Lohnkürzung wegen Verspätung: Bahn in Japan muss zahlen

Ein Lokführer in Japan, dessen Arbeitgeber ihm wegen einer Minute Verspätung seinen Lohn gekürzt hat, bekommt sein Geld zurück: umgerechnet 40 Cent. Das zuständige Bezirksgericht in der Präfektur Okayama verurteilte den angeklagten Bahnbetreiber West Japan Railway Company (JR West) heute dazu, dem Lokführer einschließlich entgangener Überstundenzahlung 56 Yen zu zahlen. Das berichtete die Tageszeitung „Yomiuri Shimbun“.

Der Lokführer hatte im Jahr 2020 einen leeren Zug im Bahnhof Okayama in ein Depot fahren sollen, sich aber zunächst im Bahnsteig geirrt. Dadurch verzögerte sich die Abfahrt um eine Minute. Zur Bestrafung wurde ihm der Lohn um 43 Yen gekürzt. Dagegen zog der Lokführer vor Gericht. Der Kläger erlebt das Urteil allerdings nicht mehr. Er ist inzwischen verstorben.

„Keine Arbeit, kein Lohn“

Der Bahnbetreiber JR West hatte die Lohnkürzung mit dem strengen Arbeitsprinzip gerechtfertigt: „Keine Arbeit, kein Lohn.“ Der Lokführer habe während der Verwechslung nicht gearbeitet. Dagegen argumentierte die Klägerseite, die beanstandete eine Minute Verspätung sei sehr wohl Arbeitszeit gewesen. Außerdem sei es durch das Versehen des Lokführers zu keinerlei Unterbrechung der Zugsfahrpläne gekommen.

Der Lokführer hatte vor Gericht die ihm gekürzten 43 Yen plus 13 Yen an Überstundengeld eingefordert – außerdem 2,2 Millionen Yen (16.300 Euro) Schadenersatz für die durch die Entscheidung seines Arbeitgebers verursachten psychischen Leiden. Der bizarre Rechtsstreit wirft ein Schlaglicht auf die legendäre Pünktlichkeit japanischer Bahnen, aber auch auf Japans nicht selten ausbeuterische Arbeitswelt.