Der Abteilungsleiter aus der Sektion „Einzelstrafsachen“, Robert Jirovsky
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U-Ausschuss

Ministerium ließ WKStA auf Fehler prüfen

Der Leiter der Abteilung für Großverfahren und berichtspflichtige Strafsachen, Robert Jirovsky, hat als dritte Person am Mittwoch die Fragen des ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschusses beantwortet – der einst mächtige Justizsektionschef Christian Pilnacek war jahrelang sein Chef. Mit ihm habe er gut und konstruktiv zusammengearbeitet, ein „System Pilnacek“ kenne er nicht. Manches ordne er aber mittlerweile anders ein.

Pilnacek war von 2010 bis 2020 als Sektionsleiter der Vorgesetzte Jirovskys, er kenne das kolportierte „System Pilnacek“ nur aus den Medien, sagte die Auskunftsperson im Ausschuss. Er selbst habe sich nie als Teil eines Systems mit einem bestimmten Namen verstanden, er sei Teil der Justiz. Die mediale Berichterstattung habe ihm aber geholfen, einige Dinge einzuordnen. An der positiven, „sehr guten“ Zusammenarbeit ändere sich auch nichts im Nachhinein.

Pilnacek habe ihn etwa über vieles informiert, aber über vieles auch nicht, so Jirovsky weiter, ohne nähere Details zu nennen. Seine Abteilung lieferte 280 Seiten Mails an den Ausschuss, nachdem ihm aufgefallen sei, dass nicht alles veraktet wurde. Manchmal würden Dinge erst später Bedeutung erhalten, sagte er.

Der Abteilungsleiter aus der Sektion „Einzelstrafsachen“, Robert Jirovsky
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Jirovsky beschrieb die Zusammenarbeit mit Pilnacek als „sehr gut“

Nicht immer einig, auch im Fall K.

Im Fall K. habe es unterschiedliche Rechtsansichten gegeben. Wegen einer Reorganisation des Ministeriums wurden 2015 mehrere Leitungsposten ausgeschrieben – für eine Stelle bewarb sich K. Bei einem Hearing soll nicht nur der damalige ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter anwesend gewesen sein, sondern auch ein Chauffeur des Ressorts. K. bekam die Stelle nicht und beschwerte sich. Jahre später gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) K. recht.

Das Hearing habe als „Feigenblatt für die abweichende Entscheidung gegen den erstgereihten Beschwerdeführer dienen“ müssen, hieß es in der Entscheidung. Die Fachexperten im Ministerium sprachen sich in einer E-Mail an Pilnacek dafür aus, Brandstetter anzuzeigen. Dieser hatte das aber unterlassen – das wurde erst kürzlich bekannt. Nun hatte das Ministerium selbst seinen Ex-Sektionschef angezeigt. Laut Jirovsky war das korrekt.

Auftrag zur Prüfung der WKStA

Er habe vom damaligen Justizminister Josef Moser, wenn auch nicht direkt, den Auftrag erhalten, die Wirtschafts- und Koruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu überprüfen, ob die Außendarstellung wirklich mit der Realität übereinstimme, berichtete Jirovsky weiter. Den Auftrag habe er damals grundsätzlich nachvollziehen können. Es habe sich gezeigt, dass die WKStA über „sehr viele hervorragende Mitabeiter“ verfüge, die großteils solide und ordentlich gearbeitet hätten, es sei bei einigen Fällen auch „ziemlich danebengegangen“.

Christian Hafenecker
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Christian Hafenecker (FPÖ) interessierte sich für die Prüfung der WKStA

Die WKStA sei gut aufgestellt, aber nicht so elitär wie sie wahrgenommen wurde, sagte Jirovsky. Er habe Fälle der WKStA prüfen sollen, bei denen etwas aufgefallen war – entweder seiner Abteilung oder der Oberstaatsanwaltschaft (OStA). Viel sei aber „eh nicht“ aufgefallen, explizit genannt wurden in der Befragung vier Fälle. Er sehe auch kein „System WKStA“, die Staatsanwaltschaften hätten einfach den Auftrag, Anzeigen und Fälle zu prüfen. Er selbst habe einen entsprechenden Prüfauftrag nur für die WKStA erhalten – ob der Auftrag von Moser oder Pilnacek kam, konnte er nicht sagen.

Zu einer Weisung Mosers kurz nach Veröffentlichung des „Ibiza“-Videos konnte die Auskunftsperson laut eigenen Angaben ebenfalls nicht viel sagen. Er gehöre nicht zum „engeren Zirkel“, wo so etwas besprochen werde. Mit der Weisung wollte Moser, so sagte dieser im „Ibiza“-U-Ausschuss, erstens die Kommunikation nach außen einheitlich führen und zweitens einen Anfangsverdacht prüfen lassen.

Ministerium folgte Weisungsrat nicht

Gefragt nach dem Verfahren gegen den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), Johann Fuchs, und dem Vorhaben eines Strafantrags sagte die Auskunftsperson, das sei nach einer Prüfung durch seine Abteilung als zuständige Fachaufsicht an den Weisungsrat gegangen. Der habe Bedenken geäußert, die Sache sei aber nicht nochmal zurück an den Weisungsrat gegangen. In einem Punkt sei das Ministerium der Ansicht des Weisungsrats nicht gefolgt – das passiere selten.

Grundsätzlich würden wichtige Sachen dem zuständigen Mitarbeiter bzw. der zuständigen Mitarbeiterin im Kabinett weitergeleitet, dieser oder diese bespreche das mit der Ministerin, und das Ergebnis komme dann an seine Abteilung zurück, erzählte Jirovsky. Anweisungen des Ministers oder der Ministerin gebe es selten, Inputs aus dem Kabinett aber öfter.

Vorhabensbericht gegen OGH-Vize

Als erste Auskunftsperson war die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH), Eva Marek, geladen gewesen. Gegen sie liegt ein Vorhabensbericht vor, teilte der nach ihr befragte Staatsanwalt, der der Staatsanwaltschaft (StA) Innsbruck zugeteilt ist, im ÖVP-U-Ausschuss mit. Das Justizministerium bestätigte auf ORF.at-Anfrage, dass der Bericht bereits „im Haus“ sei. Es geht um eine Anfangsverdachtsprüfung, also um die Frage, ob nach dieser Ermittlungen eingeleitet werden. Der entsprechende Vorhabensbericht werde gerade geprüft. Nähere Details gab das Ministerium nicht bekannt.

Auch in der Causa Pilnacek gibt es mittlerweile einen Vorhabensbericht. Nähere Informationen darüber gab das Justizministerium nicht bekannt. Laut dem Staatsanwalt der StA Innsbruck existiere der Vorhabensbericht seit sechs bis acht Wochen. Ob es um die Frage nach einer Einstellung bzw. einer Anklage geht, ist nicht bekannt.