Infrastrukturministerin Leonore Gewessler
APA/Hans Punz
Versorgung in Österreich

Russland liefert „ohne Unterbrechung“

Russland liefert auch nach einem entsprechenden Stopp für Polen und Bulgarien weiterhin Erdgas nach Österreich. Das gab Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch bekannt. Russisches Gas fließe „ohne Unterbrechung“ nach Österreich, so Gewessler im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Über die Versorgungsrouten „Nord Stream“ und die Ukraine werde „uneingeschränkt geliefert“.

Auf die Frage, ob es Anzeichen für einen Lieferstopp für Österreich gebe, sagte sie davor im Ö1-Morgenjournal: „Nein, diese Anzeichen haben wir nicht.“ Man müsse hierzulande alles tun, „um unsere Abhängigkeit von russischem Gas so schnell wie möglich zu beenden“, sagte die Klimaministerin. Der erstmalige Lieferstopp für zwei EU-Staaten zeige nämlich, dass man sich auf Russland nicht verlassen könne. „Wladimir Putin führt Krieg auch mit Energielieferungen.“

Auch der Energieregulator E-Control berichtete von normalen und ungestörten Gaslieferungen. „Es gibt stabile Gasflüsse am Gasknoten Baumgarten, und wir sehen, dass ganz normale Werte nominiert sind“, so Vorstandsdirektor Wolfgang Urbantschitsch am Mittwoch.

Gewessler sagte, dass das bulgarische Netz „nichts mit dem österreichischen Netz zu tun“ habe. Zur „Jamal“-Pipeline nach Polen, die auch mit Österreich verbunden ist, sagte sie, dass schon in den vergangenen Tagen „wenig Gas“ über sie gekommen sei. Die OMV sei derzeit „im Austausch“, um die Gaszahlungen an Russland „sanktionskonform über Euro abzuwickeln“, sagte sie.

Österreich zahlt weiter in Euro

Ein über die russische Nachrichtenagentur TASS gestreutes Gerücht, Österreich zahle in Rubel, wurde umgehend als falsch eingeordnet: Es gelte weiter, dass Österreich in Euro auf ein Konto der Gasprombank für die Gaslieferungen zahlt. Dort wird der Betrag dann von Russland in Rubel umgetauscht, teilte das Bundeskanzleramt mit. „Bevor hier Fake News der russischen Propaganda weiter verbreitet werden. Die OMV bezahlt Gaslieferungen aus Russland selbstverständlich weiterhin in Euro“, schrieb Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf Twitter.

Bis zu 6,6 Mrd. Euro für Anlegung von Gasreserven

Nehammer verwies im Pressefoyer auf die finanziellen Rahmenbedingungen. Als strategische Gasreserve seien 1,6 Mrd. Euro im Budget vorgesehen. Zusätzlich verfüge man noch über einen Budgetspielraum von fünf Mrd. Euro für die Energieeinspeicherung für den Winter. Österreich sieht für die Anlegung der strategischen Gasreserven also insgesamt bis zu 6,6 Mrd. Euro aus dem Budget vor. Damit soll sichergestellt werden, dass bis zum Winter die Gasspeicher zu 80 Prozent gefüllt sind, so Nehammer und Gewessler nach der Regierungssitzung.

Gasversorgung in Österreich gesichert

Aktuell bezieht Österreich noch russisches Gas. Im Falle eines Lieferstopps aus Russland gibt es ein Notfallszenario. Private Haushalte müssen sich laut Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) keine Sorgen machen.

In dem nun abgesegneten Ministerratsvortrag heißt es, Ziel der Bundesregierung sei es, die Resilienz der Energieversorgung für den Fall einer Erdgaslieferunterbrechung zu stärken. Insbesondere soll sichergestellt werden, „dass die österreichischen Erdgasspeicher vor Beginn der kommenden Heizsaison bestmöglich, zumindest aber zu 80 Prozent gefüllt sind“. „Keine Wohnung darf im Winter kalt sein“, so Nehammer. Auch die Sicherung des Industriestandorts stehe im Fokus.

„Gasstopp in Europa kein theoretisches Szenario mehr“

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte in einem Statement zur APA, man sehe aktuell, „dass ein plötzlicher Gasstopp in Europa kein theoretisches Szenario mehr ist“. „In Krisensituationen wie der jetzigen ist es die Aufgabe des Staates, mit strategischen Investitionen für weitere Eskalationen vorzusorgen“, so Brunner mit Verweis auf die 6,6 Mrd. Euro.

Eine Auflösung der bis zum Jahr 2040 geschlossenen Lieferverträge mit Russland schloss Gewessler unterdessen nicht aus. Zugleich plädierte sie dafür, so schnell wie möglich die Gaslieferungen nach Österreich zu diversifizieren. Österreich zählt zu jenen EU-Staaten, die am stärksten von russischen Gaslieferungen abhängig sind. „Diese Abhängigkeit können wir nicht von heute auf morgen beenden“, so Gewessler.

Studie sieht Abhängigkeit bis 2027

Österreich könnte ab 2027 ohne russisches Gas auskommen. Dazu müssten aber der Gasverbrauch bis dahin um ein Viertel reduziert, alternative Importe vorübergehend verdreifacht und die Produktion von Biogas und Grünem Wasserstoff stark ausgebaut werden, zeigt eine Studie der Österreichischen Energieagentur (AEA) im Auftrag des Umweltministeriums. Die Eigenproduktion von Erdgas müsste unverändert bleiben. Bis 2030 geht die Energieagentur sogar von einem Rückgang des Gasverbrauchs um ein Drittel aus.

„Kraftanstrengung“ nötig

Franz Angerer, Geschäftsführer der AEA, wies darauf hin, dass die über Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit von Russland weder unmittelbar noch kurzfristig geändert werden könne. Durch „eine nationale und internationale Kraftanstrengung“ wäre es aber bis 2027 möglich. Zugleich sagte er, dass die Vervielfachung der Erdgaspreise in vielen Branchen zu Einbrüchen beim Gasverbrauch führen werde.

„Eine präzise Berechnung der Verbrauchsminderung ist aufgrund dieser noch nie da gewesenen Preisexplosion nicht seriös“, schränkt er ein. Die Energieagentur geht davon aus, dass die Energiepreise mittelfristig hoch bleiben und es damit auch weiter Anreize gibt, den Gasverbrauch zu senken und auf erneuerbare Energieträger umzusteigen.