Britischer Premierminister Boris Johnson
Reuters/Toby Melville
„Partygate“

Johnson muss sich U-Ausschuss stellen

Der britische Premierminister Boris Johnson muss sich wegen mutmaßlicher Lügen im Zusammenhang mit der „Partygate“-Affäre während der Pandemie einem Untersuchungsausschuss stellen. Ein entsprechender Antrag der Labour-Opposition wurde am Donnerstag nach mehrstündiger Debatte ohne Abstimmung durchgewunken.

Die Untersuchung soll sich mit der Frage befassen, ob Johnson im Parlament bezüglich illegaler Feiern in Lockdown-Zeiten gelogen hat. Es geht um die Frage, ob der Premier gegen den ministeriellen Kodex (Ministerial Code) verstoßen hat – eine Art Verhaltenskodex für Mitglieder der Regierung. Eine absichtliche Täuschung des Parlaments gilt als klarer Rücktrittsgrund.

Johnson steht wegen mehrerer Partys während Coronavirus-Lockdowns bereits seit Monaten unter Druck. Nach der Enthüllung hatte er im Parlament mehrfach beteuert, die Regeln seien stets befolgt worden. Später stellte sich heraus, dass der Premier selbst an mehreren der fraglichen Zusammenkünfte teilgenommen hatte. Bei einem der Feste hatte sich Johnson zu seinem Geburtstag mit einem Kuchen von seinen Mitarbeitern feiern lassen. Johnson stellt sich auch auf den Standpunkt, er habe nicht gemerkt, dass es sich um Partys handelte.

Strafzahlung für Premier

Johnson musste dafür sogar eine von der Polizei verhängte Strafe zahlen – er gilt damit als erster amtierender britischer Premierminister, der offiziell gegen das Gesetz verstoßen hat. Auch Johnsons Ehefrau Carrie und Finanzminister Rishi Sunak mussten Bußen zahlen. Weitere Strafen könnten folgen. Daraufhin gab sich Johnson zwar reuig, einen Rücktritt schloss der 57-Jährige aber aus.

Britischer Premierminister Boris Johnson spricht vor dem Parlament
Reuters/UK Parliament/Roger Harris
Johnson hatte sich mehrfach im Parlament zu der Causa äußern müssen

Johnson befindet sich derzeit auf einer Auslandsreise in Indien. Versuche der Regierungspartei, die Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, ließen die Konservativen kurz vor dem Beginn der Debatte fallen. Johnson hatte dafür geworben, zunächst den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten. Doch offenbar war damit selbst eine größere Zahl seiner eigenen Abgeordneten nicht einverstanden.

Die Opposition fordert Johnsons Rücktritt. Auch mehrere seiner konservativen Parteikollegen kritisierten Johnson scharf. Selbst der Erz-Brexiteer Steve Baker kündigte im Vorfeld an, für die Untersuchung zu stimmen und rief Johnson zum Rücktritt auf. „Der Premierminister sollte längst weg sein“, sagte er.