Szene des 3-D-Films „Die Biene Maja – Das geheime Königreich“
Leonine
Biene Maja

Handzahme Heldin im 3-D-Wiesendschungel

Zum dritten Mal kommt eine computeranimierte Version der Biene Maja ins Kino, um mit dem faulen Willi gemeinsam Abenteuer zu erleben. „Das geheime Königreich“ ist Kinderkino für die Kleinsten. Statt Anarcho und Aufmüpfigkeit gibt es eine „Gemeinsam sind wir stark“-Botschaft von der schlauen Heldin, die schon 110 Jahre auf dem Buckel hat.

Nein, keine Abenteuer mehr, die Frau Königin ist streng. Denn jedes Mal, wenn Maja (gesprochen von Emilia Schüle) ihren Freund Willi (Jan Delay) anstiftet, mit ihr gemeinsam etwas zu unternehmen, geht irgendetwas zu Bruch. Zum Beispiel, als Maja trotz Morgenfrost fand, der Frühling solle gefälligst schon beginnen und daraufhin die Glühwürmchen in ihren Erdhöhlen aufweckte, die in ihrem Frühstückshunger den ganzen Bienenstock durcheinanderbrachten.

Wie es sich für ein Insekt gehört, hat die Biene Maja eine gewaltige Metamorphose hinter sich: Erfunden vom deutschen Autor Waldemar Bonsels für seine Kinder- und Erwachsenenromane „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ (1912) und „Das Himmelsvolk“ (1915), waren schon beim ersten Auftritt der kleinen Honigbiene einige der bekanntesten wiederkehrenden Figuren dabei. Etwa Majas Lehrerin Kassandra, die Kreuzspinne Thekla und der Ameisenoberst Paul Emsig.

Szene des 3-D-Films „Die Biene Maja – Das geheime Königreich“
Leonine
Guten Morgen! Maja hat trotz Morgenfrosts genug vom langen Schlafen.

Eine allererste Biene-Maja-Verfilmung feierte ihre Premiere im Jahr 1926, unter Mitarbeit von Bonsels, mit echten Bienen und anderen Insekten als Protagonistinnen, eine vor allem technische Sensation. Es dauerte dann fast fünfzig Jahre, bis Maja das nächste Mal Öffentlichkeit bekam: Im Zuge des weltweiten Erfolgs von in Japan produzierten Anime-Serien wie „Heidi“ und „Pinocchio“, jeweils auf Basis europäischer Kindergeschichten, initiierte das ZDF eine japanische „Maja“-Zeichentrickserie, die ab 1976 im Fernsehen lief.

In einem unbekannten Land

Unvergessen Majas leicht verschnupfte Kinderstimme in der deutschen Synchronversion, gesprochen von der damals zehnjährigen Scarlet Cavadenti. Unvergessen auch das gemütliche Gemurmel des faulen Willi. Am eingängigsten war jedoch Karel Gotts Ohrwurm-Version des Titelsongs von Karel Swoboda. Wo Bonsels’ Buch-Biene unbedingt die Menschen kennenlernen wollte, spielte die Zeichentrickversion in einer reinen Tierwelt, in der das kleine Bienenmädchen im strengen Bienenstaat immer Chaos anrichtete.

Inzwischen sind es nur noch die Älteren, die sich an Maja in der BRD-Version erinnern. 2010 bekam die Honigbiene eine weitere Rundumerneuerung, wurde 3-D-animiert und summt nun weiter als unverzichtbare freche Heldin durchs Kinderprogramm. Einen Aufschrei über die Modernisierung gab es aber erst 2014 anlässlich der Berichterstattung zum ersten Kinofilm der computeranimierten Maja. Die Verschlankung der zuvor sehr rundlichen Biene war der Hauptkritikpunkt.

Szene des 3-D-Films „Die Biene Maja – Das geheime Königreich“
Leonine
Eine neue Mission wartet: Maja und Willi mit ihrem kleinen Schützling

Vor gar nicht allzu langer Zeit

Vom anarchischen Ansatz der 70er Jahre hat Maja seither einiges verloren. Zwar macht sie weiterhin trotz aller guten Vorsätze Blödsinn, die Abenteuer sind aber braver und schematischer geworden. In der deutsch-australischen Koproduktion „Die Biene Maja – Das geheime Königreich“ treffen Maja und Willi auf eine blaue Ameise, die von drei Käfern verfolgt wird. Wie sich herausstellt, sind die Käfer hinter dem goldenen Ei her, das die Ameise in eine weit entfernte Siedlung bringen soll.

Um zu überleben, braucht die Ameisensiedlung eine neue Königin, und aus dem Ei soll eine Prinzessin schlüpfen. Hilfreich wie immer, übernehmen Maja und, wenn auch widerstrebend, Willi das Ei und machen sich gemeinsam mit den beiden roten Ameisensoldaten Freddie und Eddie auf den Weg ins Land Grünblatt, wo die blauen Ameisensoldaten mit wienerischem Zungenschlag deutlich an den Oberst Böckl aus „Sissi“ erinnern.

Szene des 3-D-Films „Die Biene Maja – Das geheime Königreich“
Leonine
Die Bienenkönigin sorgt sich: Maja und Willi sind wieder einmal unauffindbar

Diese Biene, die ich meine

Die Ästhetik der nuancenlosen Gesichtszüge und der Sound der überdrehten Stimmen sind gewöhnungsbedürftig, biologische Fakten sind manchmal akkurat, dann wieder komplett egal. Dafür wird unweigerlich die moralische Botschaft „Gemeinsam sind wir stark“ vermittelt, wenn am Ende Käfer, Bienen und Ameisen zusammen die bösen Rotkehlchen-Fressfeinde vertreiben.

„Remakes sind das Filmemachen der Buchhalter“, schrieb der deutsche Kinderfilmkritiker Rochus Wolff anlässlich der Maja-Wiederauflage 2015. Neue Geschichten sind tatsächlich rar im Kinderkino, das auf immergleiche Charaktere setzt – immerhin wächst ja ständig neues Publikum nach. Majas neues Abenteuer (nein, Abenteuer soll sie ja keine mehr erleben, sagte die Frau Königin, also: Majas neues Erlebnis, ihre Mission) ist schnell wieder vergessen.

Vielleicht ist diese „Maja“ im Kino aber ein Einstieg in die Welt der Insektensuperstars: vom „Großen Krabbeln“ über „Antz“ bis zu den Kinderbuchklassikern Raupe Nimmersatt oder Erwin Mosers „Ein Käfer wie ich“ (auch dort mit einem geheimnisvollen Ei) ist die Welt der Krabbeltiere für die Kleinsten immer schon besonders aufregend gewesen.