Roman Abramowitschs Raiffeisen-Connection

Der kremlnahe Geschäftsmann und Ex-Politiker Roman Abramowitsch gilt als einer der reichsten Menschen der Welt. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine steht er mit Hunderten anderen russischen Oligarchen und Politikern auf Sanktionslisten der EU, der USA und Großbritanniens.

Abramowitsch war jahrelang ein bedeutender Kunde der Raiffeisen Bank International (RBI). Briefkastenfirmen des russischen Oligarchen hatten bei der RBI und ihrer Wiener Privatbanktochter Kathrein mehrere Bankkonten eingerichtet – und transferierten darüber bis 2017 einen Milliardenbetrag.

Allein 2015/2016 verzeichneten drei RBI-Konten Ein- und Ausgänge in einer Höhe von insgesamt 2,3 Milliarden Euro. Das sind die zentralen Erkenntnisse einer gemeinsamen Recherche von „profil“ und ORF – im Rahmen des vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) koordinierten Projekts „Pandora Papers Russia“, das seit 11. April international veröffentlicht wird.

Komplexe Offshore-Struktur

Laut den ausgewerteten Dokumenten war im Umfeld des heute 55-jährigen Unternehmers Ende der 1990er, Anfang der 2000er Jahre eine intransparente Offshore-Struktur entstanden, die Britischen Jungferninseln und Zypern spielten hierbei zentrale Rollen.

Abramowitschs Berater richteten ab den 2000er Jahren nach und nach Konten bei zahlreichen großen und kleinen Banken der westlichen Welt ein, so etwa in den USA, in Frankreich, in den Niederlanden, in der Schweiz – und auch in Österreich. Dokumentiert sind Verbindungen zu zwei österreichischen Banken: zur RBI und zur Wiener Privatbank Kathrein, die seit Jahrzehnten zum Raiffeisen-Geldsektor gehört.

Bei der RBI waren Milliarden Euro im Spiel. Laut den Recherchen von „profil“ und ORF hatte eine weitere Briefkastenfirma des Oligarchen, BVI, mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln, im Juni 2011 drei Konten bei Raiffeisen International eingerichtet. Diese bestanden annähernd sechs Jahre, ehe sie im April 2017 aufgelöst wurden. Zuvor war die österreichische Finanzmarktaufsicht darauf aufmerksam geworden. 2016 hatte die Behörde mehrere Geschäftsbeziehungen der Bank zu „Hochrisikokunden“ – also mit Bezug zu Offshore-Zentren – überprüft, unter diesen auch die Firmenstruktur des russischen Oligarchen.

FMA-Verfahren auch nach vier Jahren offen

Im März 2018 belegte die FMA die RBI mit einer Geldstrafe von 2,748 Millionen Euro – wegen mehrfacher Verstöße gegen die gesetzlichen Dokumentationspflichten zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung. Es war die höchste Strafe, die je gegen eine Bank in Österreich verhängt wurde.

Die Bank beeinspruchte das FMA-Straferkenntnis, das Verfahren ging vor das Bundesverwaltungsgericht, dann vor den Verwaltungsgerichtshof, dann wieder zum Bundesverwaltungsgericht, ehe dieses die Geldbuße im Jänner 2020 auf 824.400 Euro herabsetzte – wogegen wiederum die FMA und Raiffeisen Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof Einspruch erhoben. Die Entscheidung ist damit weiterhin nicht rechtskräftig.