TV-Duell zwischen den französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron (LREM) und Marine Le Pen (RN)
APA/AFP/Ludovic Marin
Vor Stichwahl

Macron und Le Pen lieferten sich Wortduell

Wenige Tage vor der Stichwahl in Frankreich haben sich die Kontrahenten, Staatschef Emmanuel Macron und dessen Herausforderin, Marine Le Pen, ein Wortduell im Fernsehen geliefert. Im Mittelpunkt der Debatte standen die Schlüsselthemen des Wahlkampfes: Vorschläge zur Stärkung der Kaufkraft und Russland.

Macron warf Le Pen vor, sich von Russland abhängig gemacht zu machen. „Sie hängen von der russischen Macht und sie hängen von Herrn Putin ab“, sagte Macron. „Sie reden nicht mit anderen Führungspersönlichkeiten, sie reden mit ihrem Bankier, wenn sie von Russland reden“, so der liberale Präsident weiter. Macron bezog sich dabei auf einen Kredit, den Le Pen 2014 von einer tschechisch-russischen Bank aufnahm.

Die Politikerin verteidigte sich mit dem Hinweis, dass französische Banken ihr eine solche Finanzhilfe nicht genehmigen wollten. „Finden Sie das nicht skandalös?“, entgegnete Le Pen und sprach von einem demokratischen Defizit der Banken. Sie warf Macron zudem vor, ihre Partei 2015 als Minister daran gehindert zu haben, einen Kredit in Frankreich zu erhalten. Der Präsident erwiderte, niemand habe damals interveniert. Zudem sei er Wirtschaftsminister gewesen, Banken hätten nicht zu seinem Aufgabengebiet gehört.

Le Pen will Rüstungskooperation mit Berlin aufkündigen

Den Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die 53-Jährige als klare Verletzung internationalen Rechts verurteilt. Zugleich will sie sich für eine Annäherung zwischen der NATO und Russland einsetzen, falls der Ukraine-Krieg beendet ist und ein Friedensvertrag steht. Die Rüstungskooperation mit Deutschland will die rechte Kandidatin aufkündigen, die Macron „Blindheit gegenüber Berlin“ vorwirft.

TV-Duell zwischen den französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron (LREM) und Marine Le Pen (RN)
APA/AFP/Ludovic Marin
Am Mittwoch das TV-Duell, am Sonntag die Wahl: Macron gegen Le Pen

Macron betonte die Verankerung Frankreichs in der Europäischen Union und legte ein Bekenntnis zur deutsch-französischen Kooperation ab. „Ich glaube an Europa und ich glaube an das französisch-deutsche Paar. Ich denke, dass es das französisch-deutsche Paar ist, dass es uns ermöglicht hat, Abkommen zu erreichen.“

Le Pen meinte, es gebe keine europäische Souveränität, weil es kein europäisches Volk gebe. „Ich verteidige das Europa der Nationen.“ Sie wolle nicht aus der EU aussteigen, wenn das so wäre, würde sie es sagen. Ihre gehe es um Veränderungen der Union.

Streit um Pensionsantrittsalter

Zuvor haben Macron und Le Pen konträre Vorschläge zur Stärkung der Kaufkraft vorgelegt. Zum Auftakt der mit Spannung erwarteten einzigen Fernsehdebatte vor der Stichwahl am Sonntag stellte Macron Erhöhungen der Pensionen und des Mindestlohns sowie ein Festhalten an der Deckelung der Preise von Gas und Strom in Aussicht. Außerdem gelte es, die Arbeitslosigkeit weiter zu senken. Le Pen schlug das Senken der Mehrwertsteuer auf Energie sowie einen Wegfall der Steuern auf hundert Grundprodukte des täglichen Bedarfs vor.

Beim Streitthema Pensionen, um das in Frankreich immer wieder gerungen wird, pochte Le Pen auf einen Pensionseintritt mit 60 bis 62 Jahren. Wer bereits mit 16 bis 20 Jahren in den Beruf einsteige, solle mit 60 Jahren in Pension gehen können, die übrigen Beschäftigten wie bisher üblich mit 62 Jahren. „Die Pension mit 65 Jahren ist eine absolute Ungerechtigkeit“, meinte Le Pen zu Macrons Plan eines höheren Pensionseintrittsalters.

Französische Präsidentschaftswahl 2022. Stärkste Kandidaten pro Departement in der ersten Runde.

Macron betonte, eine Pension ab 65 Jahren solle nicht für alle Beschäftigten gelten, ausgenommen seien etwa Menschen in besonders anstrengenden Berufen. Angesichts einer gestiegenen Lebenserwartung müsse das Pensionssystem gegenfinanziert werden.

Um Sachlichkeit bemüht

Streit gab es bei den Themen Umweltschutz und Energieversorgung. „Ihr Programm hat weder Hand noch Fuß“, sagte Macron zu Le Pen, die er als Klimaskeptikerin bezeichnete. Le Pen wiederum warf dem Präsidenten eine „bestrafende Ökologie“ vor, die das Leben „einfacher Menschen“ einschränke. Während Macron sich für den parallelen Ausbau erneuerbarer Energien und der Atomkraft aussprach, bezeichnete Le Pen die Windkraft als „ökologischen und ökonomischen Unsinn“.

Macron und Le Pen bemühten sich zum Start der TV-Debatte um einen sachlichen, wenn auch kritischen Austausch. Als sich beide vor der Wahl 2017 ebenfalls in einem TV-Duell gegenüber saßen, war die Diskussion von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt.

Nun zeigte sich Macron als Zuhörer, der seiner Kontrahentin bei einigen Feststellungen recht gab – um sich aber im Anschluss zu bemühen, deren Schlussfolgerungen oder Forderungen zu widerlegen. Le Pen konzentrierte sich ebenfalls auf die Aussagen ihres Gegners und stellte sich als Anwältin der Bevölkerung dar.

Umfrage: Macron überzeugender

Einer Umfrage zufolge ging Macron als Sieger aus der TV-Debatte hervor. Etwa zwei von drei Zuschauerinnen und Zuschauern gaben in der Befragung des Instituts Elabe am Abend an, der Staatschef sei überzeugender gewesen. Insgesamt wurden dafür nach Schluss der mehr als zweieinhalbstündigen Debatte 650 Menschen befragt, die das Duell verfolgt hatten.

Werben um Gunst der Melenchon-Wähler

Beide Kandidaten werben um die Wähler und Wählerinnen des Linkspopulisten Jean-Luc Melenchon, der in der ersten Runde mit knapp 22 Prozent auf den dritten Platz gekommen war. Er ruft dazu auf, „keine Stimme für Le Pen“ abzugeben, aber verzichtet darauf, Macron zu unterstützen. Melenchon hofft auf ein gutes Ergebnis seiner Bewegung La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) bei der Parlamentswahl im Juni und hat sich bereits als Premierminister ins Gespräch gebracht.

Frankreich: Das TV-Duell um die Präsidentschaft

Der französische Präsidentschaftswahlkampf findet mit einem TV-Duell zwischen Amtsinhaber Macron und Herausforderin Le Pen einen Höhepunkt. Die Umfragen vor der Diskussion waren diesmal knapper als vor fünf Jahren.

Für die letzten beiden Tage des Wahlkampfs plant Le Pen noch mehrere Besuche im Norden des Landes, wo sie in der ersten Runde gut abgeschnitten hat. Macron wird seinen Wahlkampf im südfranzösischen Nizza beschließen. In Befragungen vor der Stichwahl lag der Amtsinhaber in der Wählergunst zuletzt klar vorn. Im Schnitt kam er auf 55,83 Prozent. Damit zeichnet sich ein weniger enges Rennen ab, als es vor der ersten Runde der Präsidentenwahl laut Umfragen zu erwarten war.

Am Freitag um Mitternacht beginnt die politische Funkstille, in der weder die Veröffentlichung von Umfragen noch von Interviews erlaubt ist. Die Wahllokale sind am Sonntag von 8.00 bis 19.00 Uhr geöffnet, in Großstädten auch bis 20.00 Uhr. Erste Hochrechnungen werden um 20.00 Uhr veröffentlicht.