Ukraine meldet weitere Angriffe auf Mariupol

Der Kampf um die belagerte südukrainische Hafenstadt Mariupol dauert auch nach dem Verstreichen eines russischen Ultimatums an. Der ukrainische Generalstab berichtete gestern Abend von russischen Raketen- und Bombenangriffen auf die Stadt. Dabei kämen auch Überschallbomber vom Typ Tu-22M3 zum Einsatz. Besonders in der Nähe des Hafens und des Stahlwerks Asow-Stal gebe es Angriffsversuche.

Regierungschef Denys Schmyhal sagte dem US-Sender ABC, die Stadt sei nicht gefallen. Die ukrainischen Soldaten würden in Mariupol „bis zum Ende kämpfen“. Außenminister Dmytro Kuleba berichtete im US-Sender CBS, die eigenen Truppen seien „im Grunde eingekreist“ von russischen Truppen, die Mariupol dem Erdboden gleichmachen wollten. Wörtlich sagte Kuleba: „Die Stadt existiert nicht mehr.“

Korridore geschlossen

Russland hatte den ukrainischen Truppen in Mariupol zuvor mit Vernichtung gedroht. Die Einheiten sollen sich nach russischen Angaben in dem Stahlwerk verschanzt haben. Ein Ultimatum, die Waffen niederzulegen und sich zu ergeben, ließen die Ukrainer verstreichen. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor wiederholt erklärt, alles zur Rettung der strategisch wichtigen Stadt tun zu wollen.

Die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk appellierte an Russland, Fluchtkorridore für Zivilisten aus Mariupol zu öffnen. Insbesondere für Frauen und Kinder müsse ein „humanitärer Korridor“ geschaffen werden, schrieb sie im Messengerdienst Telegram. Geplante Fluchtrouten blieben zuletzt allerdings geschlossen. Es sei nicht gelungen, mit den russischen „Besatzern“ zu einer Einigung über eine Feuerpause für das Gebiet zu kommen, erklärte sie.

Angriffe auf Kiew

Seit dem Rückzug der russischen Streitkräfte aus dem Großraum Kiew hat sich das Kampfgeschehen zunehmend auf die Süd- und Ostukraine verlagert. Angesichts einer befürchteten russischen Großoffensive in den Donbas-Regionen Luhansk und Donezk rufen die ukrainischen Behörden die dortigen Bewohner seit Tagen auf, gen Westen zu fliehen.

Nach zwei Wochen relativer Ruhe verstärkte die russische Armee erneut ihre Luftangriffe auf die Region Kiew. Die russische Armee attackierte nach eigenen Angaben in Browary bei Kiew eine Munitionsfabrik und zerstörte sie mit „hochpräzisen luftgestützten Raketen“. Es handelte sich bereits um die dritte Attacke dieser Art im Raum Kiew seit Freitag.

Einladung an Biden

Während Selenskyj erneut vor einem russischen Chemie- oder Atomwaffeneinsatz in der Ukraine warnte, drohte Russland den USA mit „beispiellosen Konsequenzen“, sollte das Land der Ukraine seine „heikelsten“ Waffensysteme bereitstellen. Selenskyj rief US-Präsident Joe Biden in einem CNN-Interview zu einem Besuch der Ukraine auf. Berichten nach galt es als unwahrscheinlich, dass Biden selbst in die Ukraine reist.

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