Russischer Präsident Wladimir Putin
AP/Mikhail Klimentyev/Sputnik
CIA-Chef

Putin wird in Ukraine nicht nachgeben

CIA-Chef Bill Burns ist überzeugt, dass Russlands Machthaber Wladimir Putin nicht daran denkt nachzugeben. Im Gegenteil. Es handelt sich um die Einschätzung des US-Geheimdienstes, und im Krieg sind öffentlich geäußerte Einschätzungen vor allem ein weiterer Versuch, den Konflikt in eine bestimmte Richtung zu lenken. Doch klar wird damit zumindest, dass die USA davon ausgehen, dass der Krieg noch länger dauert.

Putin sei in einer Verfassung, in der er nicht glaube, es sich leisten zu können zu verlieren, zitierte die „Financial Times“ Burns. Der CIA-Chef nahm am Wochenende in Washington an einer Veranstaltung der Zeitung teil. Nach Einschätzung von Burns ist Putin davon überzeugt, mit noch mehr Einsatz Fortschritte erzielen zu können. Besonders umkämpft sind der Osten und Südosten der Ukraine.

Viele blicken mit Spannung auf Putins Rede zur jährlichen Militärparade am 9. Mai in Moskau. Gerüchte, Russland werde eine Militärparade in der völlig zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol abhalten, dementierte Russland. Die im Stahlwerk verschanzten Soldaten baten in einem dramatischen Appell die Welt um Hilfe und werfen dieser vor, einfach zuzusehen. Sie fühlten sich wie in einer „höllischen Reality-Show“ – mehr dazu im ORF.at-Liveticker.

Keine Hinweise für Einsatz von Atomwaffen

CIA-Direktor Burns sagte außerdem, dass die US-Geheimdienste keine praktischen Beweise dafür sähen, dass Russland einen Einsatz taktischer Atomwaffen plane. Dennoch dürfe man diese Möglichkeit nicht auf die leichte Schulter nehmen. Unter taktischen Atomwaffen und nuklearen Gefechtsfeldwaffen versteht man Kernwaffen, deren Wirkungskreis und Sprengkraft deutlich geringer ist als bei strategischen Atomwaffen, die über einen Kontinent hinaus eingesetzt werden können.

Burns: China verunsichert

Burns zufolge hat der Krieg in der Ukraine auch Chinas Präsident Xi Jinping verunsichert. Das liege zum einen an dem Reputationsschaden, der China durch die Brutalität der russischen Aggression gegen die Ukrainer entstehen könne, zitierte die Zeitung den CIA-Chef weiter. Andere Punkte seien die wirtschaftliche Unsicherheit, die der Krieg verursacht habe, und das enge Zusammenrücken des Westens.

Die chinesische Führung prüfe, welche Lehren sie für Taiwan ziehen sollte, so Burns. Er gehe aber nicht davon aus, dass ihre Entschlossenheit, die Kontrolle über Taiwan zu erlangen, nachgelassen habe. China betrachtet das demokratische Taiwan als eigenes Territorium.

Ex-NATO-Chef: Biden-Festlegung gegen Eingreifen Fehler

Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kritisierte unterdessen strategische Festlegungen der westlichen Verteidigungsallianz im Ukraine-Krieg. „Bis jetzt waren zu viele NATO-Partner zu sehr darauf erpicht, diese oder jede Reaktion auszuschließen. Das sollten wir nie tun“, so Rasmussen gegenüber der „Presse am Sonntag“.

Es sei auch ein Fehler gewesen, dass US-Präsident Joe Biden vor dem russischen Angriff ein Eingreifen dezidiert ausgeschlossen habe. „Wir sollten unseren Gegner in Ungewissheit halten. Alles andere erweitert nur Putins Spielraum“, sagte der frühere dänische Ministerpräsident. „Wenn man Bodentruppen, Flugverbotszonen und anderes ausdrücklich ausschließt, dann sagt man Putin, was er ohne jegliches Risiko tun kann“, so Rasmussen.

„Nie öffentlich sagen“

„Ich stimme zu, dass eine Flugverbotszone keine clevere Idee gewesen wäre, weil sie unvermeidlich zu einem Konflikt zwischen Russland und der NATO führen würde. Doch das sollte man nie öffentlich sagen. Mittlerweile hat die NATO aus den Fehlern gelernt“, sagte er weiter.

Atomare Drohung „nicht real“

Als „nicht real“ bezeichnete der rechtsliberale Politiker die nuklearen Drohungen des russischen Machthabers. Putin wolle damit nur die NATO-Verbündeten von Waffenlieferungen an die Ukraine abhalten. „Ich persönlich fürchte mich nicht und bin auch nicht besorgt. Putin weiß: Wenn er Massenvernichtungswaffen einsetzt, dann wird es eine entschlossene Antwort der NATO geben. Und er würde verlieren.“

Fogh Rasmussen betonte, dass Putin „jetzt gestoppt werden“ müsse. Wenn er nämlich in der Ukraine Erfolg habe, werde sein nächstes Ziel Moldawien sein, dann Georgien, „und eventuell wird er auf die baltischen Staaten Druck ausüben“. Der Ex-NATO-Generalsekretär plädierte in diesem Zusammenhang auch für ein Gasembargo gegen Russland. Europa habe diesbezüglich „eine mächtige Waffe in der Hand“, weil Putin die Gasexporte nicht einfach nach China umleiten könne. Es dauere Jahre, um die nötigen Pipelines zu bauen.