Aktenstoß
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Informationsfreiheit

Alleingang des Bundes gefordert

Seit vielen Jahren wird bezüglich Recht auf Information in Österreich kein Schritt nach vorne gemacht. Vor über einem Jahr wurde das Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung geschickt – und dort steckt es fest. Es spießt sich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Am Dienstag, am Tag der Pressefreiheit und im Zuge der Eintragungswoche für das Volksbegehren gegen Korruption, forderte das Forum Informationsfreiheit (FOI) den Bund in Sachen Beschluss zum Alleingang auf.

Der Bund müsse vorangehen, weil „der politische Wille nicht da ist“, sagte FOI-Obmann Mathias Huter mit Blick auf die Widerstände in Ländern und Gemeinden, an denen der Beschluss laut Türkis-Grün bisher scheitere. Die Hoffnung sei, dass durch ein ambitioniertes Bundesgesetz auch „der Druck auf die Länder wächst“ und es dann zu einem „Wettbewerb der Transparenz“ komme.

Die Landeshauptleute würden dann ihren Bürgerinnen und Bürgern erklären müssen, „warum sie nicht die gleichen Transparenzrechte haben wie die Nachbarn", sagte Huter. Bisher hatte das Forum Informationsfreiheit ein einheitliches Informationsfreiheitsgesetz für Bund, Länder und Gemeinden gefordert – aufgrund der Dringlichkeit rückt man von dieser Position ab.

„Gefahr im Verzug“

Denn: „Unserer Einschätzung nach ist Gefahr im Verzug“, so Huter in einer Pressekonferenz in Wien mit Blick auf die zahlreichen Korruptionsaffären. Unterstützung erhielt der FOI-Obmann von Martin Kreutner, dem Sprecher des Antikorruptionsvolksbegehrens, für das gerade die Eintragungswoche läuft. „Der Bundesgesetzgeber hat das Mandat dazu. Er kann es schwer von sich schieben“, sagte Kreutner zum nach wie vor fehlenden Gesetz.

Pressekonferenz von Martin Kreutner, Rechtstaat und Anti-Korruptionsvolksbegehren und Mathias Huter, Forum Informationsfreiheit
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Kreutner und Huter riefen zur Unterzeichnung des Volksbegehrens für Rechtsstaatlichkeit und gegen Korruption auf

Huter wies darauf hin, dass Österreich das einzige demokratische Land Europas ohne Gesetz über den Zugang zu staatlichen Informationen sei. Damit hätten die Bürgerinnen und Bürger weiterhin keine Kontrolle darüber, wer sich wo und wann am Staat „bedienen“ könne. Somit sei man darauf angewiesen, dass Journalisten – wie der ORF-Redakteur Martin Thür – Informationen auf dem Rechtsweg einklagen oder man „erst Jahre später durch Zufallsfunde“ auf Korruption draufkomme.

„Staatliches System nicht sicher gegen Korruption“

„Das staatliche System ist nicht sicher gegen Korruption und Machtmissbrauch. Ohne Transparenz wird es das weiter geben“, so Huter, der auch klare Regeln für die Archivierung von Handynachrichten forderte. Es könne nämlich nicht sein, dass „politische Entscheidungen über Privathandys ausgedealt werden“ und die Nachrichten dann „nach Gutdünken“ gelöscht werden dürften.

Huter rief auch dazu auf, das noch bis Montag aufliegende Volksbegehren gegen Korruption zu unterzeichnen. „Es dauert 30 Sekunden, das zu unterschreiben. Es ist eine Investition in unsere Demokratie“, sagte der FOI-Obmann mit Blick auf die Möglichkeit zur Unterzeichnung per Handysignatur.

„Müssen wir noch weiter runterrasseln?“

Kreutner illustrierte die Dringlichkeit des Volksbegehrens mit dem Absturz Österreichs in verschiedensten Demokratie-, Korruptions- und Medienrankings. „Wir finden uns nach Ländern wie Namibia, Argentinien, Osttimor, Trinidad und Tobago. Das ist für sich selbst sprechend, da braucht man nicht viel dazu sagen“, sagte er mit Blick auf das am Dienstag veröffentlichte Pressefreiheitsranking von Reporter ohne Grenzen (RSF).

90 Prozent der Österreicher seien der Meinung, dass die heimische Politik ein Korruptionsproblem habe, verwies er auf eine entsprechende Umfrage aus dem Dezember. „Ich habe in keinem Land einen derart hohen Prozentsatz erlebt“, sagte der langjährige Leiter der Antikorruptionsakademie in Laxenburg. „Bitte gehen wir’s endlich an! Oder müssen wir noch weiter runterrasseln in den diversesten Rankings?“, so Kreutner.

Kreutner zeigte sich auf eine Frage der APA „sehr optimistisch“, dass das Volksbegehren die Latte von 100.000 Unterschriften für eine Behandlung im Parlament schaffen werde. Dann gebe es „eine klare Verantwortung des Gesetzgebers, mit dieser Materie umzugehen“, verwies der Experte darauf, dass viele der im Volksbegehren geforderten Punkte „schon in X Regierungspakten verschriftet worden sind“.