Wahlärzte: Debatte über Eindämmung und Kassenstellen

Angesichts unbesetzter Kassenarztstellen und der steigenden Attraktivität der für die Patienten und Patientinnen teuren Wahlarzttätigkeit wird der Ruf nach Reformen lauter.

Heute versprach Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), flexiblere Verträge für die Ärzte. Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher-Holzhacker hatte zuvor Änderungen verlangt, aber auch vor steigenden Kosten bei mehr Verträgen gewarnt.

Angestoßen hatte die Debatte einmal mehr Andreas Huss, Arbeitnehmervertreter und (in der halbjährlich mit den Arbeitgebern wechselnden Rotation an der Spitze) aktuell Vizeobmann der ÖGK. Nachdem er im Vorjahr Kassenverträge für alle Ärzte, die das wollen, verlangt hatte, sprach er sich zuletzt für eine Umstellung auf das deutsche System aus, wo es entweder Ärzte im Kassensystem oder reine Privatärzte gebe. Die Ärztekammer lehnt das ab.

Zu wenig Kassenärzte, zu viel Wahlärzte?

Sind Besuche bei Wahlärzten zu teuer und soll das Wahlärztesystem abgeschafft werden – wie bereits gefordert? In der ZIB2 war Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), zu Gast.

Auch ÖGK-General Wurzer hat andere Vorstellungen. „Das Vertragsarztsystem in Österreich funktioniert sehr gut“, sagte er zur APA, man wolle es aber weiter verbessern. Weil das Interesse an Einzelordinationen abnehme und die neue Generation an Ärzten lieber in Teams arbeite, biete man flexible Vertragsmodelle an, etwa mit der Teilung von Kassenstellen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten.

Grafik zeigt Daten zum Mangel an Kassenärzten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Rechnungshof

Wurzer verspricht „Susi-Sorglos-Paket“

Außerdem wolle man jüngere Medizinerinnen und Mediziner dazu bewegen, einen Kassenvertrag zu übernehmen. Da für viele auch das unternehmerische Risiko eine Hürde darstelle, soll es Unterstützung bei der Ordinationsgründung geben.

Wurzer versprach wörtlich ein „Susi-Sorglos-Paket“: „Das soll Ärztinnen und Ärzten insofern entgegenkommen, indem sie Leistungen wie Terminmanagement oder EDV auslagern können – so können sie sich ganz der Medizin widmen.“

Hofmarcher-Holzhacker sprach im Ö1-Morgenjournal von der Notwendigkeit einer großen Änderung, da es sich nur besser Gestellte leisten könnten, zum Wahlarzt zu gehen (weil man, egal wie hoch die Rechnung des Arztes ist, nur 80 Prozent des jeweiligen Kassentarifs von der Sozialversicherung refundiert bekommt). Werde einfach die Zahl der Verträge erhöht, komme das die Kassen aber teuer, daher müsse das Honorierungssystem in Richtung mehr Pauschalen umgestellt werden.

Die oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) hatte zuletzt Pflichtdienste für Wahlärzte etwa in der Drogentherapie oder bei Nachtdiensten vorgeschlagen. Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart lehnte das nun als „völlig realitätsfremd“ ab. Über das Ausmaß des Problems hatte im September 2021 der Rechnungshof berichtet.

Wurzer hingegen weist den Vorschlag nicht a priori zurück. Man könne darüber nachdenken, meinte er gegenüber der ZIB2. Aber ob das mit Zwang funktionieren könne, „wird man erst am Ende des Tages sehen“. Jedenfalls könne man darüber diskutieren, ob man auch einen Beitrag für das öffentliche System leisten solle, wenn man etwa während der Ausbildung davon profitiert habe.