Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro
Reuters/Adriano Machado
Kauf von Potenzmitteln

Bolsonaro stellt sich hinter Armee

Brasiliens rechtsradikaler Staatschef Jair Bolsonaro hat den Kauf Tausender Dosen Potenzmittel durch die brasilianische Armee heruntergespielt. „Es waren insgesamt vielleicht 50.000 Pillen. Bei allem Respekt: Das ist nichts“, sagte Bolsonaro am Mittwoch bei einem Treffen mit evangelikalen Geistlichen im Präsidialpalast. Was die Bestellung Dutzender Penisprothesen betrifft, hielt sich Bolsonaro bedeckt.

„Offensichtlich“ seien die Pillen vor allem für Veteranen und „inaktive“ Armeeangehörige gekauft worden, sagte der brasilianische Präsident. Wie zuvor bereits die Armee erklärte Bolsonaro, die Tabletten würden zur Behandlung von Bluthochdruck und Rheuma eingesetzt. Den Medien warf er vor, die Angelegenheit künstlich aufzubauschen.

Enthüllt hatte die brisanten Bestellungen der linke Kongressabgeordnete Elias Vaz. Seinen Angaben zufolge bewilligte das Verteidigungsministerium die Bestellung von 35.000 Pillen gegen Erektionsstörungen für die brasilianischen Streitkräfte und darüber hinaus den Kauf von 60 Penisprothesen. Vaz sprach von Kosten in Höhe von umgerechnet insgesamt mehr als 645.000 Euro und forderte eine Erklärung von der Regierung des rechtsradikalen Präsidenten Jair Bolsonaro.

Brasilianisches Militär
Reuters/Ueslei Marcelino
Die brasilianische Armee soll Zehntausende Dosen Potenzmittel und Dutzende Penisprothesen bestellt haben

„Warum?“: Ausgaben für Prothesen hinterfragt

„Unsere Frage lautet: Warum gibt die Bolsonaro-Regierung öffentliche Gelder für diese Prothesen aus?“, hieß es in einer Mitteilung des Abgeordneten. Während die brasilianische Bevölkerung Probleme habe, an Medikamente zu kommen, werde eine kleine „Gruppe mit teuren Prothesen behandelt“.

Vaz hatte seine Informationen nach eigenen Angaben vom Transparenzportal der brasilianischen Regierung erhalten, das auf Anfrage den Zugang zu Daten über öffentliche Ausgaben ermöglicht. „Unsere Krankenhäuser haben nicht genug Medikamente, und Bolsonaro und seine Leute verwenden öffentliche Gelder, um die kleine blaue Pille zu kaufen“, sagte der Oppositionsabgeordnete am Montag in Anspielung auf das bekannteste Potenzmittel Viagra.

Abgeordnete wollten sich an Staatsanwaltschaft wenden

Vaz zufolge wird Viagra in den Regierungsdokumenten aber nicht namentlich erwähnt. Stattdessen sei vom Kauf tausender Tabletten mit „Sildenafil“ die Rede, dem in Viagra enthaltenen Wirkstoff. Die linken Abgeordneten Vaz und Marcelo Freixo kündigten an, den Fall der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Sie sagten, es gebe deutliche Hinweise, dass der Regierung bis zu 143 Prozent zu viel in Rechnung gestellt worden sei – was oftmals auf Korruption hindeutet.

Freixo erinnerte zudem daran, dass der Kauf der Potenzmittel zum selben Zeitpunkt genehmigt wurde, zu dem Bolsonaro „sein Veto gegen einen Gesetzesentwurf eingelegt hatte, der kostenlose Tampons und Binden an arme Frauen vorsah“. Inzwischen hat der Präsident allerdings eingelenkt und Anfang März ein Dekret unterzeichnet, das nun doch die kostenlose Verteilung dieser Hygieneartikel vorsieht.

Das Verteidigungsministerium erklärte indes, die Pillen seien in Wahrheit „zur Behandlung von Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie“ – auch Lungenhochdruck genannt – bestimmt. Sildenafil bewirkt auch eine Erweiterung verengter Lungenarterien.

Internet amüsiert sich

Den Spott der Internetnutzer konnte die offizielle Erklärung nicht verhindern. Auf Twitter verbreiteten sich rasch Karikaturen, die Panzer mit herabhängenden Kanonen zeigten. „Einige sagen, diese Pillen sollen den Streitkräften helfen, die Demokratie noch mehr zu f***n“, schrieb die Satireseite Sensacionalista.

Bolsonaro ist Ex-Hauptmann der Streitkräfte. Der rechtsradikale Staatschef spricht häufig positiv über die brasilianische Militärdiktatur von 1964 bis 1985.

Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva
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Der frühere Präsident Luiz Inacio Lula da Silva liegt in den Umfragen zur bevorstehenden Präsidentschaftswahl voran

Wahlen im Oktober

In Brasilien steht am 2. Oktober die erste Runde der Präsidentschaftswahlen bevor. An diesem Tag wählen die Brasilianer außerdem ihre Abgeordneten, Gouverneure und ein Drittel der Senatoren. Bolsonaro liegt in Umfragen immer noch deutlich hinter dem linksgerichteten Kandidaten Luiz Inacio Lula da Silva, auch wenn er den Abstand zu seinem Amtsvorgänger zuletzt etwas verringern konnte. Die Zustimmung für den Rechtspolitiker sank im Laufe der CoV-Pandemie.

Lula regierte Brasilien von 2003 bis 2011. Im Jahr 2018 wurde er wegen Korruption und Geldwäsche zu zwölf Jahren und einem Monat Haft verurteilt. Ein Richter am Obersten Gerichtshof in Brasilia hob die Verurteilungen Lulas im März vergangenen Jahres auf, womit dieser seine politischen Rechte zurückbekam. Bald darauf kehrte er auch auf die politische Bühne zurück.