Grünen-Klubchefin Sigi Maurer, Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im Rahmen einer Sitzung des Ministerrates
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Kritik an Gewessler

Schlagabtausch zwischen WKO und Grünen

Mit seiner Kritik an Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat Wirtschaftskammer- und ÖVP-Wirtschaftsbund-Chef Harald Mahrer sowohl beim Koalitionspartner als auch bei der Opposition für Irritationen gesorgt. Mahrer hatte in einem Hintergrundgespräch Gewessler vorgeworfen, die Planungs- und Versorgungssicherheit angesichts der Energiefrage in der Ukraine-Krise nicht ernst genug zu nehmen.

Die Sozialpartner würden ungenügend eingebunden, sei man sich mit ÖGB und AK einig, so Mahrer. „Alles ist viel zu vage, wir vermissen konkrete Szenarien. Wir tappen im Dunkeln“, warf er der Energieministerin vor. Es sei aber „sehr relevant und notwendig zu wissen, wie Zuteilungsmechanismen ausschauen könnten. Es geht um die Frage, wer sich in verschiedenen Szenarien auf was einstellen muss“, so Mahrer.

Mahrer forderte eine gemeinsame Erarbeitung von Zuteilungsmechanismen für energieintensive Betriebe. Im Lichte der galoppierenden Inflation gehöre die kalte Progression abgeschafft. Von bisherigen Treffen mit Gewessler sei man „nicht besonders begeistert gewesen, wenn man es diplomatisch ausdrückt“. Auf die Nachfrage ortete er in diesem Zusammenhang keine Fehler bei seiner ÖVP und strich hervor: „Es gibt eine Ressortverantwortung.“

Grüne: WKO „hat Putin jahrelang roten Teppich ausgerollt“

Beim Koalitionspartner kamen die Aussagen Mahrers nicht gut an. „Die Spitzenfunktionäre der WKO selbst haben dem Kriegstreiber (Russlands Präsident Wladimir, Anm.) Putin jahrelang den roten Teppich ausgerollt und uns die extreme Abhängigkeit von russischem Gas mit eingebrockt“, hieß es daraufhin von Lukas Hammer, Sprecher der Grünen für Klimaschutz und Energie.

WKÖ-Präsident Harald Mahrer
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Mahrer übt Kritik an Gewessler – Grüne orten „Ratschläge aus dem Elfenbeinturm“

„Jetzt in Richtung Energieministerin zu kritisieren, zeigt die realitätsfremde Herangehensweise des Herrn Mahrer“, so Hammer. Gewessler arbeite „mit Hochdruck daran, den Karren bisheriger Regierungen aus dem Dreck zu ziehen und eine sichere Energieversorgung zu garantieren“. Mahrer hingegen helfe nicht mit, sondern „gibt Ratschläge aus dem Elfenbeinturm der Wirtschaftskammer“.

Am frühen Abend „bekräftigte“ die WKO die Kritik an Gewessler noch einmal: Man habe „keine Zeit zu verlieren“, es sei „5 nach 12 für einen vernünftigen Energie-Masterplan, um sich auf mögliche Krisenszenarien vorzubereiten und kurz- wie mittel- und langfristige Lösungsansätze zu bieten“, wie Mahrer in einer Aussendung zitiert wurde.

SPÖ und FPÖ reagieren mit Häme

Die Opposition reagierte wiederum mit einer Portion Häme in Richtung der gesamten Bundesregierung auf die Vorwürfe Mahrers. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll sagte, die Performance Gewesslers sei „gleich negativ“ wie jene von Volkspartei-Politikerinnen und -Politikern in der Bundesregierung.

Mahrer solle „nicht darauf vergessen, dass es seine Partei ist, die den Kanzler stellt und mit Finanzminister (Magnus, Anm.) Brunner und Wirtschaftsministerin (Margarete, Anm.) Schramböck weitere Akteure in der Regierung sitzen hat, die ebenfalls den Kopf in den Sand stecken, wenn es um die Absicherung der Energieversorgung und die Abfederung der Teuerung geht“. Auch die Rohstoffministerin stamme mit Elisabeth Köstinger aus den Reihen der ÖVP.

Auch FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer sagte, es gehe nicht – wie von Mahrer ausgeführt – nur um eine „Ressortverantwortung“. Dass Mahrer die kalte Progression abschaffen will, nahm ihm Angerer nicht ab, der diese Forderung auf die Fahne seiner Freiheitlichen heftete. Denn schließlich würde allen voran die Volkspartei „immer wieder dagegen stimmen“.