Nordirland: Erstmals mehr irische als britische Pässe beantragt

In der zum Vereinigten Königreich gehörenden Provinz Nordirland sind 2020 erstmals innerhalb eines Jahres mehr irische als britische Pässe beantragt worden. Das berichtete die „Irish Times“ heute unter Berufung auf offizielle Zahlen britischer Behörden. Demnach beantragten 48.911 Bürger und Bürgerinnen in Nordirland einen Pass des EU-Mitglieds Republik Irland. Britische Pässe wurden knapp 400 weniger angefordert. Ob daraus ein Trend wird, ist unklar.

Die Zahlen dürften jedoch Befürchtungen der Befürworter eines Verbleibs Nordirlands im Vereinigten Königreich verstärken. Ohnehin müssen sie damit rechnen, dass bei der Wahl zum Regionalparlament am Donnerstag die republikanische Sinn-Fein-Partei erstmals als stärkste Kraft hervorgeht. Sinn Fein galt einst als politischer Flügel der paramilitärischen Organisation Irish Republican Army (IRA), die gewaltsam für eine Vereinigung der beiden Teile Irlands kämpfte. Auch Sinn Fein hat sich die irische Einheit zum Ziel gesetzt.

In diesem Jahr zeichne sich erneut eine stärkere Nachfrage nach irischen Pässen ab, schrieb die Zeitung. 2021 wurden dem Bericht zufolge allerdings wieder mehr britische als irische Pässe beantragt.

Brexit als Grund

Die Entscheidung der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union im Jahr 2016 hatte im gesamten Vereinigten Königreich zu einem starken Anstieg an Anträgen für die irische Staatsbürgerschaft geführt. Wer in Nordirland geboren wurde oder bei Geburt mindestens ein Elternteil mit Anspruch auf irische Staatsbürgerschaft oder ein irisches Großelternteil hatte, kann die irische Staatsbürgerschaft beantragen.

Davon machten auch viele Menschen in anderen britischen Landesteilen Gebrauch, um weiterhin Unionsbürger zu bleiben. In Nordirland mit etwa 1,9 Millionen Einwohnern haben der „Irish Times“ zufolge rund 35 Prozent derzeit einen irischen Pass.