Eine Frau bekleidet eine Schaufensterpuppe
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Modeindustrie

Klimaschutz oftmals ein Fremdwort

Beim Klimaschutz gibt es zwar Fortschritte in der Modeindustrie, doch sie sind nur gering. Zu dem Ergebnis kommt eine Untersuchung von 150 globalen Marken für den „Circular Fashion Index“ der Managementberatung Kearney. Sowohl in der Produktion als auch in der Wiederverwertbarkeit ihrer Produkte ist die Modeindustrie noch weit von nachhaltigen Standards entfernt.

Die Modeindustrie steht nicht erst seit gestern in der Kritik. Wenn es etwa um die Arbeitsbedingungen in der Produktion geht, steht die Branche geradezu sinnbildlich für niedrige Standards, die bis zur Ausbeutung reichen. Daneben rückten zuletzt vermehrt ökologische Fragestellungen in den Fokus.

Diese spiegeln sich auch im „Circular Fashion Index“ wider, den die Beratungsfirma 2020 das erste Mal erstellt hatte. Marken aus insgesamt 20 Ländern aus den sechs Kategorien „Sport und Outdoor“, „Unterwäsche und Dessous“, „Luxus“, „Premium bzw. erschwinglicher Luxus“, „Massenmarkt“ und „Fast Fashion“ wurden dahingehend untersucht, wie nachhaltig sie arbeiten und wie sie im Sinne einer Kreislaufwirtschaft den Lebenszyklus ihrer Produkte verlängern.

Sieben Kriterien untersucht

2020 lag die Bewertung der Klimafreundlichkeit der Modeunternehmen bei einem Medianwert von nur 1,6 von zehn möglichen Punkten. Inzwischen arbeitete sich die Branche auf einen Wert von 2,85 hinauf.

Arbeiterinnen in einer chinesischen Kleidungsfabrik
Reuters/Siu Chiu
Die Produktion findet im „Circular Fashion Index“ nur wenig Beachtung. Darin geht es vor allem um die Lebensdauer der Produkte.

Die Ergebnisse wurden anhand von sieben Kriterien errechnet, die sowohl den Markt mit neuen Produkten – Anteil recycelten Materials, Verfügbarkeit von Reparaturdiensten und Pflegehinweise – als auch den Sekundärmarkt bewerten. Hier wurden zum Beispiel Secondhand-Verkauf, Vermietung und Wiederverwendung von gebrauchter Kleidung erhoben, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung.

„Die Modebranche hat sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre auf den Weg gemacht und viel angepackt, um den Lebenszyklus ihrer Waren zu verlängern und die Umweltrisiken zu reduzieren“, hieß es von Studienautor Mirko Warschun. Aber die Modeindustrie stehe immer noch am Beginn eines längeren Weges, so der Handelsexperte.

Bessere Werte vor allem bei teureren Marken

Dabei scheint Klimaschutz in der Mode aus Käufersicht auch eine Frage der Finanzen zu sein: Luxus- und Premiummarken schnitten dank ausführlicher Pflegeanleitungen und Reparaturleistungen in der Untersuchung am besten ab. An der Spitze lagen die Marken Patagonia, Levi’s und The North Face, sie kamen auf Werte von 8,50, 8,20 bzw. 8,05. Schon vor zwei Jahren war dieses Trio Spitzenreiter.

Mit Blick auf die Branche als Ganzes sieht die Bilanz beim Recycling freilich ziemlich mager aus. Nur sieben Prozent der befragten Unternehmen verwenden laut den Ergebnissen in glaubhaftem Maße regelmäßig recycelte Materialien, 54 Prozent nur für einige ausgewählte Artikel – und 39 Prozent überhaupt nicht.

Ein Mann in einem Modegeschäft
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Secondhand spielt für die Modeindustrie noch immer eine untergeordnete Rolle

Noch schlechter fällt das Urteil aus, wenn es um aufwendigere Aktionen zur Langlebigkeit der Produkte geht: Umfassende Reparaturdienste werden nur von fünf Prozent der Marken angeboten, hier sind es vor allem die Luxusmarken. Auch Secondhand-Verkauf ist ein Angebot, das aktuell nur fünf Prozent der 150 Marken ihrer Kundschaft machen, zwei Prozent offerieren Miet- oder Leasingdienste.

Nachhaltigkeit stellt Geschäftsmodell infrage

Kearney untersuchte auch die Kommunikationsmaßnahmen im Bereich Klimaschutz. Diese wären eigentlich „einfach und schnell“ umzusetzen, so die Beratungsfirma. Doch auch hier zeigte sich über weite Strecken ein Bild der Zurückhaltung: 44 Prozent der Marken verzichten ganz auf Kommunikation zu Nachhaltigkeit, und 40 Prozent geben bei den Pflegehinweisen gerade die Mindestangaben an.

Für Frederic Dittmar, Koautor der Studie, offenbare der „Circular Fashion Index“ nicht nur die zögerliche Haltung der Modebranche. Er mache auch deutlich, „wie tief Nachhaltigkeit besonders bei Fast Fashion die bisherigen Geschäftsmodelle infrage stellt“, so der Analyst.