Clemens-Wolfgang Niedrist beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Schwierige Befragung

U-Ausschuss auf Spur von Blümels Laptop

Der Laptop des ehemaligen Finanzministers Gernot Blümel in der Wickeltasche, das „Beinschab-Tool“ und die Aktenlieferung des Finanzministeriums sind am Mittwoch Thema der Befragung von Clemens-Wolfgang Niedrist, derzeit Kabinettschef im Finanzministerium, gewesen. Die Stimmung war mitunter gereizt, Niedrist entschlug sich immer wieder.

Niedrist war Adressat einer Chatnachricht des mittlerweile suspendierten Justizsektionschefs Christian Pilnacek („Wer vorbereitet Gernot (sic!) auf die Einvernahme“) und brachte den Laptop des damaligen Finanzministers im Rahmen einer Hausdurchsuchung zur zuständigen Behörde, nachdem dieser in der Wohnung Blümels nicht zu finden war.

Er habe Blümels Lebensgefährtin vor einem Einkaufszentrum an der U-Bahn-Linie 3 getroffen, so Niedrist, sie habe den Laptop in der Wickeltasche vergessen – und nicht in einem Kinderwagen mit sich geführt, betonte er – und eben mitgenommen, so Niedrist auf eine entsprechende Frage von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. Zuvor habe ihn Blümel angerufen und gebeten, seine Lebensgefährtin zu finden, nachdem er selbst sie zunächst nicht erreichen konnte.

Clemens-Wolfgang Niedrist beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Niedrist war bereits Kabinettschef bei mehreren Ministern, aktuell bei Magnus Brunner (ÖVP)

Über mögliche Inhalte auf dem Computer habe er mit Blümels Partnerin nicht gesprochen, denn die Beamten hätten schon gewartet. Er selbst habe von Blümels Anwalt Werner Suppan in der Früh erfahren, dass Blümel für mehrere Stunden nicht erreichbar sein werde, weil er von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einvernommen werde. Beruflich habe Blümel keinen Laptop gehabt, wenn er eine Rede zu schreiben hatte, habe er sich einen von einem Mitarbeiter ausgeborgt, so der Kabinettschef.

Wunsch nach Wechsel wegen politisch volatiler Zeiten?

Kurz nach der Hausdurchsuchung gab es dann Mails aus der Personalabteilung im Finanzministerium, die NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper vorlegte. Diesen zufolge interessierten sich verschiedene Personen für Stellen in der Verwaltung des Ministeriums – darunter auch Niedrist. Er habe sich den Themen der Finanz sehr verbunden gefühlt und wollte dem Haus als Beamter in der Verwaltung verbunden bleiben, unabhängig von der Politik, so Niedrist aus seiner „bruchstückhaften Erinnerung“ dazu. Er habe diese Idee dann aber wieder ad acta gelegt.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Krisper wollte wissen, warum Niedrist in die Verwaltung wechseln wollte

Das Interesse der anderen Personen nach einem Wechsel erklärte er mit dem Wunsch dieser Personen, „was anderes zu machen“ aufgrund politisch volatiler Zeiten. Ob diese wirklich gewechselt hätten, wisse er nicht – Krisper meinte, es wäre dann auch vielleicht nicht mehr nötig gewesen. Niedrist selbst, damals Obmann der Jungen ÖVP in Wien-Leopoldstadt, wurde als stellvertretender Pressesprecher ins Kabinett von Wolfgang Brandstetter berufen und dann von Brandstetter Anfang 2017 zum Kabinettschef im Justizministerium ernannt. Ob das auf Wunsch von Blümel oder Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geschehen sei, könne er, Niedrist, nicht sagen.

Ministerium stellt Vergabe neu auf

Gefragt von Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli nach den Hintergründen rund um das „Beinschab-Tool“, also den Umfragen im Auftrag von bzw. für das Finanzministerium, sagte Niedrist, dass Blümel nach dem Bekanntwerden eine Prüfung durch die Interne Revision beauftragt habe, in enger Abstimmung mit der Finanzprokuratur unter Wolfgang Peschorn. Er, Niedrist, habe den Generalsekretär gebeten, einen Entwurf zum Antrag zu erstellen, den habe er mit Peschorn dann durchgesehen, und der Generalsekretär habe den Antrag schließlich unterzeichnet.

Nina Tomaselli (Die Grünen) und David Stögmüller (Die Grünen)
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Für die Grünen fragte Tomaselli, hier mit David Stögmüller, nach den Studien im Auftrag des Ministeriums

Bei der Frage, warum rein Studien und Anzeigen bei der Zeitung „Österreich“ geprüft wurden, verwies Niedrist auf den entsprechenden Prüfantrag. Mittlerweile beschäftige sich eine Arbeitsgruppe mit einer Neuaufstellung der Vergaben durch das Ministerium, erste Ergebnisse sollen nach dem ersten Halbjahr vorliegen. Geprüft werde auch, ob es persönliche Konsequenzen für involvierte Personen geben soll. Für den Leiter der zuständigen Abteilung im Bundesministerium für Finanzen habe es mittlerweile dienstrechtliche Konsequenzen gegeben.

Auch Niedrist erzählte auf Frage von FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker nach Interventionslisten, dass „tagtäglich, ständig“ Wünsche von Bürgern und Bürgerinnen an die Ministerien herangetragen werden. Fachliche Fragen von Abgeordneten versuche man ebenso zu beantworten.

Kontakte mit Schmid beruflich, Pilnacek „sehr geschätzt“

Thomas Schmid habe er vor allem im beruflichen Zusammenhang getroffen, zitierte Niedrist aus dem Protokoll seiner Einvernahme im „Ibiza“-Verfahren – daraus zitierte er mehrfach, was ihm auch Kritik etwa von Krisper einbrachte. Pilnacek kenne und schätze er sehr, sagte er zuvor – Pilnacek war auch bei Niedrists Feier zu dessen 30. Geburtstag eingeladen. Zu seinen Kontakten mit Pilnacek und Fragen etwa zur Sicherstellung im Finanzminsterium entschlug sich Niedrist aber, da es diesbezüglich laufende Ermittlungen gebe – es gilt die Unschuldsvermutung.

Wolfgang Sobotka (ÖVP)
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Sobotka drohte damit, die Tonanlage im Ausschuss wieder umstellen zu lassen

Auch zu den Aktenlieferung des Finanzministeriums wurde Niedrist befragt. Die umfassende Lieferung sei rechtliches Neuland, weil ganze Postfächer geliefert werden sollten. Dabei hätten sich verschiedene Fragen gestellt, etwa beim Datenschutz, aber auch im Gesellschaftsrecht. Schließlich, so der Kabinettschef, hätte man das auch wenig aufsehenerregend lösen können.

Sobotka will Tonanlage wieder umstellen

Hitzig war es dann bei der Befragung durch SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, der unter anderem wissen wollte, ob Niedrist mit dem Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) Kontakt hat. Er treffe Sobotka immer wieder einmal, so Niedrist, es habe aber sicher keine Absprachen zum laufenden U-Ausschuss und zum „Ibiza“-U-Ausschuss, bei dem Niedrist ebenfalls als Auskunftsperson geladen war, gegeben. Zwischen Krainer und Sobotka kam es zu mehreren Wortgefechten bezüglich der Zulässigkeit von Fragen, schließlich erklärte Sobotka, dass er die Tonanlage im Ausschuss wieder umstellen werde, sodass nur er das Wort erteilen kann.