Republikaner McCarthy wollte offenbar Trumps Rückzug

Der führende Republikaner Kevin McCarthy hat einem Telefonmitschnitt zufolge erwogen, nach der Attacke auf das Kapitol im Jänner 2021 den damaligen US-Präsidenten Donald Trump zum Rücktritt aufzufordern. Die „New York Times“ veröffentlichte gestern Abend (Ortszeit) die Aufzeichnung eines Telefonats von McCarthy mit der Fraktionsführung im Repräsentantenhaus vom 10. Jänner 2021, wenige Tage nach der Kapitol-Attacke.

Kevin McCarthy
AP/J. Scott Applewhite

McCarthy, der republikanische Minderheitsführer in der Kongresskammer, sagte der Audiodatei zufolge, er wolle Trump zum Rücktritt raten. Mit Blick auf eine drohende Resolution zur Amtsenthebung im Kongress wolle er seinem Parteikollegen sagen: „Ich denke, das wird durchkommen. Und ich würde empfehlen zurückzutreten.“ Er räumte laut Aufzeichnung zugleich ein, es sei unwahrscheinlich, dass Trump dem Rat folge.

Die „New York Times“ zitierte McCarthy weiter mit den Worten: „Was er (Trump) getan hat, ist inakzeptabel. Niemand kann das verteidigen und niemand sollte das verteidigen.“ Zu hören ist in dem Mitschnitt auch die prominente Republikanerin Liz Cheney.

Die „New York Times“ hatte zunächst über McCarthys Aussagen berichtet, ohne die Aufzeichnung des Telefonats zu veröffentlichen. Der Republikaner wies den Bericht in einer Stellungnahme auf Twitter vehement zurück und nannte die Darstellung „völlig falsch“. Nach der Veröffentlichung der Audiodatei äußerte er sich zunächst nicht.

Trump in Amtsenthebungsverfahren freigesprochen

Anhänger Trumps hatten am 6. Jänner 2021 gewaltsam den Sitz des US-Kongresses in der Hauptstadt Washington erstürmt. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Der beispiellose Gewaltausbruch sorgte für Entsetzen. Trump musste sich wegen des Angriffs einem Amtsenthebungsverfahren stellen, weil er seine Anhänger zuvor in einer Rede aufgestachelt hatte. Am Ende des Verfahrens wurde er freigesprochen.

Unmittelbar nach der Attacke hatten sich diverse – auch hochrangige – Republikaner schockiert gezeigt und sich von Trump distanziert. McCarthy und auch der oberste Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, hatten Trump zunächst mitverantwortlich für die Erstürmung des Kapitols gemacht. Später schlugen sie sich wieder auf die Seite ihres Parteikollegen, wohl angesichts dessen großen Rückhalts an der Basis.