Der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa
Reuters/Borut Zivulovic
Slowenien

Wahl entscheidet über Schicksal von Jansa

In Slowenien wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Bei der Wahl geht es darum, ob der seit 2020 regierende rechtsnationale Ministerpräsident Janez Jansa an der Macht bleibt. In letzten Meinungsumfragen lagen die SDS-Partei von Jansa und die liberale Freiheitsbewegung (Gibanje Svoboda) des politischen Quereinsteigers Robert Golob Kopf an Kopf. Die beiden Gruppierungen dürften auf jeweils 20 bis 25 Prozent der Stimmen kommen.

Das größte Lager im neuen Parlament dürfte aber ein Anti-Jansa-Block werden, zu dem sich vier liberale und linke Parteien zusammengeschlossen haben. Kritisch könnte es für Jansa deshalb werden, weil ihm unter den kleineren Parteien nur wenige Bündnispartner für eine Koalitionsregierung zur Verfügung stehen. Golob, der mit seiner neuen Bewegung praktisch aus dem Stand antritt, hat hingegen gute Chancen, die wichtigsten Mitte-links-Parteien für eine Koalition zu gewinnen.

Jansa war im März 2020 Ministerpräsident geworden, nachdem die damalige Mitte-links-Koalition zerfallen war und einige ihrer Abgeordneten zu seinem Lager übergelaufen sind. Er hatte schon von 2004 bis 2008 und von 2012 bis 2013 regiert.

Der Spitzenkandidat der liberalen Freiheitsbewegung Sloweniens (Gibanje Svoboda), Robert Golob
APA/AFP/Jure Makovec
Quereinsteiger Robert Golob hat gute Chancen Jansa abzulösen

Enger Verbündeter von Orban

Jansa ist wegen seines autoritären Regierungsstils höchst umstritten. Er ist ein enger Verbündeter des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Kritikerinnen und Kritiker werfen ihm vor, einen Staatsumbau nach dem Vorbild Orbans voranzutreiben. In den vergangenen Jahren war er etwa wegen Angriffen gegen Justiz und Medien auch auf EU-Ebene unter Druck gekommen.

Wie Orban ist auch Jansa ein Politveteran. Bei der Wahl strebt er seine bereits vierte Amtszeit an. Jansa wurde wiederholt dafür kritisiert, die Medien und die Justiz unter seine Kontrolle bringen zu wollen. Von Orban abhängige Geschäftsleute finanzieren seit mehreren Jahren die Medien von Jansas SDS.

Hintere Plätze entscheiden über Königsmacher

Umfragen lassen ein spannendes Rennen um den ersten Platz zwischen Jansas SDS und der liberalen Gibanje Svoboda erwarten. Für die Mehrheitsverhältnisse aber fast noch wichtiger wird der Kampf um die hinteren Plätze sein. Rund um die Vierprozenthürde für den Einzug ins Parlament liegen nämlich mehrere Parteien, darunter potenzielle Koalitionspartner Jansas sowie seine Gegner.

Wähler an der Wahlurne in Slowenien
Reuters/Borut Zivulovic
Der Urnengang gilt als Richtungsentscheid

Im Duell um den symbolisch bedeutenden Wahlsieg hat der frühere Topmanager Golob wenige Tage vor dem Urnengang die Nase vorne. Alle Umfragen sehen den Neo-Politiker, der erst Ende Jänner in die Politik eingestiegen war, vor dem unpopulären Regierungschef. Der Abstand ist in den meisten Umfragen gering und liegt meist in der Schwankungsbreite.

Zusätzlich spannend ist das Rennen, weil Golob am Montag positiv auf das Coronavirus getestet wurde und damit seine Auftritte im Wahlkampfendspurt absagen muss. Mit einem „Freiheitsbus“ war er in den vergangenen Wochen durch das Land getourt. Zudem zeigen die Erfahrungen früherer Wahlen, dass die SDS eine äußerst kompakte Wählerbasis hat. Viel wird somit auch von der Wahlbeteiligung abhängen.

Korruptionsskandal bei Jansas Koalitionspartner

Die Pensionistenpartei (DeSUS), die mit Jansa in einer Koalition ist, wird derzeit von einem Skandal gebeutelt. Vier Tage vor der Parlamentswahl trat nun Landwirtschaftsminister Joze Podgorsek unter dem Verdacht der Vorteilsannahme von seinem Amt zurück. Podgorsek soll mit seiner Frau in einem slowenischen Luxushotel übernachtet haben, das einem Geschäftsmann gehört, der von Entscheidungen des Ministers aus der Kleinpartei profitiert haben könnte.

Das Investigativportal Necenzurirano.si hatte zuvor berichtet, dass Podgorsek für seinen Aufenthalt in dem Luxushotel in den Julischen Alpen nicht selbst zu bezahlen musste. Nachdem das Portal über die Affäre berichtet hatte, ließ sich der Minister die Rechnung im Wert von 800 Euro zuschicken und beglich sie. Die Antikorruptionsbehörde KPK leitete Ermittlungen ein.

Abgeordnete der DeSUS und anderer Kleinparteien hatten Anfang 2020 der damaligen Mitte-links-Regierung von Ministerpräsident Marjan Sarec den Rücken gekehrt. Auf diese Weise ermöglichten sie die Übernahme der Regierung durch Jansa, ohne dass es zu einer Neuwahl kam. Die „Überläufer“ aus den Kleinparteien erhielten von Jansa Ministerposten und andere Ämter.

Wahlen in Slowenien

Wahlen finden am Sonntag auch in Slowenien statt. Es ist eine Richtungsentscheidung. Wird der Kurs des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Jansa fortgesetzt? Oder wird Slowenien künftig von einem grün-liberalen Quereinsteiger regiert?

Wer von den 20 Parteien schafft den Einzug?

Insgesamt bewerben sich 20 Parteien und Listen bei der Wahl, die Politikexperten rechnen damit, dass in der nächsten Legislaturperiode nicht so viele Parteien wie bisher im slowenischen Parlament vertreten werden.

Von insgesamt neun Parlamentsparteien können neben der SDS noch drei Parteien sicher mit dem Einzug ins Parlament rechnen. Die bisherigen Oppositionsparteien, die Linke (Levica) und die Sozialdemokraten (SD), liegen laut Ninamedia bei jeweils neun Prozent der Stimmen. Der mitregierenden christdemokratischen NSi (Neues Slowenien) werden sieben Prozent prognostiziert.

Für eine Überraschung könnte die CoV-Protestpartei Resnica (Wahrheit) sorgen, die laut Ninamedia in den letzten Tagen aufgeholt hat. Die Partei, die im Herbst Massenproteste gegen die CoV-Maßnahmen anführte, liegt bei drei Prozent und damit innerhalb der Schwankungsbreite für den Einzug ins Parlament.

Das große Zittern

Eng dürfte es hingegen für drei weitere Parteien werden. Die liberale LMS (Liste von Ex-Premier Sarec) liegt bei vier Prozent. Der mitregierenden liberalen Partei Konkretno, die in dem Wahlbündnis „Verbinden wir Slowenien“ antritt, droht hingegen der Rauswurf. Das Wahlbündnis liegt derzeit bei 3,5 Prozent. Unter Berücksichtigung der Schwankungsbreite könnte es aber auch Konkretno ins Parlament schaffen.

Ähnlich sieht es für die Partei von Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratusek (SAB) mit derzeit 3,2 Prozent aus. Für die sozialliberale Oppositionspartei tritt auch die frühere NEOS-Europaabgeordnete und kurzzeitige slowenische Kohäsionsministerin Angelika Mlinar an. Die nationalistische SNS und die Pensionistenpartei DeSUS dürften hingegen kaum noch Chancen auf einen Wiedereinzug haben.

Koalitionsbildung könnte schwierig werden

Im Wahlkampf hatten sich schließlich sich zwei klare Lager gebildet: Auf der einen Seite die Gegner Jansas mit dem favorisierten Newcomer Golob und den vier Oppositionsparteien SD, Levica, LMS und SAB, die bisher im Parlament in Form der Koalition des Verfassungsbogens (KUL) zusammenarbeitet haben. Dieses Lager würde laut Umfragen eine Mehrheit im Parlament haben. Offen ist jedoch, wer nach der Wahl die Führungsrolle übernehmen wird.

Sollte Jansa die Wahl gewinnen, würde er hingegen eine deutlich schwierigere Aufgabe mit der Regierungsbildung haben. Ähnlich wie bereits im Jahr 2018 würden ihm dafür die Koalitionspartner fehlen. Linke und liberale Parteien, darunter auch Golob, lehnen eine Kooperation mit der SDS kategorisch ab. Im Jahr 2018 hatte Sarec als Zweitplatzierter eine Mitte-links-Koalition gebildet, die aber nur gut ein Jahr hielt. Nachdem Sarec Anfang 2020 wegen koalitionsinterner Querelen das Handtuch geworfen hatte, konnte Jansa zwei Koalitionspartner auf seine Seite ziehen und doch noch Regierungschef werfen – zum dritten Mal nach 2004 und 2012.

Schlechte Noten für Regierung

Meinungsforscher erwarten, dass sich die Unzufriedenheit mit Jansas Regierung – in der Umfrage Vox Populi bewerten mehr als 61 Prozent die Arbeit der Regierung als nicht erfolgreich – in einer größeren Wahlbeteiligung als bei vergangenen Wahlen widerspiegeln wird. Bei der letzten Parlamentswahl 2018 lag die Beteiligung bei 52,6 Prozent, 2014 war sie noch niedriger bei 51,7 Prozent. Erwartet wird, dass die Beteiligung am Sonntag rund um 60 Prozent betragen wird.

Die slowenische Regierung wird derzeit auch stark kritisiert, schlechtere Perspektiven für die Staatsfinanzen vor der Parlamentswahl verschleiern zu wollen. Die Opposition wirft der Regierung von Jansa vor, fällige Haushaltsdokumente zu verzögern, um unmittelbar vor der Wahl nicht über ein „riesiges Finanzloch“ sprechen zu müssen, berichteten slowenische Medien. Die Regierung will die Dokumente erst nach dem Urnengang am 24. April vorlegen.