Christian Pilnacek
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U-Ausschuss

Ringen um Antworten von Pilnacek

Die Befragung des suspendierten Justizsektionschefs Christan Pilnacek hat sich am Dienstag als schwierig gestaltet. Pilnacek entschlug sich laufend, mit Hinweis darauf, dass er – trotz mehrfacher Ansuchen – keinen Zugang zu seinen Daten und E-Mail-Postfächern habe. Nach einigen Stunden kam die Befragung fast doch noch in Schwung.

In seinem Eingangsstatement sagte Pilnacek, ihm sei eine Vorbereitung auf die Befragung im Ausschuss nicht möglich gewesen, weil ihm der Zugang zu allen Daten und E-Mail-Postfächern bisher nicht gewährt wurde. „Ich werde vor diesem Hintergrund keine Fragen des U-Ausschusses zu Korrespondenzen beantworten, bis mir meine E-Mails und Nachrichten zugänglich gemacht werden“, sagte er.

Er könne sich „naturgemäß“ einfach nicht an alle E-Mail- und Chatinhalte erinnern, das könne niemand, und daher auch nicht beurteilen, ob etwas aus dem Zusammenhang gerissen werde oder mit vorstehenden oder nachfolgenden Nachrichten erklärbar wäre. „Gerne und jederzeit“ werde er alle Fragen beantworten, wenn er Einsicht bekomme in alle notwendigen Unterlagen, die er brauche, um sich vorzubereiten.

Christian Pilnacek
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Pilnacek kam mit Georg Eisenberger (links), spezialisiert auf Beratungen zu U-Ausschüssen und Autor eines einschlägigen Werks, auf das sich auch der ehemalige ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter bei seiner Befragung berufen hat

Fehlende Erinnerungen seinerseits würden von den Abgeordneten für Strafanzeigen genutzt, so Pilnacek, der mehrfach politische Einflussnahme beklagte. „Die Situation, in die mich der Untersuchungsausschuss bringt, ist mit der Menschenrechtskonvention nicht in Einklang zu bringen“, so der Ex-Sektionschef. Er zählte 13 Beschwerden unter anderem bei der Datenschutzbehörde auf, da seiner Meinung nach seine E-Mail-Postfächer und Chats unrechtmäßig ausgewertet und an den U-Ausschuss weitergeleitet wurden.

Pilnacek beklagte „Abschussliste“ der WKStA

Pilnacek kam auch auf das „System Pilnacek“ zu sprechen. „Genauso wenig wie es den Kinderwagen in der Causa Blümel gegeben hat, gibt es ein ‚System Pilnacek‘“, sagte er. Solche Zuschreibungen seien herabwürdigend und vorverurteilend. Er beklagte zudem, unter Berufung auf Linda Poppenwimmer, eine „Abschussliste“ der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), auf der er, Oberstaatsanwalt Johann Fuchs und auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gestanden seien. Das sei das „System WKStA“, die über Medien sage, mit welcher Behörde sie nicht mehr zusammenarbeite. Jeder könne auf dieser Liste landen, wenn er die WKStA hinterfrage.

Die Erstbefragung durch Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl gestaltete sich dank dessen Übersichtsfragen nach dem beruflichen Werdegang der Auskunftsperson noch relativ flüssig. Aber schon bei den ersten Fragen von Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli kam die Befragung ins Stocken. „Ich möchte mich nicht in diese Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung begeben“, quittierte Pilnacek etwa mit einer Entschlagung die Frage, ob er ein Naheverhältnis zur ÖVP bzw. deren Unterstützung habe. Es folgte eine länger dauernde Beratung (Stehung) der Abgeordneten mit dem Vorsitzenden und dem Verfahrensrichter.

Eindrücke vom ÖVP-U-Ausschuss
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Die Abgeordneten versuchten auch ohne Daten, Antworten von Pilnacek zu erhalten

Befragung mit Schwierigkeitslevel

Tomaselli fragte dann nach einem Chat, in dem Pilnacek schreibt, dass er politischen Druck nie weitergegeben habe, „ganz im Gegenteil“. Pilnacek wollte zuerst wissen, woher die Nachricht stammt, denn die Staatsanwaltschaft Innsbruck habe ihm gesagt, dass sie keine E-Mail an den U-Ausschuss weitergeleitet habe. Die Mails kamen laut Tomaselli aber von dort. Zu seiner zitierten Aussage selbst sagte er dann, dass politischer Druck der Vorwurf des Amtsmissbrauchs wäre – was Tomaselli als Missverständnis deutete. Es folgte eine weitere lange Stehung, der Verfahrensrichter ließ die Entschlagung schließlich zu.

Christian Pilnacek
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Pilnacek auf dem Weg in den Ausschuss

Tomaselli legte dann eine an Pilnaceks Frau weitergeleitete Nachricht über einen geeigneten Verfahrensrichter für den „Ibiza“-U-Ausschuss vor – Pilnacek sah sich darin in seiner Position bestärkt, dass er mangels Zugang zu seinen Daten keine Aussage treffen könne. Zudem würde persönliche Kommunikation mit seiner Frau ausgewertet. Er sehe einen massiven und rechtswidrigen Eingriff in seine Grund- und Freiheitsrechte.

Weil FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker anschließend Fragen zu der Karriere von Pilnaceks Frau stellte und weiterhin stellen wollte, beantragte Pilnacek den Ausschluss der Medienöffentlichkeit, also eine vertrauliche Sitzung. Denn solche Fragen würden die Privatsphäre betreffen, seine Frau habe ihre Karriere immer selbstständig bestritten, sagte er sinngemäß. Verfahrensrichter Pöschl wies die Auskunftsperson nochmals auf das Aussageverweigerungsrecht hin – wovon er auch Gebrauch machte.

Wie viele Daten braucht eine Auskunftsperson?

In weiterer Folge kam es zur Debatte darüber, ob eine Auskunftsperson auch ohne Zugang auf die eigenen Daten Auskunft geben kann. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker argumentierte, dass mit dieser Argumentation bald niemand mehr im Ausschuss antworten werden, wenn das Handy etwa in der Donau oder im Müll lande: Er sehe seine Lebenszeit verschwendet.

Die ÖVP-Fraktion, allen voran Christian Stocker und Andreas Hanger, stimmten Hafenecker zu, sahen aber vor allem bei den anderen Abgeordneten und deren Fragen Fehler. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer meinte, zum Antworten reiche der Zugang zum eigenen Gehirn. Eine Reihe von Fragen wurden dann nicht zugelassen.

Gefragt von Tomaselli, wie gut er den ehemaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kennt, erklärte Pilnacek, dass er keine Handynummer von Blümel hatte und sich nicht erinnern könne, mit ihm per Du gewesen zu sein. Nicht erinnern konnte er sich auch, ob er an einem Business-Cocktail mit Blümel im Schwarzen Kameel im September 2019 teilgenommen hat. Seine Nachricht „Wer vorbereitet Gernot“ erklärte er damit, dass man so untereinander – er nannte Blümels Ex-Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist – kommuniziert habe.

Christian Pilnacek
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Pilnacek war spürbar wenig angetan von den Fragen im Ausschuss

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper fragte dann zum Hintergrund der Nachricht – Pilnacek entschlug sich wegen des laufenden Disziplinarverfahrens. Die Nachricht „Ich stellt mir Observation vor“ an Fuchs erklärte Pilnacek damit, dass Leaks schon lange Thema gewesen seien, und es sei um den Verdacht einer Verletzung des Amtsgeheimnisses gegangen. Politische Intervention verspürte Pilnacek nur gegen sich selbst bei den laufenden Verfahren, sagte er auf Fragen von Stocker.

Das zerrüttete Verhältnis mit der WKStA sah Pilnacek in der nicht ausreichenden Hilfe für die WKStA im BVT-Ausschuss begründet. Die Tonaufnahme der Dienstbesprechung sei ihm im Vorfeld nicht bekannt gewesen, das sei auch unüblich. Protokolle von Besprechungen unter Beisein des Ministeriums seien allerdings grundsätzlich üblich. Während der Dienstbesprechung habe er den Eindruck von Provokationen gehabt, so sei etwa die fachliche Eignung von Teilnehmern infrage gestellt worden.