Kiste mit Kücken in einem Zuchtbetrieb
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Tierschutzpaket

„Sinnloses“ Töten von Kücken verboten

Die Regierung hat am Mittwoch ein neues Gesetzespaket beschlossen, das strengere Regeln für den Tierschutz vorsieht. So sollen in Zukunft das „sinnlose“ Töten von Kücken verboten, Tiertransporte eingeschränkt und Exporte stärker reguliert werden. Bleiben soll indes der Vollspaltenboden bei Schweinen. Kritik kam von der Opposition und von Tierschützern. Ihnen gehen die Maßnahmen nicht weit genug.

„Dieses Maßnahmenpaket ist ein großer Erfolg für den Tierschutz, der jahrelange Forderungen von Tierschützern und Tierschützerinnen endlich umsetzt“, sagte Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) bei der Pressekonferenz nach dem Ministerrat.

„Damit sind uns wichtige Verbesserungen zum Wohl der Tiere gelungen.“ Das Tierschutzpaket sieht er als „sehr wichtigen ersten Schritt“. Er werde sich in der Regierung aber „weiterhin für Tierrechte starkmachen. Denn wir sind noch nicht dort, wo wir hin wollen.“

Kein Ende von Vollspaltenböden

Mit dem vorliegenden Tierschutzpaket wird die ununterbrochene, ganzjährige Anbindehaltung von Rindern ab 2030 beendet. 4.700 Ställe seien betroffen, Ausnahmen soll es keine mehr geben. Bei der Schweinehaltung solle ein Anreiz geschaffen werden, mehr Platz für die Tiere zu bieten. In neuen und umgebauten Ställen soll diesen etwa 20 Prozent mehr Raum gegeben werden, vorgesehen sei auch eine Kühlung, so Rauch. Der Minister sprach hierbei von einem „ersten Schritt“, der zwar noch nicht weit genug gehe, aber eben einmal ein Kompromiss sei. Vollspaltenböden werden vorerst also bleiben.

Schweine in Stall mit Vollspaltenboden
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Unter gewissen Bedingungen mehr Platz für Schweine – Vollspaltenböden bleiben aber

Verschärfungen bei Tiertransporten

Bei Tiertransporten kommt es zu Verschärfungen, etwa durch strengere Bestimmungen, höhere Strafen und kürzere Transportzeiten. So sollen Kälber etwa erst ab einem Alter von „drei beziehungsweise vier Wochen“, wie Rauch sagte, transportiert werden dürfen.

Rauch sprach bei Tiertransporten von einem „schwierigen Thema“, da dort „offensichtlich unter schwierigen Bedingungen und unter Qualen Tiere transportiert werden“. Der Export von erwachsenen Zuchtrindern darf künftig nur noch in wenige Drittstaaten erfolgen, jener von Schlacht- und Masttieren in Drittstaaten sei gänzlich verboten.

Rinder in Tiertransporter
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Mit neuen Regeln sollen die qualvollen Transporte von Tieren verbessert werden

Kücken sollen in Zoos verfüttert werden

Zudem wird es künftig ein Verbot des „sinnlosen“ Tötens von Kücken geben. Statt in den Müll zu kommen, sollen männliche Kücken in Zoos verfüttert werden, sagte Rauch. Der Bedarf sei groß, bisher müssten diese aus dem Ausland importiert werden.

Zudem soll es künftig möglich sein, Geschlechtsbestimmungen der Kücken bereits im Ei durchzuführen und damit „früher und mit Betäubung“ entsprechende Maßnahmen durchführen zu können. Ein „Schreddern“ der frisch geschlüpften Kücken habe in Österreich aber ohnehin nicht stattgefunden, so Rauch.

Außerdem werden die Tierschutzombudspersonen der Länder juristisch gestärkt. Sie erhalten Parteistellung in Verfahren nach dem Tiertransportgesetz. Eine weitere Neuerung betrifft die Qualzucht: Hier wird es ein Verbot der Werbung mit Tieren mit Qualzucht-Merkmalen geben.

Meiste Bestimmungen ab 2023 in Kraft

Tierschutzminister Rauch sieht das Maßnahmenpaket als Ergänzung zu jenen Verbesserungen für Tiere, die bereits im Regierungsprogramm festgeschrieben sind. Es soll noch diese Woche in Begutachtung gehen und Ende Juni im Parlament beschlossen werden. Anfang 2023 können die meisten Bestimmungen in Kraft treten. Zusammen mit den Herkunftsbezeichnungen sei das ein wesentlicher Schritt nicht zuletzt auch für die Konsumenten und Konsumentinnen.

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) unterstrich, dass Tierwohlbemühungen nur funktionierten, wenn man sie gemeinsam mit den bäuerlichen Betrieben umsetze. Österreichs Schweinebauern produzierten im Moment im Minus, die Teuerung schlage auch bei den Futtermittelkosten durch, und deutsches Schweinefleisch werde um rund ein Drittel billiger produziert, sagte sie. Tierwohl koste rund ein Drittel mehr, Bio das Doppelte. Es brauche daher auch die Konsumenten und Konsumentinnen, die zu den entsprechenden Produkten greifen müssten.

NEOS: Kein großer Wurf

NEOS zeigte sich indes enttäuscht: „Die Chance, einen Plan für mehr Tierschutz und Qualität statt Quantität in der Produktion vorzulegen, ist verpasst worden. Für kleine Schritte braucht es keine Grünen in der Regierung, die sich Tierwohl immer so groß auf die Fahnen heften“, so NEOS-Tierschutzsprecherin Katharina Werner. Unverständlich sei vor allem, dass es im Bereich der Abschaffung der Vollspaltenböden keinen merklichen Schritt vorwärts gebe.

Vier Pfoten: Inakzeptabel, VGT: Totalversagen

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten bezeichnete die vorgelegte Novelle des Tierschutzgesetzes als „inakzeptabel“. „Schweine und Mastrinder werden nach wie vor auf Vollspaltenböden stehen, Schwanzkupieren und betäubungslose Kastration bei Ferkeln weiterhin gängige Praxis sein und Tiere viel zu jung und viel zu lange transportiert werden“, heißt es in einer Aussendung.

Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) sprach von einem „Totalversagen“ und vermisste ebenso ein Verbot von Vollspaltenböden. „Dabei liegen funktionierende Konzepte schon lange auf dem Tisch: genug Stroh, dass alle Tiere trocken, sauber und weich liegen können, doppelt so viel Platz und Beschäftigungsmaterial.“ Die ÖVP verteidige hier „knallhart die Interessen der Tierindustrie“ und der „Agrarlobby“. Leidtragende seien Österreichs Nutztiere, die von den neuen Maßnahmen kaum profitieren würden.

Auch die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy kritisiert das Paket und nennt es eine „Sauerei für Österreichs Schweine“. Statt die „völlig veraltete und tierfeindliche“ Haltungsform der Vollspaltböden abzuschaffen, werde diese für die nächsten Jahrzehnte in Österreichs Ställen einzementiert: „Das Leid der Millionen Schweine, die in Österreich ein Leben wie am Plumpsklo führen müssen, wird für die nächsten Generationen verankert.“