfund (60 Euro) handeln.

„Boris Johnson und Rishi Sunak haben das Gesetz gebrochen und das britische Volk wiederholt angelogen. Sie müssen beide zurücktreten“, schrieb der britische Oppositionschef Keir Starmer auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Noch schärfer äußerte sich sein Parteifreund David Lammy: „Kriminalität und Lügen im Herzen der Regierung“, schrieb der Politiker.

Auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon von der Schottischen Nationalpartei (SNP) sowie der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan (Labour) forderten Johnson auf, sein Amt aufzugeben. „Die Met hat zwei Raketen auf Downing Street abgefeuert“, kommentierte der Sender Sky News martialisch die Entscheidung der Londoner Metropolitan Police (Met).

Ermittlungen wegen mehrerer Partys

Scotland Yard hatte wegen mehrerer Partys am Regierungssitz während der Coronavirus-Ausgangssperren in den Jahren 2020 und 2021 Ermittlungen aufgenommen. Der Premier, dessen Beliebtheit nach dem Skandal stark gesunken war, hatte sich im Jänner vor den Abgeordneten entschuldigt, einen Rücktritt jedoch ausgeschlossen und auf die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen verwiesen.

Zeitungen mit Schlagzeilen über das „Partygate“ von Boris Johnson
AP/Alberto Pezzali
Die „Partygate“-Affäre brachte Johnson unter Druck – einen Rücktritt schloss der Politiker aus

„Dass gegen mehrere ranghohe Vertreter der Regierung gleichzeitig Strafgelder verhängt werden, ist völlig beispiellos“, sagte Expertin Jill Rutter von der Denkfabrik Institute for Government der BBC. Der Autor und Politologe Mark Garnett sagte, nun hätten Johnsons Kritiker alle Beweise gegen ihn in der Hand. Doch: „Johnson hat immer deutlich gemacht, dass er nicht leise abtreten wird, und er wird den Krieg in der Ukraine als zusätzlichen Grund für seinen Verbleib im Amt nutzen.“

Partygate: „Weit verbreitete Kriminalität“

In der „Partygate“-Affäre um verbotene Feiern während des CoV-Lockdowns in der Downing Street hat die Polizei Bußgelder gegen den britischen Premierminister Boris Johnson und seinen Finanzminister Rishi Sunak verhängt. Die Opposition forderte umgehend den Rücktritt Johnsons. Der britische Oppositionsführer Keir Starmer sprach gegenüber der BBC von einer „offensichtlichen, weit verbreiteten Kriminalität“.

Die Empörung bei denen, die Familienmitglieder und Freunde wegen Corona verloren haben, ist bereits immens. „Sie haben das Gesetz gebrochen. Aber noch schlimmer, sie haben uns alle für dumm verkauft“, sagte Lobby Akinnola, ein Vertreter der Organisation Covid Bereaved Families. „Ernste Fragen für Nummer 10, Nummer 11 und die Konservativen“, kommentierte die BBC-Reporterin Laura Kuenssberg. Vor allem die Torys stehen nun vor einer kniffligen Entscheidung – wenige Wochen vor Kommunalwahlen in England, die als wichtiger Stimmungstest gelten.

Was passiert mit Johnson?

Als im Winter ständig neue „Partygate“-Skandale ans Licht kamen, schien Johnsons Abschied nur noch eine Frage der Zeit. Ein erstes Gutachten der ranghohen Beamtin Sue Gray attestierte Downing Street Führungsversagen und schwere Regelverstöße. Fast täglich entsagten Tory-Abgeordnete dem Premier ihre Zustimmung – 54 Stimmen reichen für ein parteiinternes Misstrauensvotum. Doch mit dem Ukraine-Krieg änderte sich die Lage komplett. Selbst schärfste innerparteiliche Kritiker stellten sich nun wieder hinter Johnson.

„Die einzige Gewissheit ist, dass die Konservative Partei vermutlich schwere Verluste in den Kommunalwahlen nächsten Monat erleiden wird“, sagte Experte Garnett. „Die Führungsfrage wird die Partei weiter beschädigen, bis Mr. Johnson entweder zum Rücktritt überredet wird oder zu einem Misstrauensvotum gezwungen wird.“ Andere Analysten sind da skeptischer. „Boris Johnson hatte mehr Katzenleben als jeder Politiker, den ich kenne“, sagte der Politologe Matthew Flinders von der Universität Sheffield. Es wäre keine Überraschung, wenn Johnson auch diesen Fall überlebt.