Robert Golob (Gibanje Svoboda)
APA/AFP/Jure Makovec
Opposition siegt klar

Slowenien wählt Machtwechsel

Slowenien hat für den Machtwechsel gestimmt: Das Oppositionsbündnis holte am Sonntag bei der Parlamentswahl einen klaren Sieg gegen den rechtsnationalen Premier Janez Jansa und dessen Demokratische Partei (SDS). Die SDS räumte ihre Niederlage bereits ein. Jansa ließ seine Zukunft offen.

Die Partei des Ex-Topmanagers Robert Golob kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf 34,5 Prozent, während die SDS von Jansa nur 23,6 Prozent erreichte. Der grün-liberale Energieexperte Golob kündigte eine rasche Regierungsbildung unter seiner Führung an.

Jansa räumte seine Niederlage ein. „Ich gratuliere dem Wahlsieger“, sagte der geschlagene Regierungschef am Sonntagabend. Er hoffe, dass Golob „erfolgreich sein, eine stabile Regierung bilden und ein Team aufstellen wird, das für ganz Slowenien arbeitet“. Die aktuelle Regierung habe eine „stabile Basis“ für ihre Nachfolgerin gelegt, so Jansa, der eine konstruktive Oppositionsarbeit versprach.

Golob kündigt rasche Regierungsbildung an

Wahlsieger Golob wandte sich aufgrund einer CoV-Infektion per Videoschaltung an seine Anhänger. „Heute tanzen die Menschen. Morgen ist ein neuer Tag und ab morgen werden wir hart arbeiten, um das Vertrauen zu rechtfertigen“, sagte der 55-Jährige. In einem späteren Auftritt kündigte er an, „ganz schnell“ eine Regierung bilden zu wollen, und zwar schon innerhalb eines Monats.

Slowenien brauche nämlich umgehend eine neue Regierung. Dabei bezeichnete er die Sozialdemokraten als möglichen Koalitionspartner. Es sei zwar noch offen, welche Parteien es ins Parlament schaffen werden. Klar sei aber schon jetzt, „wer sie führen wird“.

Golob war erst im Jänner in die slowenische Politik eingestiegen, indem er eine kleine außerparlamentarische Grünpartei übernahm und sie in Freiheitsbewegung umtaufte. Jansas Regierung hatte wesentlich dazu beigetragen, indem sie Golob im vergangenen Herbst als Chef des staatlichen Stromversorgers Gen-I absetzte.

Deutlich weniger Parteien im Parlament

Teilergebnissen zufolge schafften nur noch die christdemokratische Partei Neues Slowenien (NSi), die Sozialdemokraten (SD) und die Linke den Einzug ins Parlament. SD-Chefin Tanja Fajon bot sich dem Wahlsieger bereits als Koalitionspartnerin an und pries die SD als „Stabilitätsfaktor“ und „verlässliche Wahl“ für eine Mitte-links-Regierung.

Wehrschütz aus Ljubljana

In einer ersten Analyse zum Wahlausgang betonte Wehrschütz, dass es weniger eine Wahl für den Sieger und Quereinsteiger Robert Golob als eine gegen den rechtsnationalen Premier Janez Jansa war.

40 Mandate für Golobs Freiheitsbewegung

Die Freiheitsbewegung stand nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen bei 40 der 90 Mandate, die SDS bei 28, gefolgt von NSi (acht), SD (sieben) und der Linken (fünf). Zwei Mandate im slowenischen Parlament sind für Vertreter der italienischen und ungarischen Volksgruppen reserviert.

Bisher waren neun Parteien im slowenischen Parlament vertreten. Jansas SDS hatte die Wahl 2018 gewonnen, war aber von einer links-liberalen Fünf-Parteien-Minderheitsregierung ausgebremst worden. Diese hielt aber nur gut ein Jahr. Im März 2020 schaffte Jansa ein Comeback und brachte dann mit autoritärer Politik viele Slowenen gegen sich auf.

Zivilgesellschaft machte mobil

Im Vorfeld der Wahl mobilisierte auch die Zivilgesellschaft gegen Jansa und trug wesentlich dazu bei, dass die Wahlbeteiligung mit 67,4 Prozent um 15 Prozentpunkte höher war als vor vier Jahren.

Während die Linke 4,3 Prozent erreichte, scheiterten mehrere andere Parteien an der Vierprozenthürde für den Einzug ins Parlament, darunter die Liste von Ex-Premier Marjan Sarec (LMS) mit 3,7 Prozent, die mitregierende Konkretno mit 3,4 Prozent und auch die Partei der liberalen Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratusek (SAB), für die auch die frühere NEOS-Abgeordnete Angelika Mlinar kandidierte (2,6 Prozent). Sie lag sogar hinter der CoV-Maßnahmen-Gegnerpartei Resni.ca (2,9 Prozent). Nur auf 0,64 Prozent kam die Demokratische Pensionistenpartei (DeSUS), die mehr als zwei Jahrzehnte lang durchgehend Mehrheitsbeschaffer von linken und rechten Regierungen gewesen war.

„Ungarisches Experiment beendet“

Politikexperten werteten das Ergebnis auch als Niederlage des oppositionellen Anti-Jansa-Blocks. Die vier linken und liberalen Parteien, die sich im Parlament zur „Koalition des Verfassungsbogens“ (KUL) zusammengeschlossen hatten, mussten nämlich allesamt deutlich Federn lassen, zwei flogen sogar aus dem Parlament.

Trotzdem zeigten sie sich erfreut über den Wahlausgang. „Heute sind wir auf der Siegerseite. Es herrscht eine gemeinsame Erleichterung, dass wir das Ziel erreicht haben, die Regierung auszuwechseln“, sagte SD-Chefin Fajon.

„Nach einem zweijährigen Alptraum verabschiedet sich diese Regierung. Das ist heute der größte Erfolg“, sagte Ex-Premier Sarec. „Das ungarische Experiment in Slowenien ist beendet“, sagte auch Linke-Chef Luka Mesec. Wegen des schlechten Wahlergebnisses kündigte er an, den Parteigremien seinen Rücktritt anbieten zu wollen.

Siegreiche Bewegung sucht Platz im EU-Parlament noch

Offen ist aktuell noch die Frage, welcher europäischen Parteienfamilie sich die Bewegung Golobs anschließen wird. Die Europäischen Grünen zeigten sich am Montag für eine Zusammenarbeit offen. „Ich bin für Gespräche jedenfalls sehr aufgeschlossen und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit“, teilte der Kovorsitzende der Europäischen Grünen, Thomas Waitz, mit. Es gebe „gute Kontakte, aber bisher noch keine offizielle Beitrittsanfrage“.

Golob hatte sich in der Vergangenheit bei Parteien engagiert, die den europäischen Liberalen angehören. „Es gibt von unserer Seite keine Skepsis. Die Bewegung ist lediglich sehr neu, daher gab es bisher noch nicht so viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit“, betonte der österreichische Europaabgeordnete.

„Ich selbst bin ein sehr großer Anhänger grüner Politik und glaube, dass man in der Klimapolitik nicht weiter zögern sollte“, so Golob am Wahlabend auf eine Frage nach der künftigen Ausrichtung der Partei. „Leider“ gebe es bei den Grünen aber „noch etwas Skepsis uns gegenüber“, während man von den Liberalen schon eine Einladung bekommen habe, so Golob auf die Frage, welcher EU-Parteienfamilie sich die Freiheitsbewegung anschließen werde.

Jansa weicht Frage nach Rücktritt aus

Jansa äußerte sich ausweichend auf die Frage, ob er an Rücktritt denke. Vor ihm stehe diesbezüglich „eine lange Reihe derjenigen, die alle Mandate oder die Hälfte ihrer Mandate verloren haben“, sagte er. Der 63-jährige Politikveteran führt die konservative SDS seit dem Jahr 1993 mit eiserner Hand und hat schon zahlreiche Höhen und Tiefen erlebt, bis hin zu einer mehrwöchigen Gefängnisstrafe kurz vor der Wahl 2014 wegen eines Korruptionsurteils. Regierungschef war er dreimal, und zwar von 2004 bis 2008, 2012 und 2013 und seit 2020.

Angriffe auf Medien und Justiz

In der aktuellen Amtszeit sorgte Jansa nicht nur mit Angriffen auf Medien und Justiz für Empörung, sondern etwa auch mit seiner Gratulation nach dem Fake-Wahlsieg von US-Präsident Donald Trump im Jahr 2020. Im Rechtsstaatsstreit mit Ungarn und Polen verglich er die Europäische Union mit dem kommunistischen Jugoslawien.

Lob erhielt er jedoch für die slowenische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2021. Jüngst punktete er international auch, indem er sich klar hinter die Ukraine stellte und Mitte März sogar mit seinen Amtskollegen aus Polen und Tschechien zu einem Solidaritätsbesuch ins umkämpfte Kiew reiste.