der ehemalige Tennisspieler Boris Becker
AP/Frank Augstein
Insolvenzdelikte

Zweieinhalb Jahre Haft für Boris Becker

Der ehemalige deutsche Tennisstar Boris Becker muss ins Gefängnis. Ein Gericht in London verurteilte Becker am Freitag wegen mehrerer Insolvenzstraftaten zu zweieinhalb Jahren Haft. Davon muss der 54-Jährige die Hälfte absitzen, bevor er den Rest auf Bewährung in Freiheit verbringen darf, wie Richterin Deborah Taylor am Southwark Crown Court entschied. Der dreifache Wimbledon-Sieger wurde umgehend in Gewahrsam genommen. Er hat nun 28 Tage Zeit, um gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.

Becker war 2017 gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt worden und musste daraufhin sein Vermögen offenlegen. Dennoch verschwieg er mehrere Besitztümer. Vor drei Wochen war er deshalb von Laienrichtern am Londoner Gerichtshof Southwark Crown Court in vier Anklagepunkten schuldig gesprochen worden.

Inkriminiert wurden Überweisungen in sechsstelliger Höhe an seine Ex-Frauen Lilly und Barbara Becker, um den Besitz seines Elternhauses in Leimen, in dem seine Mutter Elvira wohnt, und um den Besitz von Anteilen an einer Firma für Künstliche Intelligenz.

20 Anklagepunkte abgewiesen

Die Staatsanwaltschaft hatte insgesamt 24 Anklagepunkte gegen Becker erhoben. Anklägerin Rebecca Chalkley sah es als erwiesen an, dass er zahlreiche Besitztümer absichtlich verschwiegen hatte und nun seinen Beratern die Schuld zuwies, die sich ihm zufolge um seine Finanzen gekümmert hatten. Der Verteidiger Beckers hatte erklärt, sein Mandant sei zwar naiv, aber unschuldig. In 20 Punkten folgte die Jury dieser Argumentation, auch bei der Frage nach verschwundenen Pokalen.

Menschen vor dem Gebäude des „Southwark Crown“ Gerichts
Reuters/Toby Melville
Am Gerichtshof Southwark Crown Court herrschte zur Urteilsverkündung großer Andrang

Richterin: Reue nicht erkennbar

Richterin Taylor kritisierte am Freitag, Becker habe keine Reue gezeigt und versucht, sich von Beratern, die er für seine Probleme verantwortlich machte, zu distanzieren. Er habe seine Pflichten wegen der Insolvenz gekannt. Eine große Summe Geld sei für immer verloren und könne nicht Beckers Gläubigern zugutekommen. Zugleich erkannte Taylor an, dass Beckers Karriere und Image endgültig zerstört seien.

Taylor verurteilte Becker wegen der unerlaubten und vorsätzlichen Überweisung von mehreren hunderttausend Euro zu zweieinhalb Jahren Haft. Wegen der anderen drei Schuldsprüche ordnete sie jeweils 18 Monate Haft an. Da die Strafen formal parallel verbüßt werden, ergab sich die Gesamtdauer von 30 Monaten Haft. Die Insolvenzbehörde (Insolvency Service) teilte nach der Verkündung des Strafmaßes mit, dieses zeige klar, „dass es ein ernstzunehmendes Verbrechen ist, Vermögen in einer Insolvenz zu verbergen, für das wir Täter verfolgen und ihrer Strafe zuführen“.

Verteidigung bat um Milde

Zuvor hatten am Freitag noch einmal die Vertreterin der Anklage sowie Beckers Verteidigung das Wort. Staatsanwältin Chalkley nannte keine Strafmaßforderung, machte aber deutlich, dass sie eine Bewährungsstrafe nicht für ausreichend hält. Dass Becker am Tag nach der gerichtlich angeordneten Insolvenz noch hohe Summen überwiesen hatte, ähnle Geldwäsche.

Tennislegende Boris Becker muss ins Gefängnis. Eine Richterin in London verurteilt den 54-Jährigen zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Er soll im Zuge seines Insolvenzverfahrens Vermögen verschwiegen haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Beckers Anwalt Jonathan Laidlaw bat um Milde und sprach sich für eine Bewährungsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren aus. Bei den Überweisungen habe es sich um Zahlungen an seine Ex-Frau Barbara sowie seine Gattin Lilly und seine Kinder gehandelt, die von ihm abhängig gewesen seien. Laidlaw räumte ein, dass Becker damit das Gesetz gebrochen hatte, es sei aber kein schwerwiegender Fall.

Der dreifache Wimbledon-Sieger hatte zwar während seiner Karriere etwa 25 Millionen US-Dollar an Preisgeld eingesammelt und nach eigenen Schätzungen etwa dieselbe Summe mit Werbung verdient. Dennoch geriet er in finanzielle Probleme – 2017 war er gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt worden. Becker machte dafür vor Gericht unter anderem die teure Scheidung von Ex-Frau Barbara verantwortlich sowie hohe Unterhaltskosten für Tochter Anna Ermakowa. Er sei „schockiert“ und „beschämt“ über seine Bankrotterklärung gewesen.

Schon wiederholt im Visier der Justiz

Becker, der in seiner Sportlerkarriere sechs Grand-Slam-Turniere gewann, hatte bereits wiederholt juristische Schwierigkeiten wegen Geldangelegenheiten. 2002 hatte ein Gericht in München Becker wegen Steuerhinterziehung von rund 1,7 Millionen Euro zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 500.000 Euro verurteilt. Die spanische Justiz nahm Becker wegen Schulden im Zusammenhang mit seiner Villa auf Mallorca ins Visier; und die Schweizer Justiz, weil er den Pfarrer nicht bezahlt haben soll, der ihn 2009 traute.

der ehemalige Tennisspieler Boris Becker und seine Partnerin Lilian de Carvalho Monteiro
Reuters/Tom Nicholson
Stets an Beckers Seite: Lilian De Carvalho Monteiro

In Großbritannien angesehen

Becker lebt in London und kommentiert unter anderem für die BBC Tennisturniere, bei den Britinnen und Briten erfreut er sich großer Beliebtheit. Seine Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro begleitete ihn seit Prozessbeginn am 21. März jeden Tag ins Gericht, zuletzt war auch sein ältester Sohn Noah an seiner Seite.

Zuspruch erhielt Becker auch von anderen Prominenten. „Boris hat keine verarmten Omas abgezockt“, sagte Entertainer Thomas Gottschalk nach der Verurteilung der „Bild“-Zeitung. Im schlimmsten Fall seien „ein paar reiche Geldgeber etwas ärmer geworden, die sich mit dem Ruhm des Tennisidols schmücken wollten“. „Mein Mitleid mit denen hält sich in Grenzen“, zitierte „Bild“ den 71-jährigen Gottschalk.

Auch der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Dietloff von Arnim, bekräftigte seine Loyalität: Becker habe für das deutsche Tennis „unstreitig herausragende Erfolge“ gefeiert. Der Präsident erklärte vor der Urteilsverkündung, dass der DTB „ihm nur für heute alles Gute wünschen“ könne. „Wir stehen da, würde ich sagen, treu an der Seite unserer Tennis-Ikone.“