U-Ausschuss: Fuchs verteidigt Chats als „Plauderei“

Der ÖVP-Untersuchungsausschuss befragt derzeit Oberstaatsanwalt Johann Fuchs. Anhand diverser Chats im Zuge der „Ibiza“-Affäre vermuten die Oppositionsparteien und die Grünen, dass der langjährige Justizbeamte als zuständige Fachaufsicht Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beeinträchtigte. Nach ihm wird Christian Pilnacek, mittlerweile suspendierter Sektionschef und Generalsekretär im Justizministerium, befragt.

Oberstaatsanwalt Johann Fuchs
ORF.at/Roland Winkler

In seinem Eingangsstatement sagte Fuchs, mit Verweis auf den Kurzzeit-Justizminister Clemens Jabloner, dass es in der Strafjustiz durchaus einige Baustellen gebe, etwa beim Umgang mit Weisungen. Alles werde sofort als unrechtmäßige Einmischung diskreditiert und auch angezeigt. Es gehe nicht um Schikane, sondern um Unterstützung. Eine Dienst- und Fachaufsicht sei nicht persönlich zu nehmen. Er habe die Fachaufsicht über die WKStA selber im März 2021 abgegeben.

Fuchs weist Vorwürfe strikt von sich

Wenn strukturelle Probleme nicht gelöst werden, werde der Konflikt immer auf persönlicher Ebene ausgetragen. Ein weisungsfreier Staatsanwalt helfe auch nicht weiter, die gesetzlichen Regeln für die Dienst- und Fachaufsicht gehörten erneuert. Es brauche zudem dringend Entscheidungen etwa bei Persönlichkeitsrechten bezüglich etwa Chats.

Oberstaatsanwalt Johann Fuchs
ORF.at/Roland Winkler

Bei der eskalierten Dienstbesprechung im Eurofighter-Verfahren Anfang April 2019 mit geheimer Tonaufnahme habe er sich um Deeskalierung bemüht, so Fuchs – nicht besonders erfolgreich, wie er zugibt. Dabei sei es zwischen den Parteien um die Vergangenheit gegangen und wer schuld sei. Zur Dokumentation habe er dem Ausschuss seinen eigenen, für das Ministerium vefassten Bericht vom April 2019 dazu vorgelegt. Er selbst habe auch verabsäumt, den Kontakt zur WKStA-Leiterin zu verbessern – das habe er aber auch von der Gegenseite vermisst.

Eine Whistleblower-Plattform wäre wohl der bessere Kanal für viele Nachrichten der bei der WKStA tätigen Linda Poppenwimmer an ihn gewesen, so Fuchs auf Frage von ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Er selbst verstehe es als Teil von Mitarbeiterführung, Menschen, die er wo reingebracht habe, zu unterstützen. Poppenwimmer selbst sei nichts vorzuwerfen, es gebe keinen Dienstweg für derartige Informationen.

Poppenwimmer habe unter anderem über starken Widerstand einzelner Mitglieder der WKStA berichtet, etwas, was er ohnedies „gespürt“ habe, so Fuchs. Er wolle nun aber vor allem in die Zukunft schauen, und nicht in die Vergangenheit schauen, wer für was schuld sei. Die WKStA sei in der Strafverfolgung wichtig.

Keine Observation angedacht oder beauftragt

Er sei kein Mitglied einer Partei oder irgendeines Netzwerks, betonte Fuchs. Auch habe es im „Ibiza“-Prozess keine überbordende Berichtspflicht gegeben. Er habe nie eine Observation gegen die WKStA überlegt oder in Auftrag gegeben und auch nie versucht, die Daten auf seinem Handy zu löschen. Die Spannungen zwischen Oberstaatsanwaltschaft (OStA), Justizministerium und WKStA hätten bereits beim BVT-Verfahren bestanden, als er die OStA-Leitung übernahm, so Fuchs.

Christian Ries (FPÖ)
ORF.at/Roland Winkler

Gefragt von Christian Ries (FPÖ) nach den Chats zwischen ihm und Pilnacek über eine mögliche Observation von Mitgliedern der WKStA sagte Fuchs, die Chats würden „den Grad der Verzweiflung“ der beiden zeigen, dass ständig Interna an die Öffentlichkeit kommen würden. Die Chats seien zudem als „Plauderei unter vier Augen“ zu sehen, wie im Wirtshaus, wo man überlegt habe, was zu tun sei, dabei seien viele Ideen diskutiert worden – von denen auch welche nicht machbar seien.

Er selbst habe immer Lösungen gesucht, die machbar sind – eine Observation gehöre nicht dazu, daher habe es diese auch nicht gegeben. Grundsätzlich sei er „überrascht und glücklich“ über die aus dem „Datennirvana“ geholten Chats, diese würden nämlich belegen, dass er die WKStA nie behindert habe und keine Infos an Unberechtigte geleakt habe.

Gefragt nach seiner Internetrecherche nach der Löschung und Wiederherstellung gelöschter Daten sagte Fuchs, er sei damals wohl nicht der Einzige gewesen, der dazu recherchiert habe. Er persönlich habe sich als technikaffiner Mensch im Rahmen der aufgetauchten Schmid-Chats und der daraus resultierenden Möglichkeit der Staatsanwaltschaft dafür interessiert. Er selbst habe nichts Beweisrelevantes gelöscht, der entsprechende Vorwurf verletzte ihn „in meiner Ehre“, sagte er auf Fragen von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper.

Leaks sollten gezielt gesucht werden

Fuchs führte dann auf Fragen von Grünen-Abgeordnetem David Stögmüller aus, dass er überlegt habe, wegen der ständigen Informationsabflüsse samt Spins ein Monitoring von Medienberichten („Zeitung lesen“) zu veranlassen. Die Idee sei gewesen, dass man dann besser herausfinden könnte, wer etwas geleakt hat, auf Basis dessen, wer genau zu der jeweiligen Info Zugang hatte. Bei einem Anfangsverdacht hätte dann das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) dem nachgehen können. Der Plan wurde aber nicht umgesetzt.

David Stögmüller (Grüne)
ORF.at/Roland Winkler

Für die Befragung wurde Fuchs laut eigenen Aussagen gecoacht, er sei seinem Arbeitgeber für diese Möglichkeit sehr dankbar, so Fuchs. Die Auswahl habe das Ministerium getroffen, sagte er auf eine entsprechende Frage von Ries, den Namen des Trainers oder der beauftragten Firma wollte er mit Verweis auf seine Persönlichkeitsrechte nicht sagen – die Frage wurde auch nicht zugelassen.

Abgeordnete wollen System hinterfragen

Im Vorfeld der Befragung sagte Krisper, es gehe nicht um die einzelnen Personen oder ob sie sich einer Partei zugehörig fühlen, sondern um das System dahinter, bei dem speziell den Parteien an der Macht, weil es opportun erschien, geholfen wurde. Es würden Grenzen fehlen, wenn sich die höchsten Justizbeamten gegenseitig von Befangenheit freischreiben würden, so Krisper.

Die beiden Spitzenbeamten hätten sich vor allem Fällen mit ÖVP-Politikern angenommen, sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer. Wenn es um die ÖVP gehe, würde bereits eine Akte eröffnet, bevor es eine Anzeige gebe. Wie Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli warb Krainer um Unterschriften für das laufende Antikorruptionsvolksbegehren. Tomaselli will Pilnacek auch über seine „Observationsfantasien“ bezüglich der WKStA befragen.

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger will bei den Befragungen den jahrelangen Streit in der Justiz beleuchten und verwies auf den Abschlussbericht des „Ibiza“-U-Ausschusses, wonach es keine politische Einflussnahme gab. Neue Akten würden nun aber beweisen, dass es bei der – mittlerweile aufgehobenen – Suspendierung von Fuchs eine Weisung aus dem Justizministerium gab. Es müsse wieder Ruhe in der Justiz einkehren, so Hanger.

Christian Hafenecker
ORF.at/Roland Winkler

Er sehe als Lösung sowieso nur noch eine Neuwahl, meinte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker, der der Regierung absolute Handlungsunfähigkeit attestierte. Von Fuchs will die FPÖ unter anderem mehr über seine „enge“ Bindung zur „SoKo Tape“ wissen. Auch will die FPÖ mehr über die Chats zwischen Fuchs und der bei der WKStA karenzierten Poppenwimmer wissen und warum Fuchs, kurz bevor sein Handy konfisziert wurde, sich intensiv über das Löschen von Daten im Internet informierte. Von Pilnacek will die FPÖ unter anderem auch über Interventionen von Landeshauptleuten wissen, die sich auf Basis von Chats zeigen würden.