Bis vor Kurzem stellte noch die probritische Democratic Unionist Party (DUP) den Regierungschef in Nordirland. Doch Paul Givan trat im Februar im Streit über das Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags zurück.
Das Protokoll, das zwischen London und Brüssel ausverhandelt worden ist, sieht für Nordirland weiterhin die Regeln des EU-Binnenmarktes und der Zollunion vor. So wird eine Landgrenze zur Republik Irland vermieden – neue Spannungen waren die große Sorge in der früheren Bürgerkriegsregion. Doch so wie der gesamte Brexit ist alles doch nicht so einfach wie gedacht. Denn nun gestaltet sich der Warenverkehr zwischen dem restlichen Großbritannien und Nordirland kompliziert.

Die londontreue DUP trat daher für die Abschaffung des mühsam verhandelten Protokolls ein. Auch die britische Regierung in London stellte das selbst eingesetzte Protokoll wiederholt infrage, was auch zwei Jahre nach dem Brexit noch für Streit mit der EU führt.
Passanträge als Signal
Nun führt in den Umfragen die Sinn Fein, die lange Jahre als politischer Arm der mittlerweile nicht mehr existenten Terrororganisation IRA galt. Sinn Fein forderte kurz vor der Wahl von der Republik Irland eine Planung für eine mögliche Vereinigung. Das ist zumindest derzeit für jene, die sich zu Irland gehörig fühlen, nur Zukunftsmusik.
Wahlen Großbritannien
Am Donnerstag wählt nicht nur Nordirland. Auch in England, Schottland und Wales finden Lokalwahlen statt. Sie gelten auch als Stimmungstest für den britischen Premier Boris Johnson.
Ein entsprechendes Referendum wäre erst möglich, wenn es in der Bevölkerung Nordirlands eine Mehrheit dafür gäbe. Das scheint im Moment nicht der Fall zu sein, auch wenn sich immer mehr Nordirinnen und Nordiren zur Republik hingezogen fühlen: 2020 beantragten sie erstmals mehr irische als britische Pässe. Die Sinn Fein muss aber noch etwas warten mit einer „Border Poll“, dem Referendum. Ein Datum soll laut Wahlprogramm erst in den kommenden Jahren fixiert werden.
Gemeinsames Regieren vorgesehen
Für die Sinn-Fein-Politikerin Michelle O’Neill bedeuten die Streitereien über das Nordirland-Protokoll weiteren Rückenwind. O’Neill war bis Februar Vizeregierungschefin. Als Givan abtrat, musste auch sie gehen. Nun will sie die Sinn Fein zum historischen Wahlsieg führen. „Wir glauben an die irische Einheit. Aber es wird die Öffentlichkeit sein, die in dieser Frage eines Tages das Sagen hat“, so O’Neill.

Bei Sinn Fein übernahm längst eine jüngere Generation die Spitzenpositionen. Sie werden nicht mehr so stark mit der IRA und deren Vergangenheit identifiziert. Das Ziel, Nordirland und Irland zu vereinigen, gilt aber immer noch als oberstes Ziel. Das spaltet freilich die Gesellschaft, die probritischen Teile der Bevölkerung und Parteien stellen sich vehement dagegen, so auch die DUP.

Am Mittwoch noch warnte DUP-Politiker Ian Paisley die Wählerinnen und Wähler: „Ich würde mein Haus darauf verwetten, dass Sinn Fein, wenn sie nur eine Stimme mehr bekommen als wir, am Tag nach der Wahl, nein, in der Stunde nach der Wahl beginnen wird, für ein vereintes Irland zu werben.“
Die DUP legte sich bisher auch nicht fest, ob sie in eine gemeinsame Regierung mit der Sinn Fein eintreten würde. Laut dem Karfreitagsabkommen von 1998 müssen aber Vertreter des katholischen und des protestantischen Lagers immer zusammen regieren.