Gasverteilstation
Reuters/Maxim Shemetov
„Keine Erpressung“

Kreml droht mit weiteren Gaslieferstopps

Russland hat nach dem Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien anderen Ländern mit ähnlichen Schritten gedroht, sollten die Zahlungen beim Staatskonzern Gasprom nicht in Rubel eingehen. „Das ist keine Erpressung“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Russlands Präsident Wladimir Putin warnte Unterstützer der Ukraine vor schnellen russischen Gegenschlägen.

Wer sich von außen einmischen wolle und eine für Russland unannehmbare strategische Bedrohung schaffe, müsse wissen, dass die Antwort „blitzschnell, rasch“ sein werde, sagte Putin am Mittwoch in St. Petersburg. „Wir haben dafür alle Instrumente“, so Putin. „Und wir werden nicht prahlen. Wir werden sie anwenden, wenn es nötig ist. Und ich will, dass alle das wissen.“

Die notwendigen Entscheidungen seien bereits gefällt. Der Westen wolle Russland in verschiedene Teile aufspalten, erklärte Putin. Zudem habe der Westen die Ukraine in einen Konflikt mit Russland getrieben. Zugleich erklärte Putin den westlichen Versuch für gescheitert, die russische Wirtschaft mit Sanktionen abzuwürgen. Der Rubel, das Bankensystem, der Transportsektor und die Wirtschaft allgemein hätten den westlichen Sanktionen widerstanden.

Zahlungsmodalidäten „keine Erpressung“

Peskow wies Vorwürfe von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück, dass es sich bei den Zahlungsmodalidäten für russisches Gas und Öl um ein „Erpressungsinstrument“ handle. Russland verlange dem Putin-Sprecher zufolge lediglich, dass die Kunden Konten bei der Gasprombank eröffnen, um die Zahlungen abzuwickeln. Demzufolge können Kunden dort wie bisher weiter in Euro oder Dollar einzahlen, die Bank konvertiert den Betrag und überweist die Rubel an Gasprom. Es gebe keinerlei Mehrbelastungen, sagte Peskow, auch nicht durch Wechselkurse.

Zugleich machte Peskow deutlich, dass Russland auf dem System bestehe und andernfalls die Lieferungen einstelle. Wie viele Länder auf die russische Forderung eingegangen sind und ihre Rechnungen über ein Gasprombank-Konto begleichen, lässt Peskow in diesem Zusammenhang offen. Dem Kreml-Sprecher zufolge sei Russlands Staatshaushalt auf etwaige Ausfälle eingestellt. „Natürlich, alles ist eingerechnet, alle Risiken sind prognostiziert, die entsprechenden Maßnahmen ergriffen.“

Vereinzelt Ruf nach nach komplettem Stopp

Einzelne Abgeordnete und Senatoren in Russland hatten bereits gefordert, die Energielieferungen in den Westen komplett einzustellen, um die „unfreundlichen Staaten“ nicht mehr zu „beheizen“. Peskow meinte nun, dass Russland von der EU lieber konstruktive Vorschläge hören würde, wie die künftigen Beziehungen mit politisch-diplomatischen Methoden gestaltet werden könnten.

„Gegenwärtig sehen wir vom Chef der EU-Diplomatie Äußerungen dazu, dass alles auf dem Schlachtfeld entschieden werden soll“, sagte Peskow. Russland kritisiert immer wieder, dass der Westen – vor allem die EU und die USA – den Konflikt in der Ukraine mit Waffenlieferungen lösen wollen und nicht mit Verhandlungen.

Russland stellt Gaslieferungen ein

Polen und Bulgarien bekommen aktuell kein russisches Gas mehr. Dieser Schritt Moskaus wird als Reaktion darauf gewertet, dass das Gas nicht wie gefordert in Rubel bezahlt wird.

Für EU „keine Überraschung“

Der russische Staatskonzern Gasprom hat am Mittwoch seine Gasflüsse nach Polen und Bulgarien eingestellt und die Maßnahme damit begründet, dass beide Länder sich weigerten, die Lieferungen in Rubel zu bezahlen. Bulgariens Ministerpräsident Kiril Petkow bezeichnete die Vorgangsweise als „eine grobe Verletzung des Vertrags und Erpressung“. Der Lieferstopp sei nicht nur „ein direkter Angriff“ auf Polen, sondern auch ein Angriff auf „die Energiesicherheit von ganz Europa“, sagte Polens Premier Mateusz Morawiecki.

Auch EU-Kommissionschefin von der Leyen hat den Gaslieferstopp als weiteren Versuch Russlands gewertet, Gas als Erpressungsinstrument einzusetzen. „Es ist für uns keine Überraschung, dass der Kreml versucht, fossile Brennstoffe zu benutzen, um uns zu erpressen.“

Gleichzeitig stellte von der Leyen klar, dass es gegen EU-Sanktionen verstoße, Gaslieferungen in Rubel zu zahlen, wenn das nicht im Vertrag vorgesehen sei. Etwa 97 Prozent der Verträge in der EU sähen explizit Zahlungen in Euro oder Dollar vor. Die Forderung der russischen Seite, in Rubel zu zahlen, sei der Kommissionspräsidentin zufolge eine einseitige Entscheidung und entspreche nicht den mit Gasprom ausverhandelten Verträgen.

Suche nach „geringstmöglicher Auswirkung“

Geht es nach von der Leyen, werde die EU nun sicherstellen, „dass die Entscheidung von Gasprom die geringstmögliche Auswirkung auf europäische Verbraucher hat“. Polen und Bulgarien würden Gas von ihren EU-Nachbarn erhalten. Zudem werde die Zusammenarbeit regionaler Gruppen der EU-Länder verstärkt, die sich kurzfristig aushelfen könnten. „Das wird jegliche Folgen möglicher Gasunterbrechungen abfedern.“

„Dieser jüngste aggressive Schritt Russlands“ sei laut von der Leyen aber auch „eine weitere sehr deutliche Erinnerung daran, dass wir mit zuverlässigen Partnern zusammenarbeiten und unsere Energieunabhängigkeit aufbauen müssen“. Die Kommission arbeite gemeinsam mit den EU-Ländern auch weiter daran, alternative Lieferungen zu sichern. Die EU habe bereits ein Abkommen mit den USA über zusätzliche Lieferungen von Flüssiggas (LNG) in diesem und in kommenden Jahren geschlossen. Außerdem werde die Kommission Mitte Mai Pläne präsentieren, um die Energiewende zu beschleunigen.