Russlands Außenminister Sergei Lawrow mit UNO Generalsekretär Antonio Guterres
APA/AFP/Maxim Shipenkov
UNO-Chef in Moskau

„Alles Mögliche“ für Kriegsende tun

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat sich für eine rasche Waffenruhe und ein Ende des Krieges in der Ukraine ausgesprochen. Er habe ein Interesse daran, „alles Mögliche“ zu tun, um den Krieg und das Leiden der Menschen zu beenden, sagte der 72-Jährige am Dienstag bei seinem Besuch in Moskau. Im Anschluss an ein Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow traf Guterres auf Präsidenten Wladimir Putin.

Russische Staatsmedien zeigten am Dienstag, wie sich der Diplomat und der Kreml-Chef an dem großen ovalen Tisch im Saal des Senatspalastes gegenübersaßen. Das Gespräch im Kreml soll etwa eine Stunde gedauert haben. Putin erklärte daraufhin, die Verhandlungen mit der Ukraine würden im Onlineformat fortgesetzt. Er hoffe auf ein positives Ergebnis.

Der UNO zufolge habe Putin bei dem Treffen im Grundsatz einer Beteiligung der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz bei der Rettung von Zivilisten aus dem belagerten Asow-Stahl-Werk in Mariupol zugestimmt. Ein Sprecher erklärte nach dem Treffen, es seien Anschlussgespräche zwischen dem russischen Verteidigungsministerium und dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der UNO geplant.

Guterres mahnt bei Treffen mit Lawrow

Der Krieg habe schon jetzt weltweit auch Auswirkungen auf die Preise bei Lebensmitteln und Energie, hatte Guterres zuvor bei seinem Treffen mit Lawrow gemahnt. Deshalb sei es nötig, den Dialog zu führen und eine Waffenruhe zu erreichen, um die Bedingungen für eine friedliche Lösung des Konflikts zu finden, sagte der UNO-Chef.

Unterschiedliche Interpretationen über die Kriegsgeschehnisse in der Ukraine würden die „Möglichkeit, einen sehr ernsthaften Dialog darüber zu führen, wie wir am besten daran arbeiten können, das Leiden der Menschen zu minimieren“, nicht einschränken, so Guterres.

Guterres für Bildung von trilateraler Gruppe

Guterres schlug die Bildung einer trilateralen Gruppe zur Lösung humanitärer Probleme in der Ukraine vor, bestehend aus Vertretern der UNO, Kiews und Moskaus. Diese Kontaktgruppe könne die Sicherheit von Fluchtkorridoren gewährleisten, sagte der Portugiese. Lawrow betonte bei der Pressekonferenz mit dem UNO-Generalsekretär, dass Russland prinzipiell für eine Verhandlungslösung sei. Es sei derzeit aber „noch zu früh“, um über Vermittler in dem Prozess zu reden.

Lawrow warnte erneut vor Waffenlieferungen an die Ukraine. „Wenn das so weitergeht, werden die Verhandlungen wohl kaum ein Ergebnis bringen“, sagte er. Russland sei weiter bereit zu Verhandlungen für ein Ende der Kampfhandlungen, so Lawrow. Aber er sehe kein echtes Interesse in Kiew.

Lawrow: Westen hat kein Interesse an Lösung

Lawrow warf der Ukraine und dem Westen vor, bereits in den vergangenen acht Jahren kein Interesse an der Lösung des Konflikts gezeigt zu haben. Dazu habe der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Vereinbarungen des Minsker Friedensplans aufgekündigt. Zu dem Friedensplan von Minsk habe es auch eine UNO-Resolution gegeben, an die sich keiner gebunden gefühlt habe, sagte Lawrow.

Guterres: Leiden der Menschen minimieren

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sprach sich in Moskau gegenüber dem russischen Außenminister Sergej Lawrow für eine rasche Waffenruhe und ein Ende des Krieges aus.

Dazu sagte UNO-Chef Guterres, dass die Resolutionen bindend seien. Er machte aber deutlich, dass es andere Methoden als Krieg gebe, die Ziele durchzusetzen. Guterres betonte, er bedauere, dass die Vereinten Nationen an der Umsetzung nicht beteiligt waren – nämlich im Normandie-Format, in dem Frankreich und Deutschland in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland vermittelten.

Lawrow sagte weiters, dass sich um die Ukraine viele Probleme angesammelt hätten, die geklärt werden müssten. Sprechen wolle Russland aber auch über die Entwicklung der Vereinten Nationen insgesamt. Lawrow beklagte, es gebe Tendenzen im Westen, eine monopolare Welt zu errichten. Darauf erwiderte Guterres, er sei ein erklärter Anhänger einer multipolaren Welt.

ZIB-Korrespondent Paul Krisai aus Moskau

Russland warnt vor dem Dritten Weltkrieg. Ist das Propagandalärm oder ernst gemeint? ZIB-Korrespondent Paul Krisai berichtet aus Moskau.

Guterres: UNO-Ressourcen für Mariupol-Evakuierung

Guterres äußerte sich besorgt über mögliche Kriegsverbrechen in der Ukraine. Die Vorwürfe gegen die russischen Streitkräfte müssten unabhängig untersucht werden, sagte Guterres.

Die UNO sei bereit, alle verfügbaren Ressourcen zu mobilisieren, um in der belagerten Hafenstadt Mariupol Leben zu retten und die Menschen in Sicherheit zu bringen, sagte Guterres. Tausende Zivilpersonen brauchten dringend humanitäre Hilfe, sagte der UNO-Generalsekretär. In Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz könnten die Vereinten Nationen Zivilistinnen und Zivilisten aus dem umkämpften Asow-Stahl-Werk in Mariupol holen, schlug Guterres vor.

Russlands Außenminister Sergei Lawrow triffft mit UNO Generalsekretär Antonio Guterres zu einer Besprechung zusammen
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UNO-Chef Guterres bei Lawrow: Die UNO versucht eine größere diplomatische Rolle im Ukraine-Krieg einzunehmen

Der UNO-Generalsekretär will nach seinem Russland-Aufenthalt über Polen in die Ukraine weiterreisen, wo er am Donnerstag mit Präsident Selenskyj zusammenkommen will. Zuletzt ist der Druck auf Guterres gewachsen, eine aktivere Rolle in dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einzunehmen. Russische Truppen waren am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert.

Lawrow: Gefahr von Drittem Weltkrieg „ernst“

Russlands Außenminister Lawrow hatte vor seinem Treffen mit Guterres Ängste vor einem Dritten Weltkrieg geschürt. „Die Gefahr ist ernst, sie ist real, sie darf nicht unterschätzt werden“, sagte Lawrow in einem Interview im russischen Fernsehen. Nach den Worten Lawrows führt die NATO durch westliche Waffenlieferungen an die Ukraine zudem einen Stellvertreterkrieg gegen Russland.

Warnung vor Drittem Weltkrieg

Deutschland wird nun doch auch schwere Waffen an die Ukraine liefern. Das hat die deutsche Verteidigungsministerin bei einem hochrangigem Treffen am US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland bekanntgegeben. Der Kreml warnt unterdessen vor der Gefahr eines Dritten Weltkriegs.

Auf einen Vergleich der aktuellen Situation mit der Zeit der Kuba-Krise 1962 angesprochen sagte Lawrow, dass es „damals tatsächlich nur wenige Regeln gab, geschriebene Regeln“. Aber die „Verhaltensregeln“ seien ziemlich klar gewesen – in Moskau sei klar gewesen, wie sich Washington verhalte, und Washington sei klar gewesen, wie sich Moskau verhalte. Auch heute gebe es wenige Regeln, sagte Lawrow weiter und verwies auf den atomaren Abrüstungsvertrag New START. Aber „gleichzeitig sind alle anderen Instrumente der Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung praktisch zerstört“.

Kritik aus USA an Lawrows Aussagen

Das US-Verteidigungsministerium kritisierte Lawrows Warnungen und sprach von einer Eskalation. Die USA hätten die Einsatzbereitschaft ihrer nuklearen Abschreckung nicht verändert, sagte Ministeriumssprecher John Kirby. Die russische Armee und der ganze Staat seien seit Beginn des Krieges schwächer geworden. „Wir wollen, dass Russland in Zukunft nicht mehr in der Lage ist, seine Nachbarn zu bedrohen“, so Kirby.

Panzer pro-russischer Verbände in der Ostukraine
Reuters/Alexander Ermochenko
Russische Truppen in der Ukraine: Aus den USA kommt scharfe Kritik an Lawrows Warnung vor einem Dritten Weltkrieg

Der britische Verteidigungsstaatssekretär James Heappey wies Lawrows Aussagen ebenfalls zurück. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Ukraine dank der Waffenlieferungen die russische Invasion erfolgreich abwehren könne. Die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung zwischen Russland und der NATO sei „verschwindend gering“, so Heappey.