Eine Frau blickt aus dem Fenster eines Autos auf einen Strand
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Teuer und knapp

Mietautopreise trüben Urlaubsfreuden

Was schon in den Pandemiejahren begonnen hat, spitzt sich heuer weiter zu: Das Mietauto am Urlaubsort wird auch 2022 ein tiefes Loch in die Reisekassa reißen. Eine Entspannung der Preise zeichnet sich nicht ab, für die kommenden Ferien ist, wo der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel nicht geht, maximal Schadensbegrenzung möglich. Denn wenn es ganz schlecht läuft, ist nicht einmal für Alptraumpreise ein Auto zu kriegen.

Der Engpass bei Mietautos war schon im Vorjahr für viele Urlauberinnen und Urlauber schmerzhaft spürbar. Heuer seien die Preissteigerungen „horrend“, so Frieder Brechtel vom Vergleichsportal Billiger-mietwagen.de gegenüber ORF.at. Weltweit sei der Mietwagenbestand um rund 760.000 Fahrzeuge kleiner als vor der Pandemie, was einem Rückgang von 22 Prozent entspreche. „Wir gehen davon aus, dass es bis nach 2024 dauern wird, bis die Mietwagenflotten wieder so groß sind wie vor Corona“, so Bechtel.

Für den Sommer 2022 gelte nun also: „Es gibt kein populäres Mietwagenland, das nicht von Preiserhöhungen betroffen ist.“ Am stärksten verteuert hätten sich die Autos in Spanien, Großbritannien, Italien und Irland, aber auch in Österreich hätten die Preise sehr stark angezogen, beschreibt Bechtel. Die moderatesten Preiserhöhungen träfen die Türkei, Schweden und die Schweiz.

Preise für Sommerferien (Reise zwischen 15.6. und 15.9.)

Spanien 207 Prozent 66,91 Euro
Kroatien 162 Prozent 77,94 Euro
Italien 130 Prozent 66,56 Euro
Großbritannien 127 Prozent 77,49 Euro
Österreich 96 Prozent 78,83 Euro
Portugal 93 Prozent 53,48 Euro
Griechenland 92 Prozent 61,73 Euro
USA 89 Prozent 90,03 Euro
Frankreich 83 Prozent 60,56 Euro
Deutschland 61 Prozent 55,33 Euro
Norwegen 20 Prozent 75,78 Euro
Schweden 18 Prozent 48,58 Euro
Türkei 12 Prozent 38,87 Euro
Quelle: billiger-mietwagen.de

Nicht nur teuer, sondern auch aus

Auf Inseln und bei bestimmten Fahrzeuggruppen werde es auch zu totaler Nicht-Verfügbarkeit von Autos kommen, prognostiziert der Experte. Geheimtipps, wie man – vor allem wenn man spät dran ist – noch an möglichst günstige Angebote kommen könnte, gebe es eigentlich nicht.

Wer bei der Wahl des Urlaubsorts nicht schon festgelegt ist, der könnte sich mit etwas Flexibilität retten: „Malaga statt Mallorca ist ein ganz pauschaler Tipp – generell sorgt ein Ausweichen von den teuren Inseln aufs Festland für niedrigere Mietwagenkosten“, denn auch dort lägen die Preise über den Kursen vor der Pandemie, seien aber nicht so extrem gestiegen.

Ein Mann steht neben einem Auto mit Meeresblick im Hintergrund
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Der Roadtrip am Meer wird heuer für viele ein teures Vergnügen

Ansonsten dürfte es heuer kaum Hoffnung auf Sonderangebote oder Last-Minute-Schnäppchen geben. Wo es möglich ist, lohnt sich oftmals auch der Transfer von und zum Flughafen per Taxi oder Hotelabholung und tageweise Mietautobuchung im Vergleich zu einem Leihwagen für den gesamten Zeitraum.

Besser als zuzuwarten sei es aktuell, so früh wie möglich zu buchen und eher von Stornoregelungen Gebrauch zu machen, so Bechtel. Unangenehme Überraschungen in Form von höheren Preisen bei der Abholung des Autos könne man vermeiden, indem man schon bei der Buchung auf Details wie Versicherungsschutz, die richtige Größe des Autos und gewünschte Zusatzfeatures achte. Spätere Änderungen würden „immer zu exponentiellen Preissteigerungen“ führen.

Entspannung in der Branche, kein Lichtblick für Reisende

Dass sich die Situation bald bessern könnte, schließen Branchenkenner aus. Die Autokonzerne liefern weniger – können aber aufgrund der hohen Nachfrage auch bei den Vermietern nahezu Listenpreis verlangen, statt wie vor der Pandemie üblich hohe Rabatte zu gewähren. Dieser Tatsache sowie den Lieferengpässen entsprechend stocken die Mietautounternehmen nur zaghaft auf.

Dank der hohen Margen, die mit den aktuellen Mietpreisen geschrieben werden können, dürfte sich die wirtschaftliche Lage der Vermieter dennoch schon in der aktuellen Saison deutlich verbessern – und das mit einem verringertem Risiko durch kleinere Flotten.

Marktkonsolidierung noch im Gange

Zudem sorgte die Krise der vergangenen zwei Jahre auch für eine Art Marktkonsolidierung unter den weltweit rund 900 Autovermietungsunternehmen, von denen sich die fünf größten – Enterprise, Hertz, Avis, Europcar und Sixt – vor der Krise rund 78 Prozent der weltweiten Umsätze teilten. Während Hertz und Europcar nach den CoV-Turbulenzen aus der Insolvenz gerettet werden mussten, nutzte das deutsche Unternehmen Sixt die Chance, um sich vor allem auf dem US-Markt stärker zu positionieren.

Kai Sannwald, geschäftsführender Gesellschafter des Mietwagenvermittlers Sunny Cars aus München, konstatierte gegenüber dem Magazin „Wirtschaftswoche“: „Wenn besonders die Autohersteller mit dem aktuellen Zustand so gut leben können, warum sollten sie ihr Angebot hochfahren.“

Diese Prognose betätigt auch der Autovermieter Sixt: „Wir erwarten eine Verstetigung des aktuellen Preisniveaus“, so Finanzvorstand Kai Andrejewski am Donnerstag in Pullach (Deutschland). Im ersten Sommer ohne CoV-Reisebeschränkungen werde die Verfügbarkeit von Fahrzeugen „mit Sicherheit eine Herausforderung“ werden. Man erwarte bis zum Herbst „eine hohe Nachfrage in allen Märkten“.

Engpass bei Mietautos

Mietautos können das Urlaubsbudget auch dieses Jahr ganz schön belasten. Denn Mietautos sind ein rares Gut, was die Preise in schwindelerregende Höhen treibt.

Geliehene E-Autos noch kaum ein Thema

Ein Thema, das die Branche in naher Zukunft auch beschäftigen wird, ist die Umstellung auf E-Fahrzeuge. Aktuell ist das Thema noch in der Nische, wie man bei Billiger-mietwagen.de weiß: Nur 0,22 Prozent aller Buchungen über das Portal fielen in den vergangenen zwölf Monaten auf E-Autos. Noch am höchsten sei die Nachfrage auf Mallorca, wo eine gute Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht.

Abschreckend dürfte angesichts der aktuellen Situation für viele Urlauber aber nicht nur die Angst vor ungewohnten Lademodalitäten sein: Die Basismieten für E-Autos sind in den meisten Fällen noch höher als die ohnehin schon exorbitanten von Verbrennern.