Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne)
European Union
EU vs. Russland

Österreich will Ölembargo mittragen

Österreich verwehrt sich nicht gegen einen Importstopp von russischem Öl. „Österreich ist bereit, ein Ölembargo auch konsequent mitzutragen, wenn die Kommission und die Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden“, sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Montag bei einem Sondertreffens der EU-Energieminister in Brüssel. Die EU-Kommission will spätestens am Mittwoch ihren Vorschlag für ein neues Paket mit Russland-Sanktionen präsentieren. Einen klaren Konsens gab es nach dem Treffen noch nicht.

Bereits seit März sei in Österreich kein russisches Öl mehr verarbeitet worden, so Gewessler. Das Land sei vorbereitet. Die Lage sei aber in den anderen Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich. Es müsse eine Lösung für alle gefunden werden. „Es ist Grundvoraussetzung, dass wir das gemeinsam tragen können“, sagte Gewessler. Russlands Präsident Wladimir Putin dürfe es nicht gelingen, „Europa in dieser Frage zu spalten“.

Man werde auf den Vorschlag der Kommission warten, so Gewessler. Die Entwicklung der Preise sei nur eine der „komplexen Fragen“, über die man nun reden werde, so Gewessler. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass „jedes Embargo“ Auswirkungen habe. Sanktionen müssten gemeinsam beschlossen und die Auswirkungen gemeinsam getragen werden, so die Ministerin.

Österreich will Ölembargo mittragen

Österreich steht einem Ölembargo gegen Russland nicht entgegen. „Österreich ist bereit, ein Ölembargo auch konsequent mitzutragen, wenn die Kommission und die Mitgliedsstaaten sich dafür entscheiden“, sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Rande eines Sondertreffens der EU-Energieminister in Brüssel. Das Land sei vorbereitet. Schon im März habe Österreich kein russisches Öl mehr verarbeitet.

Ungarn droht mit Veto

Ungarn drohte unterdessen mit einem Veto. Regierungschef Viktor Orban will das Thema Diplomaten zufolge auf dem EU-Gipfel in Brüssel Ende Mai diskutieren. Der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas sagte am Sonntagabend im regierungsnahen Fernsehsender Hir TV, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete: „Um es klar und deutlich zu sagen: Wir werden Sanktionen (in Hinblick auf Öl- und Gaslieferungen) niemals unterstützen.“ In der EU ist für solche Sanktionen grundsätzlich die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten erforderlich.

Gyulas sagte dazu: „Da man sie nur einstimmig beschließen kann, hat es keinen Sinn, wenn die Europäische Kommission Sanktionen vorschlägt, die die derzeitigen ungarischen Importe einschränken würden.“ Derzeit könne niemand die russischen Öl- und Gaslieferungen ersetzen. Für eine Umstellung bräuchte es fünf Jahre und „Unmengen von Geld“. Die Kommission gebe Ungarn aber nicht nur kein Geld, sondern halte es zurück.

Sonderregelungen für Ungarn und die Slowakei?

Gulyas spielte auf Finanzhilfen aus dem Coronavirus-Wiederaufbaufonds an, die die EU-Kommission bisher nicht ausbezahlt, weil sie Bedenken wegen der rechtmäßigen Verwendung hat. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban benutzt nach Ansicht von Kritikern EU-Mittel dazu, um Oligarchen zu begünstigen. Zugleich hat Orban die Abhängigkeit seines Landes von russischen Energieimporten verstärkt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs trug Ungarn alle bisherigen EU-Sanktionen gegen Moskau mit, lehnt eigene Waffenlieferungen aber strikt ab.

EU berät über russisches Öl und Gas

In Brüssel tagten die Energieminister der EU-27. Dabei will man besprechen, wie man damit umgehen soll, dass Russland zuletzt Polen und Bulgarien von den Gaslieferungen ausschloss. Und auch ein wahrscheinliches Ölembargo, das die Kommission noch diese Woche vorschlagen könnte, ist Thema.

Insidern zufolge könnte es für die besonders auf Importe angewiesenen EU-Mitgliedsländer Ungarn und Slowakei Sonderregelungen geben. Um die Einheit unter den 27 EU-Staaten zu wahren, werde die EU-Kommission Ungarn und der Slowakei womöglich „eine Ausnahme oder eine lange Übergangsperiode“ zugestehen, sagten zwei EU-Vertreter gegenüber Reuters. Ein Ölembargo würde ohnehin voraussichtlich phasenweise eingeführt und höchstwahrscheinlich erst ab Anfang kommenden Jahres vollständig greifen.

Habeck: „Werden uns selbst schaden“

Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte nach dem Treffen: „Dass Öl auf die Sanktionsliste kommt, davon gehe ich sicher aus“, sagte Habeck nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel. Wie hart die Embargobedingungen definiert würden, werde aber noch beraten. Deutschland selbst halte es zwar für handhabbar, andere Länder seien aber noch nicht so weit. Man wolle keine ökonomischen Katastrophen auslösen. „Ungarn bemüht sich von allen EU-Ländern am wenigsten“, kritisierte Habeck im ZDF-„heute journal“.

Schaidreiter (ORF) zur EU-Energiepolitik

Raffaela Schaidreiter kommentiert die Diskussionen in der EU über weitere Sanktionen gegen Russland.

Ein sofortiger Einfuhrstopp würde aber auch für Deutschland Folgen haben. Das würde Preissprünge oder auch Engpässe bei der Versorgung auslösen. „Dort wird es rumpelig werden, wenn es jetzt stattfinden würde.“ „Wir werden uns natürlich selbst schaden“, so Habeck. „Wir werden höhere Energiepreise haben“, sagt der deutsche Minister weiter. „Kostenlos ist es nicht möglich, das zu machen.“

In Europa könne man sich die höheren Preise im Zweifelsfall leisten – andere Länder möglicherweise nicht, was Russland dafür nützen könnte, gerade an diese Länder heranzutreten und dann etwa mit günstigeren Ölpreisen zu locken. Deshalb sei es wichtig, „sich nicht von der schnellen Emotion leiten zu lassen“.

Polen will Vorbild sein

Wegen des russischen Kriegs in der Ukraine hatten die EU-Staaten bereits ein Importverbot für russische Kohle beschlossen. Viele Länder sind allerdings sehr abhängig von russischen Energieimporten. Neben Ungarn und der Slowakei gelten auch Spanien, Portugal, Italien und Griechenland als Bremser eines Boykotts. Sie fordern eine längere Übergangsfrist, um Alternativen zu russischem Öl zu finden. Die Ukraine und EU-Staaten wie Polen und die baltischen Länder fordern seit Längerem eine Ausweitung auf Öl und Gas.

So sagte die polnische Umweltministerin Anna Moskwa in Brüssel, die Energieversorgung des Landes sei des russischen Gaslieferstopps gesichert, da sich das Land rechtzeitig vorbereitet habe. „Wir sind vollständig auf der sicheren Seite“, sagte Moskwa am Rande eines Sondertreffens der EU-Energieminister am Montag in Brüssel. Polens Gasspeicher seien zu fast 80 Prozent gefüllt und würden noch vor dem Herbst zu 100 Prozent voll sein.

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APA/AFP/John Thys
Die polnische Umweltministerin Anna Moskwa

Das Land habe ein Flüssiggas-Terminal (LNG) und sei auch bei der Infrastruktur für Ölraffinerien bereit, vollständig von russischem Öl unabhängig zu sein. „Alle europäischen Länder können das Gleiche tun“, sagte sie.

Selenskyj fordert klare Schritte

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte indes im nächsten Sanktionspaket der EU „klare Schritte“ zu einer Blockade russischer Energielieferungen. In seiner abendlichen Videobotschaft nannte Selenskyj Russland am Montag einen Terrorstaat, dem man nicht täglich eine Milliarde Euro für fossile Brennstoffe zahlen dürfe. Darüber hinaus sollte ein vollständiger Stopp von Export-Import-Geschäften mit Russland vorbereitet werden. „Denn ohne das wird Moskau niemals verstehen, dass Völkerrecht und Frieden in Europa respektiert werden müssen“, sagte der ukrainische Präsident in Kiew.

FPÖ gegen Embargo

Österreich bezog bis zum Frühjahr schon kaum noch Öl aus Russland. Anders als etwa für Deutschland, das mehr als ein Drittel seiner Ölimporte aus Russland bezieht, wäre ein Embargo für Österreich sogar vergleichsweise einfach: Laut Daten der Statistik Austria und des Fachverbandes der Mineralölindustrie stammten 2021 nur 7,8 Prozent bzw. 596.000 Tonnen der österreichischen Öleinfuhren aus Russland.

FPÖ-Obmann Herbert Kickl forderte unterdessen, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für Österreich einem Embargo eine klare Absage erteilen müsse. „Denn ein solches würde die Kostenlawine weiter anheizen“ und einen Wohlstandsverlust in noch nie da gewesenem Ausmaß verursachen, teilte Kickl in einer Aussendung mit. „Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ist Österreich mehr auf Erdöllieferungen aus Russland angewiesen.“ Die Regierung dürfe dem Druck auf EU-Ebene keinen Millimeter nachgeben, sondern müsste sich auf ihre Verpflichtung gegenüber der österreichischen Bevölkerung besinnen, so Kickl.

Greenpreace lobt Gewessler

Die Umweltorganisation Greenpeace begrüßte das Bekenntnis von Gewessler, um „Putin den Geldhahn, der seine Kriegskasse füllt, endlich abzudrehen“. Ebenso klar müsse sich auch die ÖVP positionieren, so Greenpeace. „Jetzt gilt es, russisches Öl nicht einfach durch Öl aus anderen, oft nicht weniger problematischen Quellen zu ersetzen, sondern konsequent zu reduzieren“, hieß es in einer Presseaussendung. Mit Maßnahmen im Verkehrsbereich würden sich fast 15 Prozent des Ölverbrauchs in Österreich binnen weniger Monate einsparen lassen. Als Beispiel nannte die Organisation ein Verbot von Kurzstreckenflügen oder der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene.