Sanchez sagt Reise wegen Parlamentsabstimmung ab

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez hat nach Medienberichten kurzfristig eine Reise nach Polen und Moldawien abgesagt, um heute an der Debatte und der Abstimmung über ein 16-Milliarden-Euro-Entlastungspaket im Parlament teilnehmen zu können. Die Reise werde „aus Termingründen“ verschoben, berichteten der öffentlich-rechtliche Fernsehsender RTVE und andere Medien gestern unter Berufung auf Regierungskreise. Ein Regierungssprecher bestätigte das auf Anfrage.

Mit dem Notfallprogramm will die Zentralregierung Verbraucher und Unternehmen wegen der stark gestiegenen Energiekosten und der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine unterstützen. Die Billigung des Projekts durch das Parlament, die lange Zeit als gesichert galt, stand am Abend allerdings auf der Kippe.

Aufregung über Bespitzelungsaffäre

Der Grund ist eine erst vor wenigen Tagen aufgedeckte Bespitzelungsaffäre, bei der Dutzende von katalanischen Separatisten vom Geheimdienst mit Hilfe der israelischen Spähsoftware Pegasus überwacht worden sein sollen. Die linke Minderheitsregierung ist im Parlament auf die Stimmen der 13 Vertreter der linken, gemäßigt separatistischen Partei ERC angewiesen.

Diese macht aber die Regierung für die Ausspähaktion verantwortlich. Bei einer Parlamentsdebatte gestern stellte sie klar, man erwäge deshalb, gegen das Entlastungspaket zu stimmen. Auch die Zusicherung von Sanchez, man werde die Affäre untersuchen, stellte die ERC nicht zufrieden. Der Parteiführer und katalanische Regionalpräsident Pere Aragones forderte gestern unter anderen auch die Absetzung von Verteidigungsministerin Margarita Robles.

Laut Medien versuchte Sanchez am Abend, den konservativen Oppositionsführer Alberto Nunez Feijoo zu einer Enthaltung der Abgeordneten der Volkspartei (PP) bei der für Donnerstag angesetzten Abstimmung zu bewegen. Bisher hat Sanchez demzufolge 169 Ja-Stimmen sicher. Zur absoluten Mehrheit fehlen ihm zwar sieben. Bei einer Enthaltung der 88 PP-Vertreter würde er die aber nicht benötigen.

Der Antikrisenplan sieht direkte Beihilfen und Steuererleichterungen in Höhe von sechs Milliarden Euro sowie weitere zehn Milliarden Euro an staatlich unterstützten Krediten vor. Die Maßnahmen, darunter Mietbeihilfen und Treibstoffsubventionen, sollten zunächst bis zum 30. Juni gelten.