ÖVP-U-Ausschuss: USB-Stick mit BMI-Chats im Fokus

Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss widmet sich heute einmal mehr der Einflussnahme auf Ermittlungen und Kontroversen zwischen den Ermittlungsbehörden. Am Vormittag befragt wurde „Ibiza“-Staatsanwalt Bernd Schneider, der unter anderem bei der Staatsanwaltschaft Wien federführend für die Ermittlungen zu den kriminellen Aspekten rund um die Herstellung des „Ibiza-Videos“ zuständig war. Nunmehr ist Schneider bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten tätig.

Die Opposition ortet in Schneider eine Vertrauensperson der ÖVP in der Justiz: Die SPÖ sprach vorab vom „Lieblingsstaatsanwalt der ÖVP“, den man sich stets wünsche, wenn es um heikle Verfahren gehe. Das sagte unisono auch die FPÖ, die in Schneider einen „fixen Pfeiler im System Pilnacek“ sieht – man wolle herausfinden, ob er der „Mann fürs Grobe“ sei, für den man ihn halte.

Verfahren verschleppt?

Viel Raum nahmen dann Fragen zu den BMI- und Kloibmüller-Chats ein. Die Opposition wirft Schneider ja vor, die Chats absichtlich nicht zum Akt genommen zu haben, um das Verfahren im Zuge dessen zu verschleppen. Entsprechend ausführlich wurde Schneider dazu befragt, der Speicherstick wurde bei einer von ihm geleiteten Hausdurchsuchung gefunden. Diese fand bei einem Ex-Polizeibeamten statt, der in Verdacht stand, Ex-BVT-Mann Egisto Ott zum Amtsmissbrauch angestiftet zu haben. Man habe nach Datenträgern gesucht und dabei sei auch der Stick gefunden worden.

Staatsanwalt Bernd Schneider im ÖVP Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Schneider (l.) bei der Ankunft

„Wildes Sammelsurium“

Den USB-Stick habe er im Februar/März 2021 das erste Mal in Händen gehalten. Er habe den Stick einem IT-Experten zur Untersuchung und Auswertung gegeben – Schneider sprach von einem „wilden Sammelsurium“ von Daten. Der Auftrag habe gelautet zu erörtern, ob es sich um private oder dienstliche Daten handelt – zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen.

In seinem Verfahren sei der ehemalige Kabinettschef des Innenministeriums, Michael Kloibmüller, als Opfer geführt worden, wie Schneider mehrmals sagte. Auch wies Schneider wiederum mehrmals darauf hin, dass es zu seiner Zeit gegen Kloibmüller keinen Anfangsverdacht gegeben habe („Ich habe nicht Kloibmüller verfolgt, weil er Opfer war“).

„Ein reiner Opfer-Stick“

Die Auswertung habe „länger gedauert, als ich bei der Staatsanwaltschaft Wien war“, so Schneider. Die Frage, ob mangels Auswertung nicht Verjährung gedroht habe, konterte Schneider mit der Aussage, dass es sich um einen „reinen Opfer-Stick gehandelt“ habe. NEOS fühlte sich an Kloibmüllers Involvierung in Chats rund um Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) erinnert, in der viel verjährt sei.

NEOS wies auf Zufallsfunde hin, die es im Zuge von Ermittlungen schließlich geben könne. Im Abschlussbericht der AG Fama, die sich als Sondereinheit im Bundeskriminalamt mit Ott und Co. beschäftigt, sei von „politisch brisanter Information“ die Rede gewesen, hieß es seitens NEOS. Ob das nicht rascheren Wissensfortschritt seinerseits bedinge? Darauf gab Schneider an, dass das auch keinen Anfangsverdacht darstelle. Und warum habe die Auskunftsperson eine nähere Auswertung des Sticks beantragt, obwohl schon die Medien von den Kloibmüller-Chats berichteten und es bereits Strafanzeigen gab? Auf die Frage der Grünen sagte Schneider, dass er einen vollständigen schriftlichen Bericht beauftragt habe.

Fokus auf Kontakten mit Pilnacek und Fuchs

Im Fokus der Befragung im Ausschuss stand außerdem sein Verhältnis zum mittlerweile suspendierten Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, und Oberstaatsanwalt Johann Fuchs. Schneider gab an, dass das Verhältnis zu Pilnacek ein „rein dienstliches“ gewesen sei, Pilnacek habe er im Untersuchungszeitraum nur einmal getroffen, Fuchs zweimal. „Ein besonderes Vertrauensverhältnis kann ich nicht bestätigen“, sagte Schneider auf Fragen zu Pilnacek.

Mit dem Konflikt zwischen den Behörden habe er sich nicht beschäftigt, auch zur Ursache könne er keine Angabe machen, gab Schneider an. Den Ausdruck „System Pilnacek“ kenne er nur aus den Medien, wie er auf ÖVP-Fragen angab. Politische Beeinflussung oder Druck habe er zu keiner Zeit erlebt, gab er an.

„Ich stelle mir eine Observation vor“

Auch Thema waren die Schredderaffäre und diesbezügliche Chats zwischen Pilnacek und Fuchs. Ersterer schrieb in Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und von ihm vermuteten Leaks an Fuchs: „Ich stelle mir eine Observation vor.“ Dazu machte Schneider aber keine Angaben.

Ebenso behandelt wurde ein Chat zwischen Fuchs und Pilnacek anlässlich der Hausdurchsuchung bei einem Beschuldigten in der Causa „Ibiza-Video“. Pilnacek lieferte Fuchs darin Ideen, Kontakt mit Schneider aufzunehmen. Ebendieser konnte dazu im Ausschuss nichts sagen. Mehr als die besagten zwei Treffen habe es nicht gegeben, Telefonate zwischen dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) und einem Staatsanwalt seien nicht üblich.

Spannung vor Poppenwimmer-Befragung

Nach Schneider kommt mit Linda Poppenwimmer jene zurzeit karenzierte Staatsanwältin der WKStA, die nun ausgerechnet bei der Anwaltskanzlei Ainedter & Ainedter arbeitet, die auch ÖVP-Vertreter zu ihrer Klientel zählt.

Poppenwimmers Wechsel zur Rechtsanwaltskanzlei hatte im November für öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Aufgetauchte Chats zeigten, dass die Juristin Interna aus Besprechungen der WKStA an ihren Vorgesetzten, den OStA-Leiter Fuchs, weitergetragen hat.

Die Opposition sieht in Poppenwimmer einen „Maulwurf der ÖVP“, die ÖVP selbst hält es für „legitim“, dass seitens Poppenwimmer Kontakt mit der Fach- und Dienstaufsicht aufgenommen wurde. Als Vertrauensperson Poppenwimmers wird heute übrigens Klaus Ainedter fungieren.